Christian Bale, Diane Kruger und Martin Freeman haben für ein wenig Sternenglanz gesorgt. Ihre Filme, die bislang zu den stärksten des Festivals zählen, laufen allerdings außer Konkurrenz.
Berlin - Es gibt sie doch, die Berlinale-Stars 2019. Gleich drei waren am Sonntag und Montag zu Gast, und alle passen zum Festival – weil sie es sich nicht einfach machen. Der walisische Amerikaner Christian Bale machte mit „American Psycho“ (2000) auf sich aufmerksam und elektrisierte dann als Batman (2008, 2012) die Massen, hat immer Herausforderungen gesucht wie zuletzt den Spätwestern „Feinde – Hostiles“. Die Deutsche Diane Kruger wurde als Helena in „Troja“ (2004) berühmt, erwarb sich mit Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ (2009) international Respekt und zeigte zuletzt eine überragende Leistung in Fatih Akins Nazi-Terror-Drama „Aus dem Nichts“. Der Brite Martin Freeman begann als Schlitzohr in der vielfach kopierten Büroserie „The Office“ (2001-2003), wurde als „Hobbit“ (2012-2014) Teil einer Filmlegende und hat es als Everrett Ross ins Marvel-Filmuniversum und in den viel gefeierten „Black Panther“ (2018) geschafft.
Bale spielt nun in „Vice – der zweite Mann“ den früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney, der für diesen eigentlich einflusslosen Posten nur antrat, weil George W. Bush ihm die Entscheidungsgewalt über die Außen- und Sicherheitspolitik überließ. Cheney war es, der nach 9/11 die Kriege im Irak und in Afghanistan vorantrieb, von denen unter anderem das private Zulieferunternehmen Halliburton stark profitierte, dessen CEO Cheney vorher war. Diese Fakten sind lange bekannt, der Regisseur und Drehbuchautor Adam McKay hat sie nun zu einer bitterbösen Farce verdichtet. Bale ist kaum wiederzuerkennen mit Glatze, Brille und vielen Pfunden, die er sich eigens angefressen hat. Er ist als Hauptdarsteller ebenso für einen Oscar nominiert wie der Film, McKay für die Regie und Sam Rockwell als Nebendarsteller in der Rolle des George W. Bush.
Christian Bale, wieder gewohnt schlank, gibt sich vor der Presse eher spröde und lässt sich immerhin soviel entlocken: „Wir haben versucht, Dick Cheney zu verstehen, ich habe Zeit gebraucht, mich da hineinzufinden. Am Anfang schien es unmöglich, diese perfide Verführung darzustellen. Das ist eine Gratwanderung – so was kann großartig werden oder total fürchterlich. Es gibt ja viel Symbolik, das Fliegenfischen zum Beispiel, das Cheney betreibt.“
Kruger gibt eine aufmüpfige Agentin
Diane Kruger und Martin Freeman sind gemeinsam in „Die Agentin“ zu sehen, Freeman als Führungsoffizier und Kruger als Agentin, die der Mossad im Iran auf einen Industriellen ansetzt. Anders als in überhitzten Szenarios wie „Jason Bourne“ oder der Serie „Homeland“ geht es dem israelischen Regisseur Yuval Adler nicht so sehr um Geheimdienst-Action, sondern um die Menschen und was der Job mit ihnen macht. Kruger gibt eine aufmüpfige Agentin namens Rachel, die sich in ihre Zielperson verliebt und auch noch schwanger wird, Freeman einen querköpfigen Strategen, der sie zu lange schützt. Chaos ist die Folge, auch emotional.
„Das Skript und die Figur haben mich sofort angesprochen“, sagt Kruger. „Das ist ein sehr starker weiblicher Charakter, sie ist keine Mörderin wie Bourne oder Bond. Sie muss jahrelang an einem fremden Ort beobachten, stillhalten, ohne die Mission zu kennen. Derweil entwickelt man Gefühle, verliebt sich vielleicht, wie geht man damit um? Die eigene Identität verändert sich dadurch.“ Auch die Vielsprachigkeit der Agentin – Englisch, Französischen, Deutsch – kam Kruger entgegen, die schon in den USA und in Frankreich gedreht hat – und zuletzt wieder mehr in Deutschland. Von ihrer ersten Israel-Reise bringt sie vor allem ein Erkenntnis mit: „Es ist ein sehr spezielles Land, ich sehe die Dinge dort jetzt in einem anderen Licht, viel differenzierter als die Medienberichterstattung, die wir im Westen bekommen.“
Freeman mag Independent-Filme
„Wir haben keine Genehmigung bekommen, im Iran zu drehen, deshalb hatten wir ein zweites Team dort“, sagt Adler. „Um die Leute zu schützen, haben wir ihnen gesagt, sie würden für eine belgische Firma arbeiten.“ „Das sind ja Mossad-Methoden!“, sagt Kruger und grinst.
Und was macht ein Star wie Martin Freeman in so einem kleinen Film? „Die meisten meiner Filme waren eher Independent-Filme, und die Geschichten müssen gut sein. An diesem Drehbuch hat mir das Erzähltempo gefallen, es war nicht voller Bomben und Verfolgungsjagden, sondern wahrscheinlich näher an der eigentlichen Agenten-Realität als alles, was ich je gesehen hatte.“ Freeman sieht auch berufliche Parallelen: „Ein Schauspieler muss viel beobachten, das eigene Verhalten und das der anderen, und gut zuhören – Agenten müssen das auch können.“ Diane Kruger widerspricht: „Agenten müssen viel intelligenter sein als Schauspieler. Das könnte ich nie: in einen Raum kommen und Leute davon überzeugen, Dinge zu tun, dabei die ganze Zeit zuhören, sich alles merken und immer im Voraus planen, welche Reaktion man von anderen möchte.“
Beide Filme laufen außer Konkurrenz im Wettbewerb, sind also nur im Programm, um die Stars zu bringen, die hier alle hohe Schauspielkunst zeigen. Amy Adams allerdings, die in „Vice“ Cheneys Frau als eine Art moderne Lady Macbeth spielt und auch für einen Oscar nominiert ist, war schon vorigen Donnerstag in Paris bei der Europa-Premiere von „Vice“ – das sagt viel darüber aus, welchen Stellenwert die Berlinale noch hat.