Als glänzender Redner ist Eugen Eberle vielen Stuttgartern in Erinnerung. Foto: Archiv-Foto: Engel

Verwaltung will jetzt doch eine Straße in Stuttgart nach dem linken Stadtrat Eberle benennen.

Stuttgart - Er war Marxist, unbequemer Geist und unbeugsamer Kämpfer. Leicht machte es Eugen Eberle weder sich noch anderen in der kommunalpolitischen Arbeit. Dennoch herrschte vor ein paar Jahrzehnten in Stuttgart ziemliche Einigkeit darüber, dass es sich bei dem Autodidakten aus eher bescheidenen Verhältnissen um eine Ausnahmeerscheinung der Kommunalpolitik handle.

Von 1948 bis zum Jahr 1984 hatte sich Eberle bei Kommunalwahlen immer wieder mühelos durchgesetzt. Auch viele Stuttgarter, die konservativ wählten, setzten durch das sogenannte Panaschieren in der Wahlkabine den Namen Eberle unten auf den Stimmzettel mit den Kandidatenvorschlägen, die von der Gruppierung ihrer Wahl stammten. Diesen Eberle wollten eben viele Stuttgarter immer wieder im Gemeinderat haben. Weil er heimatverbunden, aber auch weltoffen war, weil er ein glänzender, auch selbstironischer Redner war, weil er die Dinge beim Namen nannte.

Stuttgart lud endlich wieder ehemalige jüdische vertriebene Bürger ein

Er deckte auf, dass das Stadtarchiv wichtige Dokumentationen ausgeblendet hatte, als es für die Stuttgarter Chronik der Jahre 1933 bis 1945, also über das Stuttgart unter dem Hakenkreuz der Nazis, den längst überfälligen Band in Druck geben wollte. Auf seine Veranlassung hin lud die Stadt endlich wieder ehemalige jüdische Bürger ein, die aus Stuttgart vertrieben worden waren und den Todesfabriken der Nazis hatten entgehen können. Er kämpfte gegen den Bau der autogerechten Stadt, gegen den Abriss der historischen Gebäudereste, die der Krieg übrig gelassen hatte, gegen die Verstaatlichung der städtischen Polizei. Er setzte sich ein für die Kultur und machte sich zum Anwalt der einfachen und ärmeren Leute. In seine Bürgerfragestunden sollen die Menschen scharenweise gekommen sein.

Sein größtes Ziel aber war nach bitteren persönlichen Erfahrungen mit den Nazis und nach deren Verbrechen: Nie wieder Krieg. Und weil die Bürgerlichen in der Weimarer Zeit versagt hatten und Adolf Hitlers Aufstieg nicht verhindern konnten, setzte Eberle auf eine Volksdemokratie. Bis er dann nicht mehr antreten wollte und den bisherigen Weggefährten im Rathaus die Leviten las. Den Fraktionen warf er vor, sie wollten keine Diskussionskultur mehr, nur schnell abstimmen. Wer es anders halte, werde als Störer betrachtet. Und den Bürgermeistern kreidete er an, sie würden zu willfährig den Kurs des Oberbürgermeisters exekutieren.

Der Nachwelt erinnerlich bleiben

Das hinderte die SPD-Fraktion im Gemeinderat im Jahr 2008, kurz nach Eberles 100. Geburtstag jedoch nicht, die Ehrung für den 1996 gestorbenen Eberle einzufordern. Für einen schwäbischen Jakobiner, wie der Eberle-Freund und Kabarettist Peter Grohmann ihn genannt hatte. Eberle müsse der Nachwelt erinnerlich bleiben. Das sei man seinen Verdiensten um die Stadt und die lebendige Demokratie, besonders auch seiner Forderung nach einer konsequenten Aufarbeitung der Nazidiktatur schuldig. Man solle eine Straße oder einen Platz nach ihm benennen.

Einen Monat später spendete OB Wolfgang Schuster Kanzleitrost. Jedes Jahr würden weit mehr Anregungen für Straßenbenennungen eingehen als man Namen für neue Verkehrsflächen brauche. Eberles Name stehe schon seit 2006 auf der Liste, weil seine Tochter ihn vorgeschlagen habe. Thematisch würde er sich gut in Steinhaldenfeld einfügen, schrieb Schuster, weil dort schon einige Straßen und Wege nach sozial engagierten Persönlichkeiten benannt seien. Im Moment stünden dort keine neuen Namensgebungen an. Wenn sich eine Möglichkeit ergebe, werde man Eberle berücksichtigen.

Seit diesem Bescheid Ende Oktober 2008 hat sich freilich nichts getan. Auf Anfrage unserer Zeitung bei Schusters Pressestelle landete das Thema jetzt aber beim zuständigen Verwaltungsbürgermeister. Seit knapp einem Jahr ist das Werner Wölfle (Grüne). Er sagte, im Moment werde auf Initiative der CDU im Cannstatter Bezirksbeirat erwogen, in Steinhaldenfeld einen neuen Platz nach Adolph Kolping, dem früheren Priester und Begründer des sozial engagierten Kolpingwerks, zu benennen. Er werde prüfen, ob dafür auch der Name Eberle infrage komme oder ob er an anderer Stelle zum Zuge kommen könnte. Jedenfalls werde er sich für das Anliegen einsetzen, Eberle zügig zu ehren.