Janet und Howard Smith fühlen sich in Sindelfingen wie zuhause. Foto: factum/Granville

Trotz Brexit: Gäste aus Dronfield besuchen zum wiederholten Mal ihre schwäbischen Freunde.

Sindelfingen - Die Liebe zwischen Janet Smith aus Dronfield und der schwäbischen Daimlerstadt Sindelfingen begann vor 30 Jahren – mit einem Schüleraustausch ihres Sohnes. Der damals 13-jährige David nahm an einem Programm seiner Schule mit dem Sindelfinger Goldberg-Gymnasium teil. Zunächst weilte David in Sindelfingen, dann kam der Schwabe Kai zum Gegenbesuch.

„Wir waren sehr beeindruckt von Kais Englisch“, erinnert sich Janet Smith. Die beiden Jungs verstanden sich gut und wiederholten den Austausch noch zweimal. Dann erhielt Janet Smith eine Einladung von Kais Eltern. „Ich war sehr aufgeregt. Denn ich war nie zuvor in Deutschland gewesen“, sagt sie. Doch dann stellte sie fest: „Die Leute sind hier eigentlich wie bei uns.“

In Deutschland sind die Menschen förmlicher

Einige Unterschiede hat sie doch festgestellt: „In Deutschland geht es förmlicher zu als in England.“ So habe sie fünf oder sechsmal mehrere Tage bei ihren Sindelfinger Gastgebern verbracht, „und die nannten mich immer noch Mrs. Smith. Das ist bei uns undenkbar.“

Mittlerweile sind ihre Gastgeber längst zu Freunden geworden und nennen Janet Smith beim Vornamen. Und die 73-Jährige war viele Male in Sindelfingen: Am liebsten kommt sie zum Internationalen Straßenfest im Sommer.

Auch momentan ist sie wieder zu Gast – gemeinsam mit ihrem Mann Howard. 30 Leute gehören zur BesuchergruppMe, die auf Einladung des Sindelfinger Partnerschaftsvereins Ispas gekommen sind. Dieser organisiert die Kontakte zu den sieben Partnerstädten. Zu Dronfield sei er am engsten, sagt Dagmar Böhm vom Verein.

Der Brexit verunsichert die Engländer

Der Brexit bereitet dem Ehepaar Smith allerdings großes Kopfzerbrechen – und nicht nur ihnen: Alle Menschen in Dronfield, auch die, die für den Austritt aus der EU gestimmt haben, seien zutiefst verunsichert, beschreibt Janet Smith die Lage. Sie kann sich nicht vorstellen, wie ihr Land funktionieren soll – ganz allein und losgelöst von Europa. Um so wichtiger sei es, Beziehungen zu Menschen auf dem Kontinent zu pflegen, sagt sie. Ihr Mann berichtet von einem Mitglied der Gruppe. „Dieser hat für den Brexit gestimmt. Jetzt ist er zum ersten Mal in Deutschland und beginnt, seine Meinung zu ändern.“

Auch Gerhard Böhm, der hervorragend Englisch spricht und die Dronfielder Gäste durch die Stadt führt, hält Städtepartnerschaften für „unerlässlich“ – gerade angesichts des zunehmenden Nationalismus überall in Europa. „Wir Deutschen haben wegen unserer Geschichte eine besondere Verantwortung“, sagt der 78-Jährige. Viel gereist ist er in seinem Leben. Bis heute hielten sich in vielen Ländern die Ressentiments gegen Deutsche. Nur die direkte Begegnung der Menschen könne diese Vorbehalte besiegen. Deshalb hat Böhm auch die Sindelfinger Partnerschaft zur polnischen Stadt Chelm mitbegründet.

Janet Smith lernt jetzt Deutsch

Auch Janet Smith engagiert sich in Dronfield für die Partnerschaft und arbeitet im Vorstand des englischen Partnerschaftsvereins. Sie fördert vor allem die Begegnungen von Schülern. „Mein Sohn und sein Gastpartner haben sehr viel von diesem Austausch profitiert“, sagt sie.

Sie selbst hat das Vorbild des Sindelfinger Schülers Kai, der sich auf Englisch verständigen konnte, dazu bewegt, ein wenig Deutsch zu lernen. Das öffnet ihr neue Türen in Sindelfingen.