Arbeitgeber hatten auf eine Lockerung des Arbeitsrechts gehofft. Das könnte nun anders kommen. Foto: dpa-Zentralbild

Union und SPD planen milliardenschwere Belastungen für Konzerne Das wird teuer für die Unternehmen. Nun mehren sich Zweifel an der Schlagkraft des Arbeitgeberverbandes.

Berlin - Für die deutschen Arbeitgeber ist es ein herber Schlag: Dass Union und SPD milliardenschwere Belastungen der Unternehmen planen, ist beim Zustandekommen der Groko sicher. Arbeitgeber sollen künftig denselben Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen wie Beschäftigte, was die Unternehmen fünf Milliarden Euro jährlich zusätzlich kostet. Hinzu kommt ein Rentenpaket, das mittelfristig zu höheren Rentenbeiträgen führen wird. Bis jetzt reagiert die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände(BDA) gelassen. „Wir brauchen endlich eine handlungsfähige Regierung. Dazu bin ich bereit, das in Kauf zu nehmen“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer unlängst vor Journalisten. Doch unter den Mitgliedsverbänden wächst die Ungeduld: Wenn sich die SPD mit dem Plan durchsetzt, die Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverträge einzuschränken, trifft das die Arbeitgeber ins Mark. Betriebe sind auf flexible Beschäftigung angewiesen. BDA-Präsident Ingo Kramer hatte ursprünglich auf eine Lockerung des Arbeitsrechts gehofft – der starre Acht-Stunden-Tag sollte bei Auftragsspitzen ausgedehnt werden können. Nun drohen aus seiner Sicht Verschlechterungen. Die BDA steht deshalb unter Rechtfertigungsdruck. Mitglieder fragen sich hinter vorgehaltener Hand, ob die Organisation richtig aufgestellt ist. Gerüchte dringen nach draußen, dass es im Getriebe der einst mächtigen BDA knirscht.

Bisher reagiert die BDA defensiv

Der Unmut macht sich an BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter fest. Früher war er langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter, Haushaltsexperte und Finanzstaatssekretär mit guter Verbindung zur Kanzlerin. Schon bei Kampeters Amtsantritt vor eineinhalb Jahren vertraten einige Verbandsmanager die Meinung, dem Volkswirt mangele es an Erfahrung in der Sozial- und Tarifpolitik.

Kampeter trat in große Fußstapfen. Sein Vorgänger Reinhard Göhner hatte die BDA in zwei Jahrzehnten zum Verband mit hoher Durchsetzungskraft und Expertise ausgebaut. Die BDA ist zusammen mit den Gewerkschaften eng in die Gesetzgebungsarbeit eingebunden. Von Anfang an war klar, dass Kampeter Zeit benötigen würde, in die Aufgabe zu wachsen. Inzwischen sagen aber selbst BDA-Vertraute, die ihm wohlgesinnt sind, er befinde sich noch in der Eingewöhnungsphase.

Zu Irritationen führt jetzt, dass die BDA den ausufernden Wünschen der großen Koalition wenig entgegensetzt. BDA-Präsident Kramer machte zwar seine Kritik am Sondierungsergebnis deutlich. Er rügt eine Umverteilungspolitik, die zulasten der Wettbewerbsfähigkeit gehe. Doch Kramers Worte verhallen auch deshalb, weil es der BDA nicht gelingt, der Öffentlichkeit ein Bild davon zu vermitteln, welche Konsequenzen die Beschlüsse der Koalitionspartner haben. Allein die Entscheidungen zur Rente werden die Rentenkasse in jedem Jahr mit einem hohen einstelligen Milliardenbetrag belasten. Doch die BDA schweigt.

Kampeter fährt gegenüber der CDU Schmusekurs

Insider erklären dies damit, dass Kampeter gegenüber der CDU einen Schmusekurs vorgibt. Laute Kritik am Regierungskurs ist von ihm nicht zu vernehmen. Er positioniert die BDA als Lobbyverband, der im Stillen wirkt. Doch bisher ging das Kalkül, damit Belastungen für Unternehmen abzuwenden, nicht auf. Hinzu kommt die hanseatische Zurückhaltung des BDA-Präsidenten. Der im Anlagenbau tätige Mittelständler Kramer genießt zwar bei Gesprächspartnern hohe Glaubwürdigkeit. Der Unternehmer aus Bremerhaven hält wenig vom ritualisierten Schlagabtausch im politischen Geschäft und sucht die direkte Verständigung. Doch er kämpft mit dem Manko, dass er nur selten in Berlin sein kann. Wenn Kramer es einmal in der Woche in die Hauptstadt schafft, sind seine Leute schon zufrieden. Sein Vorgänger, der heutige Ehrenpräsident Dieter Hundt, ließ sich öfter in die Pflicht nehmen. Wenn der Verband rief, setzte sich Hundt auch kurzfristig ins Flugzeug. Diese Präsenz erreicht Kramer nicht.

Außerdem soll Kampeters ruppiger Führungsstil zu Unruhe führen. Von verunsicherten Mitarbeitern ist die Rede. Der selbstbewusste Hauptgeschäftsführer schickte schon bald nach seinem Amtsantritt einen erfahrenen Pressesprecher in die Wüste. Ein weiterer Pressesprecher wurde versetzt. Seitdem verantwortet Kampeters frühere Büroleiterin aus dem Abgeordnetenbüro die Kommunikation. Auch innerhalb der BDA-Führung soll es Reibungen geben. Gesprächspartner der BDA haben jedenfalls Zweifel, ob die Zusammenarbeit auf der Leitungsebene funktioniert. Die Mitgliedsverbände mischen sich bis jetzt nicht in die Belange der Bundesvereinigung ein. Doch das Unverständnis nimmt zu.