Schäuble sagt der Steuerhinterziehung den Kampf an. Foto:  

Läuft alles nach Plan, sollen 2017 sämtliche Schlupflöcher für Steuerhinterzieher geschlossen sein. Nicht nur Zinserträge, sondern auch Dividenden und Veräußerungsgewinne werden erfasst.

Berlin - Für Schwarzgeldsünder wird es eng: 2017 wird das Bankgeheimnis in 50 Ländern gelüftet. Nahezu die gesamte EU, viele Länder aus Lateinamerika, Asien und Afrika wollen am Mittwoch bei einer Steuerkonferenz in Berlin dafür den automatischen Informationsaustausch beschließen.

Damit fließen dann von September 2017 an sämtliche relevanten Daten von Steuerpflichtigen, die bei einer Bank im Ausland Geld angelegt haben, an ihr heimisches Finanzamt. Unter den zu meldenden Daten sind die Steueridentifikationsnummer des Anlegers, das Konto und die Kapitalerträge.

Erklärtes Ziel der Vereinbarung ist, ein Ausweichen der Steuersünder so gut wie unmöglich zu machen: Daher werden nicht nur Daten zu Zinszahlungen übermittelt, sondern auch zu Dividenden sowie das Kontoguthaben und die Erlöse aus Veräußerungsgeschäften mit Aktien und anderen Wertpapieren. Nicht nur Banken müssen künftig Meldung machen, auch Versicherungen und Wertpapierdepots. Es werden nicht nur die Kontodaten von Personen übermittelt, sondern auch diejenigen von Trusts und Stiftungen. Die Person hinter der juristischen Person muss also auch mitgeteilt werden.

Ein hochrangiger Beamter aus dem Bundesfinanzministerium sagte: „Die Zeiten, in denen das Bankgeheimnis von einigen Ländern in einem Tresor aufbewahrt wurde, gehören damit der Vergangenheit an.“

Mit der Vereinbarung setzen die Unterzeichnerstaaten einen Standard um, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausgearbeitet hat. Die USA, die mit ihrem Steuergesetz Fatca das Grundgerüst für das neue Abkommen gelegt haben, sowie China sind noch nicht an Bord.

Dafür beteiligen sich etliche ehemalige Steueroasen wie Liechtenstein, Bermuda, die Virgin Islands oder die Cayman Islands. Die Schweiz wird dem Vernehmen nach das Abkommen am Mittwoch in Berlin ebenfalls nicht zeichnen. Im Fall Schweiz verweisen deutsche Regierungsvertreter allerdings darauf, dass sich das Nachbarland bereits im Frühjahr zur Teilnahme am automatischen Informationsaustausch bereiterklärt hat. Derzeit liefen die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU-Kommission über eine praktische Umsetzung der Vereinbarung. Auch müsse in der Schweiz noch eine Zustimmung der Wahlberechtigten per Referendum eingeholt werden.

Der Zeitplan für die Umsetzung sieht vor, dass die ersten Daten im September 2017 gemeldet werden. Sie beziehen sich auf Kapitalerträge aus 2016. Da auch die Guthaben-Stände übermittelt werden, dürften die Finanzbehörden Material an der Hand haben, um gegebenenfalls den Anlegern noch unangenehme Fragen zur Versteuerung in der Vergangenheit zu stellen.

Wenn alles so kommt, wäre dies tatsächlich eine große Erleichterung für die Steuerbehörden. Sie hätten die notwendigen Daten zur Hand, um die Angaben der Steuerpflichtigen aus deren Steuererklärung zu Vermögenserträgen auf Richtigkeit zu überprüfen. Außerdem würde das Finanzamt erstmals Daten über im Ausland verstecktes Geldvermögen erhalten. Die Daten sollen in elektronischer Form übermittelt werden – in Deutschland zunächst an das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn, das dann die Informationen an das Heimatfinanzamt des Steuerpflichtigen weitergibt. Wie aus Kreisen der Bundesregierung verlautet, sind im Bundeshaushalt 2015 „erhebliche Mittel für IT-Programme“ im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch eingeplant. So soll sichergestellt werden, dass die übermittelten Daten hierzulande von den Steuerbehörden auch gelesen und verarbeitet werden können.

Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, warnte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es wäre eine schlimme Pleite für den Fiskus, wenn wir jahrzehntelang die Herausgabe der Daten fordern, aber die Daten am Ende elektronisch nicht weiter verarbeiten könnten. Deutschland würde zum Gespött jener Staaten, die wir in der Vergangenheit wegen ihres Bankgeheimnisses immer wieder scharf kritisiert haben.“

In den letzten Jahren hatte es immer wieder technisch ehrgeizige Projekte des Staates gegeben, die erst mit erheblicher Verzögerung an den Start gingen: Hier sei an die automatische Erhebung der Straßenbenutzungsgebühr für Lastwagen (Toll Collect) erinnert sowie an die Abgabe der elektronischen Steuererklärung. Zu den erheblichen Kinderkrankheiten kam es auch, weil vom Staat nicht genügend Mittel zum Aufbau der IT zur Verfügung gestellt wurden.