Museumsleiterin Ursula Teutrine hat viel Zeit in die Ausstellung investiert. Foto: Sachsenmaier

Eine neue Sonderausstellung im Fellbacher Stadtmuseum zeigt an vielen Beispielen Besonderheiten und skurrile Seiten der deutschen Sprache auf. Die Museumsbesucher können Tischfußball mit Wörtern spielen und ihre Handschrift hinterlassen.

Sprache begleitet uns – in allen Lebenssituationen. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Sie bildet unseren Alltag ab, unser Lebensumfeld, unsere Gewohnheiten, zeigt unsere emotionale Seite, gibt Zugang zu Fachgebieten, spezifiziert regionale Traditionen und so individuell und vielschichtig wie ihre Anwender und Anwendungsgebiete. Sprache ist ein Allrounder, ständig im Wandel und gleichzeitig extrem beständig. Sie vermittelt Zugehörigkeit und öffnet neue Horizonte. Sprache kann Heimat und Nähe bedeuten, sie befremdet und kann Hürden entstehen lassen.

Im Fellbacher Stadtmuseum wird in der neuen Sonderausstellung „Deutsch ist beautiful“ versucht, diesen Satz zu bekräftigen, die vielen Facetten der deutschen Sprache aufzuzeigen, zu hinterfragen und spielerisch mit ihr umzugehen. Stoff für eine spannende Ausstellung mit teils unerwarteten, teils selbstverständlichen Komponenten, die die deutsche Sprache ausmachen.

Es geht um vergessene Worte und Neuschöpfungen

Die Ausstellung nähert sich der deutschen Sprache aus unterschiedlichen Richtungen und widmet sich ihren Besonderheiten auf hintergründige und amüsante Art. Es geht um eingewanderte und adoptierte Begriffe, um vergessene Worte und Neuschöpfungen, um die Möglichkeit, Wörter zusammenzusetzen und mit Satzzeichen Akzente zu setzen und Aussagen zu modifizieren.

Entstanden ist die Ausstellung zusammen mit dem Bamberger Germanist und Sprachforscher Rolf-Bernhard Essig, vielen ist sein Name noch von der Ausstellung im Stadtmuseum über Redensarten, die dort im November 2018 eröffnet wurde.

Dem Titel „Deutsch ist beautiful“ fügt Essig den Untertitel „eine Liebeserklärung an unsere Sprache“ hinzu. Ein Hinweis darauf, dass er die positiven, oft auch skurrilen Seiten der deutschen Sprache herausarbeitet. Man begegnet ihnen täglich. Keine andere Sprache ermöglicht Ziehharmonikaworte wie zum Beispiel „Schwabenlandhallentiefgarage“. Spätestens hier, wenn nicht schon im Vorfeld bei der als schwierig empfundenen Grammatik mit vier Fällen und drei Artikeln, schütteln Ausländer den Kopf.

Es gibt die Kindersprache und die Sprache, die beispielsweise in der Werbung zugespitzt wird. Es gibt Fachausdrücke, etwa in den Naturwissenschaften und im Handwerk, es gibt den lyrischen, wortmalenden Ansatz und die reduzierte Jugendsprache, die bei Short-Messages, Instagram, Facebook und Whatsapp nur ein ganz spezielles, neues Vokabular zulässt. Wer nicht in diesen Medien unterwegs ist, kennt diese Wortwahl nicht. Eine Welt für sich. Ist das der Weg in die Zukunft der deutschen Sprache? Schüler der Auberlen-Realschule haben dafür News, die sie untereinander elektronisch austauschen, zur Verfügung gestellt. Sie sind im Obergeschoss des Stadtmuseums zu sehen, zusammen mit einem Filmbeitrag, den der Fellbacher Künstler Savvas Grammatikopoulos eigens für die Ausstellung gedreht hat und dabei auf Gender-Sternchen und mehr eingeht.

Sprache und Schrift sind ein nahezu unzertrennliches Paar

Sprache und Schrift sind ein nahezu unzertrennliches Paar. Schon im Foyer wird das deutlich: Lange Textbanderolen schälen sich dort aus manuellen Schreibmaschinen heraus, die aus verschiedenen Epochen stammen. Im großen Raum daneben gibt es Bilderrätsel, Hinweise auf Fachwörter, Ausflüge in die Geschichte der deutschen Sprache und den Hinweis auf Worte, die wir als Deutsch empfinden, die aber „eingewandert“ sind, etwa die Marmelade, der Bikini und andere. Man kann Tischfußball mit Wörtern spielen und seine Handschrift hinterlassen. T-Shirts wurden mit Redensarten aus vergangenen Jahrhunderten, als etwa das Mittelhochdeutsche angesagt war, bedruckt und man darf sich über seltsame Worte wundern – und schmunzeln. Wie so oft in der Ausstellung, die heiter daherkommt, ohne oberflächlich zu sein, die nachdenklich macht und Denksportaufgaben stellt, die als „Liebeserklärung an die deutsche Sprache“ verstanden werden will und gleichzeitig deutlich darauf hinweist, dass wir sorgsam mit diesem besonderen Gut umgehen sollten.

Die Ausstellung mit didaktischem Anspruch zeigt, wie schön Sprache sein kann, wie wichtig der wertschätzende Umgang mit ihr ist und dass Deutsch eine tolle Sprache ist, die viele Möglichkeiten bietet und aktuell einen enormen Wandel erlebt, nicht unbedingt zu ihrem Vorteil. Katrin Schlüsener hat sich die Gestaltung der Ausstellung und Umsetzung der Themenschwerpunkte ausgedacht und dazu recycelbare Wabenpappe verwendet, die Schriftzeichen sind in Weiß.

Unterstützt wurde sie von Judith Hülsmann-Braig. Fabio Böhme, Azubi in einer Fellbacher Schreinerei, hat die Holzarbeiten gefertigt, etwa den Bereich, der dem Tischfußball nachempfunden ist und wo man Rätsel lösen darf. Luis Widmann, er absolviert gerade seinen Bundesfreiwilligendienst im Museum, hat den Bereich Fachsprache bestückt. Museumsleiterin Ursula Teutrine hat mit der Vorbereitung der Ausstellung bereits vor zwei Jahren begonnen. Es gibt wieder ein umfangreiches Begleitprogramm mit museumspädagogischen Angeboten – Workshops, Vorträge und Führungen –, das in einem Flyer, der unter anderem beim i-Punkt in Fellbach ausliegt, zusammengefasst ist. Der Eintritt in die Ausstellung, die bis zum 16. Juni gezeigt wird, ist frei.