Herausragende Architektur in Fellbach: Das Fellbacher Rathaus. Foto: Patricia Sigerist

Der gerade erschienene „Architekturführer Stuttgart“ wagt auch einen Blick über die östliche Stadtgrenze und listet gleich vier eindrucksvolle Gebäude in Fellbach auf. Das Rathaus erinnert die Autorinnen „mitunter an eine Burganlage“.

Fellbach - Die Bürgerinnen und Bürger von Fellbach haben zurecht und erfolgreich sämtliche Eingemeindungsgelüste der großen Landeshauptstadt im Westen zurückgewiesen. Manchmal allerdings kann es nicht schaden, die Gemarkungsgrenzen nicht ganz so genau zu nehmen – und den Bereich oberhalb der Theodor-Heuss-Kaserne quasi Stuttgart noch zuzuschlagen.

Ein wichtiges Kriterium sei außerdem gewesen, dass alle Bauten betreten werden können oder zumindest von außen gut einsehbar sind

Getreu dieser Devise jedenfalls haben Uta Lambrette und Birgit Schmolke, die beiden Autorinnen des vor wenigen Tagen erschienenen neuen „Architekturführer Stuttgart“, die Stadt am Fuße des Kappelbergs irgendwie eingemeindet. Denn das zweite von insgesamt acht Kapiteln des 290-seitigen und reich bebilderten Werks trägt den Titel „Bad Cannstatt/Fellbach“.

Das Freizeitbad F3. Foto: Patricia Sigerist

Und so befinden sich unter den knapp 175 in Kurzporträts aufgelisteten Gebäuden und erwähnenswerten architektonisch hochwertigen Projekten auch vier auf Fellbacher Gemarkung – drei öffentliche und ein privates.

Getreu der in der Einleitung angesprochenen Devise: „Die in diesem Architekturführer gezeigten Bauten wurden sorgfältig aufgrund ihrer städtebaulichen und/oder architekturgeschichtlichen Relevanz, ihres Modellcharakters, der ihretwegen entbrannten Architekturdiskussion und der Beispielhaftigkeit für ihre Zeit ausgewählt.“ Ein wichtiges Kriterium sei außerdem gewesen, dass alle Bauten betreten werden können oder zumindest von außen gut einsehbar sind.

Das zweite Projekt besteht eigentlich aus mehreren Bestandteilen

Nicht nur einsehbar, sondern einspring- oder einrutschbar ist das erste genannte Fellbacher Schmuckstück ohne Zweifel. Es handelt sich um das Fellbacher Familien- und Freizeitbad F3. Gleich auf drei Fotos wird das Bad präsentiert, darunter ein wirklich imposantes und auch hier abgebildetes Luftbild – übrigens vom Verleger selber aufgenommen. Im Erläuterungstext wird die „lineare Weinbergstruktur“ hervorgehoben, ließen sich die 4A-Architekten doch offenkundig vom umgebenden Weinanbaugebiet um den Kappelberg inspirieren. „Warme Rottöne erzeugen im Saunabereich und im Kinderbereich Wohlfühlatmosphäre, während kühle Farben wie Grün und Gelb im Erlebnis- und Sportbereich das Thema Bewegung und Aktivität aufgreifen.“

Die Schwabenlandhalle in Fellbach. Foto: Patricia Sigerist

Das zweite Projekt besteht eigentlich aus mehreren Bestandteilen. Denn neben der mehr als 40 Jahre alten Schwabenlandhalle, konzipiert von Gerhard Keller, wird auch noch der 2006 fertig gewordene trapezförmige Ergänzungsbau (mit dem Hessesaal) der Vielmo Architekten erwähnt. Und auch noch die 2002 eröffnete Musikschule von Lamott + Lamott. Dieses Gebäude habe dem Atrium der Schwabenlandhalle, mittlerweile in Guntram-Palm-Platz umbenannt, „eine deutlich definiertere Kante“ gegeben. „Ein kupfernes organisches Volumen löst sich aus einem dunklen Ziegel-Glas-Bau und stellt sich selbstbewusst der Schwabenlandhalle gegenüber.“

Ansonsten sind im Führer natürlich viele weitere lohnenswerte Ziele für Ausflüge

Als drittes Fellbacher Bauwerk Erwähnung im Stuttgarter Architekturführer findet das von Ernst Gisel konzipierte, 1986 in Betrieb genommene Rathaus in der „neuen Stadtmitte“. Gisels Entwurf „erinnert mitunter an eine Burganlage“, heißt es in der Beschreibung der beiden studierten Architektinnen Lambrette und Schmolke. Doch genau dadurch füge sich der aufgegliederte Baukörper in den Kontext nicht nur ein, „er formt ihn, prägt ihn“. Und: „Durch Ernst Gisels Baukörper wurde eine nach dem Weltkrieg nicht mehr bestehende Stadtstruktur neu gebildet. Der Kontext wurde interpretiert und weitergedacht.“

Viertes Gebäude im gelobten Fellbacher Architekturbunde ist das durchs Element Holz dominierte Wohnhaus des Architekten Fritz Barth in der Cannstatter Straße 84 – „ein langes, schmales Gebäude, angelegt an die Idee eines Eisenbahnwaggons“. Der Entwurf beabsichtige, eine Brücke in die Vergangenheit des Ortes zu schlagen. So erkenne man mit diesem Wissen etwa „Relikte eines Späneturms der damals dort ansässigen Schreinerei“. 2011 erhielt Barths Wohnhaus den Hugo-Häring-Preis des Bunds Deutscher Architekten.

Ansonsten sind im Führer natürlich viele weitere lohnenswerte Ziele für Ausflüge, sei’s nach Stuttgart (Killersberg-Park, Automuseen, Stadtbibliothek, Wilhelma, Asemwald oder natürlich die Weissenhofsiedlung) wie auch außerhalb (Museum Ritter in Waldenbuch, Literaturmuseum Marbach) zu finden.