Der Organist Rainer Bohm spielt gern auf der Orgel in der Vaihinger Stadtkirche. Doch immer häufiger versagt diesen ihren Dienst. Foto: Alexandra Kratz

Die Orgel in der Vaihinger Stadtkirche ist in die Jahre gekommen und muss dringend renoviert werden. Die Gemeinde schätzt die Kosten dafür auf 160 000 Euro.

Vaihingen - Rainer Bohm drückt die Taste. Aber erst mit deutlicher Verzögerung ist ein Ton zu hören. Andere Tasten funktionieren gar nicht mehr, oder aber der Ton hört gar nicht mehr auf. Damit hat der Vaihinger Organist immer wieder zu kämpfen, wenn er auf der Orgel in der Stadtkirche spielt. „Es ist ein sehr schönes Instrument, und ich spiele es gern“, sagt Bohm. Aber wenn die Dinge nicht so funktionieren wie sie sollen, dann mache es irgendwann keinen Spaß mehr. Und auch dem Zuhörer bleibt längst nicht mehr verborgen, dass die Orgel in die Jahre gekommen ist.

Hinzu kommen die weiter steigenden Reparaturkosten. Immer häufiger muss ein Orgelbauer nach Vaihingen kommen. „Auch wenn es sich nur um eine Kleinigkeit handelt, müssen vorher oft viele große Teile ausgebaut und beiseite geräumt werden“, sagt Bohm. Denn die Struktur der Orgel sei kompliziert. Die kleinen empfindlichen Teile seien oft nur schwer zugänglich. Die Elektrik der Orgel ist veraltet und teilweise aus Brandschutzgründen nicht mehr zulässig. Die Technik entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand. Gründlich gereinigt werden muss die Orgel sowieso. Das stehe regelmäßig alle 20 Jahre an, weil sich Staub und Schmutz absetzen und den Klang stumpf machen.

Vaihinger haben bereits 10 000 Euro gespendet

Die Liste der Mängel an dem Instrument in der Stadtkirche lässt sich fortsetzen. Grund genug also, eine große Orgelrenovierung anzugehen. In einem Prospekt macht die evangelische Gemeinde Werbung für ihr Projekt. Rund 160 000 Euro sind erforderlich. Das Geld muss allein aus Spenden finanziert werden. Kirchensteuer darf dafür nicht verwendet werden. 10 000 Euro sind bereits auf dem Konto der Gemeinde eingegangen. „Das ist ein erster Schritt“, sagt Bohm. Er zeige, dass das Projekt nicht ins Leere laufe, dass sich die Vaihinger für die Orgel interessieren.

Eine neue Orgel kommt für die Gemeinde nicht in Frage. Denn den Grundstock für das Instrument schuf der Orgelbauer Schäfer 1860. Einige Register dieser Orgel sind bis heute nahezu unverändert vorhanden. „Sie sind wertvoll, und wir wollen diese auf alle Fälle erhalten“, sagt Bohm. Bei dem Instrument handele es sich „im Kern um ein historisches Klangdokument, das im gesamten Filderraum einzigartig ist“, heißt es in dem Faltblatt der Kirchengemeinde.

Gemeinde stellt das Projekt nicht in Frage

Die Gemeinde ließ die Orgel später erweitern. Die hinzugefügten Register sind klanglich auf den historischen Bestand abgestimmt und „genügen dadurch selbst sehr hohen ästhetischen Ansprüchen“. Außerdem wolle man mit dem Geld der Gemeinde verantwortungsbewusst umgehen, betont Rainer Bohm.

Gottfried Askani sieht das genauso. „Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder Geld für die Orgel ausgegeben, ohne das Instrument in Ordnung zu bekommen“, sagt der geschäftsführende Pfarrer. Eine große Orgelrenovierung sei unumgänglich. „Das Projekt wird in der Gemeinde nicht in Frage gestellt“, sagt Askani. Die Orgelmusik sei Teil der Verkündung. Mit Musik lasse sich vieles noch einmal in einer anderen Weise vermitteln als in reinen Worten. „Die Frömmigkeitspraxis der verschiedenen Gemeindemitglieder erkennt man auch daran, welche Strophen von welchen Kirchenliedern sie auswendig kennen“, sagt Askani und unterstreicht damit die Wichtigkeit einer schönen Orgel.“

Auch Kirche soll saniert werden

Um sanieren zu können, muss das Instrument komplett ausgebaut werden. Ein Fachmann renoviert die Orgel in einer Werkstatt. Die Gemeinde will die Gelegenheit nutzen und gleichzeitig den Innenraum der Kirche sanieren. Denn an manchen Stellen bröckelt der Putz von den Wänden, weil sich der Turm schneller senkt als das Kirchenschiff. Außerdem brauchen die Wände einen neuen Anstrich. Geplant ist, die Maßnahmen in zweiten Halbjahr 2017 in Angriff zu nehmen.

Um bis dahin das erforderliche Geld zusammen zu bekommen, hat sich inzwischen ein Projektteam gebildet. In den kommenden Wochen und Monaten sind verschiedene Veranstaltungen geplant. Die Gemeinde bietet während des Vaihinger Herbstes Orgelführungen und eine Bilder-Verkaufsausstellung an. Ende Oktober gibt es ein Orgelwochenende. Dann ist der Schriftsteller Gerhard Raff zu Gast. Rainer Bohm präsentiert die Uraufführung seines Orgelmärchens „Die schöne Lau“ und Andreas Ulmer spielt ein Orgelkonzert. Für den ersten Advent ist ein Benefizkonzert vorgesehen.

Spenden sind erforderlich

Spenden
für die Renovierung der Orgel in der evangelischen Stadtkirche können unter dem Kennwort „Orgelrenovierung“ auf das Konto der evangelischen Kirchengemeinde Vaihingen, IBAN DE 7860 0501 0100 0222 5481, überwiesen werden. Die Gemeinde stellt Spendenbescheinigungen aus. Weitere Informationen stehen im Internet unter www.ev-kirche-stuttgart-vaihingen.de.