Foto: Kai Müller

In der Neckarvorstadt und im Hallschlag hat der Künstler Gunter Demnig sechs neue Stolpersteine verlegt – darunter vier für Opfer der Euthanasie.

Bad Cannstatt - Angemeldet waren sie nicht, aber deshalb nicht weniger willkommen: Die Klasse 6a der Altenburgschule kam am Montag überraschend zur Verlegung neuer Stolpersteine, nachdem sie im Unterricht das nationalsozialistische Regime behandelt hatten. „Es ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit, junge Leute zu erreichen und für die Vergangenheit zu sensibilisieren“, sagt Rainer Redies von der Cannstatter Stolperstein-Initiative. Er ist regelmäßig in Schulen und Gemeinden unterwegs, um mit Schülern oder Konfirmanden das NS-Regime aufzuarbeiten. Bei der jüngsten Stolperstein-Verlegung hat die Initiative etwa eng mit der Steiggemeinde sowie der Gemeinde St. Rupert zusammengearbeitet, die sich auch in Gottesdiensten und im Konfirmandenunterricht damit beschäftigt haben, was Erinnerungsarbeit mit dem Glauben zu tun hat.

Weitere Steine für Euthanasie-Opfer und Widerstandskämpfer

An einen kleinen Jungen erinnert der erste Stein, den der Künstler Gunter Demnig im Sparrhärmlingweg verlegt hat: Gerade einmal sieben Jahre alt wurde Otto Gabriel, bevor er im Konzentrationslager Grafeneck vergast wurde. Er war geistig behindert und im Sinne des Nationalsozialismus ein unnützer Esser, eine sogenannte Ballastexistenz. Euthanasie, schöner Tod, wurde das beschönigend genannt. Ebenfalls nur 22 Jahre alt wurde Alfred Karl Mertz, der an Epilepsie litt und deshalb 1940 vergast wurde. An sein Schicksal erinnert nun ein Stolperstein in der Duisburger Straße. Vier von sechs neuen Stolpersteinen, die am Montag auf dem Hallschlag und in der Neckarvorstadt verlegt worden sind, erinnern an Euthanasie-Opfer. Auch in Bad Cannstatt hätten ähnlich viele Menschen einer Behinderung, einer Missbildung oder einer Depression wegen den Hass der Nationalsozialisten auf sich gezogen wie Juden, sagt Redies. Insgesamt 90 Kleindenkmale gibt es jetzt in Bad Cannstatt. 60 weitere Stolpersteine sollen in den kommenden Jahren folgen und vor allem an Euthanasie-Opfer und Widerstandskämpfer erinnern.

Stolpersteine in Hunderten Orten Deutschlands

Gunter Demnig war am Montag zum 13. Mal in Bad Cannstatt. Erstmals hat Demnig im Januar 1995 in Köln Stolpersteine verlegt. Er möchte, dass die Namen der NS-Opfer nicht vergessen werden, indem er vor ihrem letzten selbst gewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing verlegt. Inzwischen liegen Stolpersteine in Hunderten Orten in Deutschland und in mehreren Ländern Europas.