Foto: dpa

Baden-Württemberg will die angebotenen Steuerdaten nicht kaufen - der Bund aber auch nicht.

Stuttgart/Berlin - Eigentlich wollte Ministerpräsident Mappus bis Ende dieser Woche entscheiden, ob Baden-Württemberg die CD mit gestohlenen Daten von Steuersündern kauft. Nun aber weicht er aus - um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden.

Der Frühling kommt, zumindest im Flachland. Nicht aber oben in Grafenhausen im Südschwarzwald. Als der neue Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) am Freitag hinter verschlossenen Türen der landeseigenen Rothaus-Brauerei seine engsten Mitarbeiter zur Klausurtagung um sich schart, schneit es. Einer muss raus: der neue Staatsminister Helmut Rau. Er teilt mit, dass Baden-Württemberg die von einem Informanten angebotenen 1700 Steuersünderdaten, um deren Verwendung CDU und FDP seit Wochen streiten, an das Bundeszentralamt für Steuern übergibt. Die Behörde werde die Verwertbarkeit der gestohlenen Daten prüfen und klären, ob sich die bearbeitenden Beamten strafbar machen. Wenn alles gut ist, so Rau, kaufe der Bund die CD. Wenn nicht, war's das.

Mappus überlässt also dem Bund die Entscheidung. Kaum ist diese Nicht-Entscheidung bekannt, freut sich der Koalitionspartner in Stuttgart. "Wir waren von vorneherein skeptisch, ob der Ankauf der Daten rechtssicher ist", sagt FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke unserer Zeitung. In der CDU und im Finanzministerium bei Minister Willi Stächele, der stets für den Datenkauf war, um die Steuergerechtigkeit zu wahren, und am Freitag stolz vermeldet, dass sich die Selbstanzeigen reuiger Steuersünder binnen einer Woche von 722 auf 1302 verdoppelt haben, ballen sie die Fäuste. Mappus fehle der Mut zur klaren Entscheidung, sagen einige. Damit nicht genug. Plötzlich widerspricht ein Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der Darstellung von Rau. Tenor: Wir prüfen die Daten, aber der Ankauf ist Sache der Länder. Dass wenige Stunden später die CDU-FDP-Koalition in Nordrhein-Westfalen bekanntgibt, dass sie die ihr angebotene Steuersünder-CD kaufen wird, macht die Tragweite des baden-württembergischen Dilemmas deutlich.