Viele können es sich nicht leisten, ihre verstorbenen Angehörigen beerdigen zu lassen. Foto: dpa

In Deutschland besteht Bestattungspflicht. Doch immer mehr Menschen im Südwesten können sich die Beerdigung ihres verstorbenen Angehörigen nicht mehr leisten.

Stuttgart - Stirbt ein Mensch, den man liebt, will man dessen letzten Weg möglichst würdevoll und schön gestalten. Doch eine Bestattung ist auch immer mit erheblichen Kosten verbunden. Die minimalistische Variante gibt es nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Bestatter (BDB) ab 2500 Euro, das Einstiegsniveau in Baden-Württemberg liegt demnach sogar noch etwas höher. Und die Grabgebühren sind in dieser Summe noch nicht drin.

Die Zahl der Angehörigen oder Erben, die solche Summen nicht mehr alleine stemmen können, nimmt seit Jahren zu. In diesen Fällen kommt es zu sogenannten Sozialbestattungen. Das bedeutet, dass das Sozialamt in der Kommune des Verstorbenen einspringen muss. Es zahlt dann dem oder den Hinterbliebenen – je nach finanzieller Lage – einen Zuschuss oder übernimmt die kompletten finanziellen Aufwendungen. So fordert es das Sozialgesetzbuch seit 2004, nachdem die rot-grüne Bundesregierung das Sterbegeld aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen hat.

Teils sprunghafter Anstieg vor allem in Städten

Nach Angaben des Statischen Landesamts gab es im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg 2277 Empfänger von Bestattungskosten. 2013 waren es noch 2043 Adressaten gewesen, 2010 lediglich 1720. Einen Anstieg verzeichneten zuletzt – von 2013 im Vergleich zu 2014 – vor allem die Städte Stuttgart (223 auf 253 Empfänger), Mannheim (52 auf 231), Freiburg (77 auf 109) und Ulm (14 auf 35).

Doch woran liegt das? Die Bundestagsfraktion der Linken geht davon aus, dass der Trend mit einer zunehmenden Verarmung der Menschen zusammenhängt. „Viele können es sich nicht leisten, ihre verstorbenen Angehörigen beerdigen zu lassen“, sagt die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann. Für die Zukunft sei aufgrund der zunehmenden Altersarmut und der sich ausbreitenden prekären Beschäftigung ein weiterer Anstieg von Sozialbestattungen zu erwarten.

Pro Bestattungsfall kann es mehrere Kosten-Empfänger geben

Das Statistische Landesamt weist bei der Veröffentlichung seiner Zahlen allerdings auf die Möglichkeit hin, dass es „pro Bestattungsfall mehrere Empfänger für die Erstattung der Bestattungskosten“ geben könne – etwa, wenn Familienmitglieder für das Begräbnis eines Verstorbenen zu gleichen Teilen aufkommen und es finanziell nicht schultern können. Aus der Zahl der Empfänger könne sich also nicht ableiten lassen, dass auch die Zahl der Sozialbestattungen an sich zugenommen habe.

Die Ausgaben für die Armenbegräbnisse bewegen sich seit mehreren Jahren auf einem ähnlichen Niveau, wie aus den Zahlen des Statistischen Landesamts hervorgeht. 2010 gaben die Kommunen im Südwesten 5,1 Millionen Euro für Sozialbestattungen aus. 2012 waren es 4,9 Millionen Euro und in den vergangenen beiden Jahren je rund 5,4 Millionen Euro.

Bestattungsort und -art auch bei Sozialbestattungen frei wählbar

„Der Leistungsumfang bei einer Sozialbestattung ist im Vergleich zu einer gewöhnlichen Bestattung reduziert“, sagt der Generalsekretär und Pressesprecher des BDB, Rolf Lichtner. Es gebe allerdings „einen Katalog mit Punkten, die unverzichtbar sind für eine würdevolle Bestattung“. Demzufolge haben die Angehörigen das Recht, den Bestattungsort und die Bestattungsart – Feuer- oder Erdbestattung – frei zu wählen. Außerdem haben sie Anspruch auf eine angemessene Trauerfeier.

Die Vorstellungen, was angemessen ist – und was nicht –, können jedoch von Sozialamt zu Sozialamt variieren. Die Grenze ist nicht eindeutig definiert. „Dass eine Trauerfeier mit 500 Personen nicht übernommen wird, ist klar“, sagt Lichtner. Doch häufig reicht die finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand nur zu einem ganz schlichten Modell eines Holzsargs, vielerorts fällt der Blumenschmuck zudem alles andere als üppig aus. „Sozialbestattungen sollen kostengünstig sein, aber eben auch würdevoll und ethisch vertretbar“, sagt Lichtner, „sie dürfen nicht zu Veranstaltungen verkommen, wo der Leichnam nur noch entsorgt wird.“