StN-Lokalchef Jan Sellner (v.li.) im Gespräch mit Tom Hörner, Monika Hirschle und Uwe Bogen Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Prominente Gäste finden sich am Freitag im Buchhaus Wittwer ein, um über Land und Leute zu sprechen. Eine launige Einstimmung auf die Große Landesausstellung zu den Schwaben.

Stuttgart - Wer bei der Buchhandlung Wittwer am Schlossplatz das Buch „Schwäbisch ausmalen“ ersteht, hat die Wahl zwischen einer Kehrwochenszene oder einem Brezel-Mandala. Der Grasdaggl ist natürlich nett, dem Schwaben in seiner ganzen Komplexität wird der Band aber nicht gerecht. Zum Glück hat das Landesmuseum Württemberg eine große Ausstellung konzipiert, die dem Volk von Schiller und Daimler, Klinsmann und Barbarossa ambitionierter nachspürt. Am Freitag luden die Stuttgarter Nachrichten zum Schwaben-Aktionstag am Stadtschreibtisch des Buchhauses, um Appetit auf die Ausstellung „Die Schwaben – zwischen Mythos & Marke“ zu machen. Die Schau ist vom 22. Oktober bis zum 24. April 2017 im Alten Schloss zu sehen.

Apropos Appetit: Dass im Schwabenland gut und gern gegessen wird, bildet den roten Faden der vom Leiter der Lokalredaktion, Jan Sellner und Redakteur Tom Hörner moderierten Veranstaltung. Den Vorgeschmack bildet ein Linseneintopf von Deutschlands bekanntestem Biokoch Simon Tress, der in seinem neuen Buch „Echt schwäbisch!“ Familienrezepte aus dem Ländle zusammengestellt hat. Nach seinem Leibgericht befragt, nennt er Omas Wurstsalat.

Überhaupt stehen Großmutters Küchengeheimnisse beim Betreiber des ersten Württembergischen Biohotels hoch im Kurs. So verrät er, wie er sie einmal anrief, weil er für eine zwanzigköpfige Delegation aus Brasilien Kartoffelsalat zubereiten sollte und wegen der Menge ins Schlingern geriet. Im Gespräch gibt Tress unter anderem das Geheimnis seiner Käsespätzle preis: Sie müssen mit einem Schuss Sahne verfeinert werden.

Ob Nileen Schaldach das bei ihrem Rezept für Käsespätzle-Muffins berücksichtigt hat? Die gebürtige Inderin, die in Stuttgart aufgewachsen ist, hat typisch schwäbische Gerichte in Fingerfood verwandelt. Filderkrautpralinen mit Speck oder zierliche Maultaschenburger – hier ist nichts unmöglich, außer Spätzle mit Soß. Das Nationalgericht kommt im Wittwer trotzdem zu Ehren: in einem Sketch der Fernsehikonen Äffle und Pferdle. Heiko Volz und Volker Lang, die aktuellen Sprecher des Gespanns, sind so etwas wie schwäbische Stars. Schon als sie in der hintersten Reihe sitzen und auf ihren Einsatz warten kommen ständig Besucher mit Autogrammwünschen vorbei. Bücher wollen ebenso signiert werden wie Einkaufstüten oder die quadratische Hafer-und Bananenschokolade. Kulinarisches liegt dem tierischen Duo eben am Herzen. Gefragt ob der Schwabe Gefühle habe, antwortet Äffle Volz: „Natürlich: Hunger und Durst!“

Schwäbische Küche mal anders

Geistige Nahrung darf freilich ebenfalls nicht zu kurz kommen: Historiker Gerhard Raff hat den vierten Band seiner Geschichte des Hauses Württemberg, „Hie gut Wirtemberg allewege“, dabei. Er reicht bis in die Ära von Karl Alexander, dem Vater von Karl Eugen, dem zwölften Herzog von Württemberg und „Weltmeister in der Produktion unehelicher Kinder“, wie es Raff mit seinem liebevoll gepflegten losen Mundwerk ausdrückt. Der Autor hat übrigens eine eigene Pilgerherberge am Jakobsweg gegründet. Die Besonderheit an der Unterkunft in La Faba ist, dass jeder Schwabe die erste Nacht kostenfrei übernachten darf – sofern er ein Gedicht von Hölderlin, Mörike oder einem anderen Dichter aus heimischen Gefilden rezitieren kann. Ein vollständig gesungenes Silcher-Lied tut es auch.

StN-Kolumnist Uwe Bogen nimmt schwäbische Eigenheiten aufs Korn

Natürlich ist das Landesmuseum ebenfalls vertreten. Direktorin Cornelia Ewigleben und Kurator Olaf Siart beschreiben die Arbeit an der Landesausstellung. Beide sind keine Schwaben. „Ich denke, das tat der Sache gut, weil wir als Außenstehende einen anderen Blick auf die Materie hatten“, überlegt die Museumsleiterin, die aus Niedersachsen stammt. „Für den einheimischen Sachverstand haben wir uns ja zusätzlich kompetente Berater geholt.“ Das Ergebnis bezeichnet sie als „Kaleidoskop“, das sicher nicht jedes Detail rund ums Schwabentum abdecken könne, aber einen repräsentativen Überblick über Historie und Mentalität gebe. Speziell die Stuttgarter Eigenheiten nimmt StN-Redakteur und Kolumnist Uwe Bogen in seinen Texten aufs Korn. Schauspielerin Monika Hirschle (Komödie im Marquart) liest einige launige Kostproben aus seinem 2015 veröffentlichten Band „Goht’s No – Lieben, Leben, Leiden im Land der Schwaben“.

Am Ende fehlt eigentlich nur noch eines:. Ein schwäbischer Schaffer und Geschäftsmann. Franz Ladenburger von der Heimatsmühle in Aalen schließt die Lücke mit Einblicken in sein seit 1808 existierendes Familienunternehmen, die drei kurzweilige Stunden perfekt abrunden.