Die Forderung nach Ausgleichszahlungen wegen Lärm und Dreck hat das Landgericht abgelehnt.
Stuttgart - Von der Cannstatter Kurve stehen nur noch wenige kaum mannshohe Mauern. Die Abbrucharbeiten haben jetzt nachträglich auch eine unangenehme juristisch Hürde passiert. Denn der Forderung nach Ausgleichszahlungen an Anlieger der Baustelle, namentlich an die Eigentümer des Carl-Benz-Centers, wegen zu viel Lärm und Dreck hat das Landgericht am Dienstag eine Absage erteilt.
Martin Rau und Stefan Heim, die Geschäftsführer des Bauherren Stadion Neckarpark GmbH, konnten unaufgeregt im Saal 229 des Stuttgarter Landgerichts Platz nehmen. Was Richterin Wittig zu verkünden hatte, überraschte nach dem Tenor beim gescheiterten Gütetermin vor wenigen Wochen kaum jemanden. Sie wies die Klage der Häussler GmbH & Co. KG 16. Bau- und Bodengesellschaft, die das betroffene Carl-Benz-Center verwaltet, ab. Investor Rudi Häussler habe "die Baumaßnahme zu dulden", das Gesetz sehe "für die in Rede stehenden Beeinträchtigungen keine Sicherheitsleistung vor Baubeginn" vor.
"Wir können beruhigt weiterbauen"
Häussler hatte kurz vor dem im Rahmen des Umbaus der Mercedes-Benz-Arena in ein reines Fußballstadion geplanten Abrisses der Cannstatter Kurve allenthalben für Kopfschütteln gesorgt. Er hatte im Voraus, quasi auf Verdacht, Sicherheitsleistungen für seine Mieter in Höhe von 1,75 Millionen Euro gefordert, für den Fall, dass diese übergebühr unter den Arbeiten zu leiden hätten. Dabei stand auch die Drohung eines Baustopps im Raum, was die Stadionbauer in arge Terminnöte versetzt hätte. Denn für den Bau der Cannstatter Kurve steht wie für das Gegenstück Untertürkheimer Kurve nur ein Jahr Bauzeit zur Verfügung. So soll gewährleistet bleiben, dass die Arena während des zwei Jahre währenden, 60 Millionen teuren Umbaus wenigstens für 40.000 Zuschauer Platz bietet.
Hintergrund der Klage war, dass einer der Mieter im Carl-Benz-Center, eine Hotelkette, Häussler offenbar mit Mietminderung gedroht hatte. Laut Gericht hat die Kette diese inzwischen geltend gemacht. Im Umfeld des Neckarparks fragen sich inzwischen freilich viele, weshalb sich Häussler überhaupt hat unter Druck setzen lassen. Denn der Inhalt der Mietverträge - auch das hat das Gericht festgestellt - sieht vor, dass die Eigner des Carl-Benz-Center, unter ihnen auch der Unternehmer Hanspeter Stihl, "verminderte Mieteinnahmen gar nicht hinnehmen" müssten.
"Das Gericht hat unsere Auffassung bestätigt, wir können beruhigt weiterbauen", nahm Stadionbauer Martin Rau das Urteil mit einer gewissen Erleichterung auf. Verärgert ist er bis heute "wegen dieser Störfeuer, die viele personelle Resourcen bei uns gebunden haben". Insgesamt seien dadurch Kosten von rund 100.000 Euro entstanden, "aber nachgetragen wird nichts". Einer möglichen Berufung sieht die von der Stadt Stuttgart und vom VfB Stuttgart getragenen Stadion Neckarpark GmbH gelassen entgegen. Weder zu einer eventuellen zweiten Runde vor Gericht noch zum Ausgang des Verfahrens selbst war von der Häussler-Gruppe am Dienstag eine Stellungnahme zu erhalten. Bei der Hotelkette wollte man sich zum weiteren Vorgehen nicht äußern, ohne das Urteil vorher geprüft zu haben.
Weil Häussler im laufenden Verfahren die Abrissarbeiten auch nicht per einstweiliger Verfügung stoppen ließ, ist inzwischen von der Cannstatter Kurve nicht mehr viel übrig. Die Abbruchbagger waren planmäßig am 18. Mai angerollt und hatte begonnen, die Heimstatt der treuesten Fans des VfB Stuttgart abzutragen, versehen mit laut Rau zahlreichen Maßnahmen, die die Beeinträchtigungen für die Nachbarn möglichst gering halten sollten. Von Anfang nächster Woche an soll bereits der Bau der Tribüne auf Cannstatter Seite vorbereitet werden. Die neue Untertürkheimer Kurve wird bis zum nächsten Bundesligaheimspiel des VfB Stuttgart Ende August fertig, versichert Rau, die Businessbereiche bis zur Rückrunde der Saison 2010/2011.