Caro Matzko und Elias Hauck haben für die Ausstellung in Speyer Kurzfilme geschaffen. Foto: Historisches Museum der Pfalz/Elias Hauck

Er liebte die Kunst und war sehr eitel. König Ludwig I. hat alles getan, um den Fortschritt zu verhindern. Sein Geist weht heute noch durch München und die Pfalz.

Eine seiner ersten Amtshandlungen gilt ausgerechnet dem Ypsilon. Es ist ihm heilig. Deshalb verfügt Ludwig direkt nach seiner Krönung zum König, dass Bayern fortan nur noch mit „y“ geschrieben werden darf. Das Thema ist ihm so wichtig, dass er eigenes einen handschriftlichen Erlass verfasst. Mit dem „Y“ will Ludwig seine Verehrung für das antike Griechenland und sein Alphabet zum Ausdruck bringen. Er ist schließlich Kulturbürger, was alle auch wissen sollen.

Den Speyerer Dom ließ er mit frömmelnden Fresken ausmalen

In Speyer, das sein „y“ ebenfalls Ludwig I. verdankt, leuchtet eine Ausstellung nun das Leben dieses Königs aus, den die meisten selbstverständlich in Bayern verorten. Dabei hat er auch im linksrheinischen Bayern regiert, dem Rheinkreis mit der Hauptstadt Speyer. Hier schwang sich der eitle König sogar zu einem seiner großen Kulturprojekte auf und ließ den Speyerer Dom ausmalen – mit frömmelnden Motiven im Stil der Nazarener. Die kamen so schlecht an, dass die meisten Fresken in den 1950er Jahren herausgeschlagen wurden.

Die Porträtisten haben ihn als adretten Mann gezeigt

Es ist kein allzu sympathischer Kerl, dem man nun im Historischen Museum der Pfalz begegnet. Fesch schaut er schon aus, wobei die Büste von Bertel Thorwaldsen geschönt und nach antikem Vorbild idealisiert zu sein scheint. Ludwig hatte als Kind die Blattern, die im Gesicht Narben zurückließen. Die diversen Porträtisten haben sie gnädig unterschlagen und zeigen ihn als adretten wie selbstgefälligen Regenten.

Der Blick in die Geschichte wird immer dort interessant, wo er auch etwas über die Gegenwart verrät. Ludwig glaubte an die Veredelung des Menschen durch Kultur – eine Vorstellung, die bis heute durch manche Köpfe geistert. Er kultivierte seine Liebe zu Kunst und Kultur. „Ich war in Schwetzingen erzogen und keineswegs Kunstfreund – bis ich nach Venedig kam“, notierte er. Im Grunde war er ein Emporkömmling. 1799 fiel die Kurwürde völlig unerwartet an seinen Vater Maximilian, der schließlich erster bayerischer König wurde.

Er will die Vergangenheit wiederbeleben – und nicht in die Zukunft schauen

Ludwig studierte in Landshut und Göttingen und reiste durch die Weltgeschichte. Als er 1810 pompös auf der „Theresienwiese“ in München heiratete, war das die Geburtsstunde des Oktoberfests. Als er 1825 König wurde, initiierte er einen wahren Bauboom. Dabei förderte er aber nicht das Neue, Innovative, sondern wollte die „Mythen der Vergangenheit“ wiederbeleben – Antike und Mittelalter. Das Volk ging auf die Straße, um auch an den Privilegien der Fürsten zu rütteln, Ludwig hoffte dagegen, mit einer rückwärtsgewandten und traditionellen Kunst die „gottgewollte“ Ordnung retten zu können.

Die Schiller-Lektüre hinterlässt keine Spuren

Auch wenn bis heute die Vorstellung kursiert, dass Kunst und Kultur den Menschen besser oder reflektierter machen, erbrachte zumindest Ludwig den Gegenbeweis. Er liebte Goethe und Schiller, der bekanntlich ein revolutionärer Geist war. Doch trotz Schiller-Lektüre traf Ludwig weiterhin seine Entscheidungen einsam und selbstherrlich nach der Devise: „In Bayern besteht das monarchische Prinzip. Der König befiehlt, und die Minister gehorchen.“

Statt sich mit der sich wandelnden Gesellschaft zu befassen, ließ Ludwig lieber die Walhalla bei Regensburg für die Persönlichkeiten der deutschen Geschichte bauen oder auch eine Porträtgalerie schöner Frauen in der Münchener Residenz einrichten. Vor allem dichtete der König gern und viel, was zahllose Spötter auf den Plan rief. So schrieb Heinrich Heine 1844 in seinen Lobgesängen auf den König: „Herr Ludwig ist ein großer Poet, und singt er, so stürzt Apollo vor ihm auf die Knie und bittet und fleht: Halt ein, ich werde sonst toll, o!“

Affäre mit der 35 Jahre jüngeren Lola Montez

In der Ausstellung in Speyer, die sich den verschiedenen Facetten des Regenten widmet, finden sich entsprechend zahlreiche Karikaturen. Denn es blieb nicht unkommentiert, dass der König das Augenmaß für die politischen Folgen seines selbstherrlichen Tuns verlor. Als er schließlich eine Affäre mit der 35 Jahre jüngeren Lola Montez begann, schwanden endgültig Ansehen und Autorität. Mitte des 19. Jahrhunderts waren einige spanische Tänzerinnen auf den Bühnen unterwegs. Lola Montez spielte die Spanieren dagegen nur, die irische Tänzerin war weit gereist – und wo sie gastierte, verursachte sie verlässlich Skandale.

Viele Gebäude erinnern an seinen deutsch-nationalen Geist

Der sechzigjährige König blühte auf, als er Lola begegnete: „Ich kann mich mit dem Vesuv vergleichen, der für erloschen galt, bis er plötzlich ausbrach“, frohlockte er. Die Liaison, die er sich viel kosten ließ, brach ihm aber letztlich das Genick. Er habe 23 Jahre als wahrer König geherrscht und solle jetzt nur noch „Unterschreibkönig“ sein? „Nein, das kann ich nicht“, meinte er – und musste 1848 doch abdanken. Geblieben sind bis heute die riesigen Bauten, die er initiierte, in München die Feldherrenhalle, die Alte Pinakothek, die Ruhmeshalle oder das Siegestor, aber auch die Walhalla oder die Landesfestung Ingolstadt. Bauten in antikem oder mittelalterlichem Gewand, die bis heute an seinen reaktionären Geist erinnern.

Umstrittener Monarch

Spott
„Sobald auch die Affen und Känguruhs zum Christentum sich bekehren, sie werden gewiss Sankt Ludwig als Schutzpatron verehren“ – schrieb Heinrich Heine über Ludwig.

Ausstellung
Bis 31. März im Historischen Museum der Pfalz Speyer, geöffnet Di bis So 10 bis 18 Uhr. adr