Jessica, Pascal und Janushan haben die Produkte ihrer Schülerfirma zusammen mit vier Klassenkameraden entworfen. Foto: Leonie Hemminger

Sieben Jugendliche des Solitude-Gymnasiums vertreiben über eine Schülerfirma Karten und Taschen.

Stuttgart-Weilimdorf - Jessica, Pascal und Janushan haben eine Marktlücke entdeckt: Postkarten mit Motiven aus Weilimdorf. Rund 1500 Stück mit selbstgeschossenen Fotos vom Löwen-Markt, vom Schloss Solitude und von der Oswaldkirche haben sie in Druck gegeben. Für einen Euro das Stück verkaufen sie die Postkarten in örtlichen Schreibwaren- und Buchladengeschäften, bei Schulveranstaltungen und demnächst auch auf dem Wochenmarkt. „Es gibt bisher nur Postkarten mit den typischen Bildern aus Stuttgart, dabei ist Weilimdorf ja ein nettes Dörfchen“, sagt Jessica Bieniek.

Die 17-Jährige ist Geschäftsführerin der Schülerfirma Picreative. Zusammen mit sieben Mitschülern hat sie den nicht-rechtsfähigen Verein zu Beginn des Schuljahres gegründet. Das Projekt basiert auf dem Programm „Junior“ des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, das an Schulen in ganz Deutschland durchgeführt wird. Die Jugendlichen sollen dabei Grundprinzipien unternehmerischen Handelns erlernen und Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge entwickeln. Für die Elftklässler des Solitude-Gymnasiums ersetzt das Projekt, über das sie auch eine Facharbeit schreiben müssen, die mündliche Abiturprüfung.

Am Ende des Schuljahres wird die Schülerfirma geschlossen

Neben Postkarten vertreibt die Schülergruppe für vier Euro das Stück auch selbstbedruckte Jute-Taschen. „Die sind praktisch und kommen vor allem bei Lehrern gut an“, sagt Jessica. Bislang gibt es drei verschiedene Motive: einen Anker oder die Worte „Liebe“ und „Freundschaft“ in Tamilischen Schriftzeichen. Diese kommen aus Sri Lanka, wo auch Janushan seine Wurzeln hat. „Wir fanden, dass das eleganter aussieht als deutsche Schrift“, sagt Pascal, der sich um das Marketing kümmert. Dass ein Firmenmitglied die exotischen Schriftzeichen beherrscht, habe man als Geschäftsvorteil der Firma erkannt, erklärt der 17-Jährige geschäftstüchtig.

Organisiert ist die Gruppe in Form einer Aktiengesellschaft. Im Familien- und Freundeskreis haben die Gymnasiasten nach Anteilseignern gesucht. Das Ergebnis: 90 Personen waren bereit, zehn Euro zu investieren. Zusammen mit Sponsorengeldern in Höhe von 350 Euro kam so das nötige Startkapital zusammen.

Am Ende des Schuljahres wird die Schülerfirma wieder geschlossen. Bei der abschließenden Hauptversammlung sollen die Anteilseigner wieder ausbezahlt werden. „Entweder mit mehr oder mit weniger Geld als sie investiert haben“, erklärt Janushan. „So wie’s aussieht, wird’s aber auf jeden Fall mehr sein.“ Schließlich würden die Produkte gut nachgefragt. Und im Gegensatz zu anderen Schülerfirmen, die ihr Vermögen laut Jessica gerne auch mal für Firmenhandys ausgeben, versuchen die Solitude-Schüler, mit dem ihnen anvertrauten Geld vernünftig zu wirtschaften.

Entscheidungen werden immer gemeinsam gefällt

Obwohl die Arbeit rund um Picreative viel Aufwand bedeutet, sind Jessica, Pascal und Janushan froh über die Erfahrungen, die sie machen. „Ich dachte mir, es kann vielleicht für später nützlich sein, wenn man mal in ein Firmenleben rein schnuppert und die Arbeitsschritte einer Marketingabteilung kennenlernt“, sagt Pascal. Korrekt zu arbeiten und auf jedes Detail zu achten, fasziniert Janushan. „Man lernt, wie es ist, wenn man von oben mit Vorschriften eingeschränkt wird. In unserem Fall von Junior, später von anderer Stelle“, meint der 17-Jährige.

Jessica reizen die Disziplin und das Organisationstalent, die allen Teilnehmern abverlangt werden. Als Geschäftsführerin fühlt sie sich von den fünf anderen Jungs Ernst genommen. „Ich kriege viel Unterstützung“, meint sie. Sie stehe in der Hierarchie aber ohnehin nicht über den anderen, Entscheidungen würden immer gemeinsam gefällt. Auch dann, als einer aus der Schülerfirma entlassen werden musste, weil er die Sache nicht Ernst nahm und die Termine nicht einhielt.

Und die Jungs, wie sehen die es, eine Frau an der Spitze ihrer Firma zu haben? „Wir haben sie ja gewählt“, sagt Janushan und lacht. Pascal fügt hinzu: „Die Aufgabe wollte sonst keiner von uns machen.“