Foto:  

Was macht drei mal Vier? Rekord! Die Fantastischen Vier füllen bis Sonntag dreimal die Schleyerhalle – dafür gab’s am Freitag bereits den Soul Out Award. Willkommen daheim!

Stuttgart - Der Jubel war ohrenbetäubend. „Ich glaub’ es einfach nicht, dass wir hier spielen“, rief Thomas D. ins Mikrofon und flippte aus, weil sich für ihn und seine Jungs soeben das Tor geöffnet hatte für eine neue Dimension.

Nein, dieses Zitat stammt nicht von Freitagabend, nicht vom ersten der drei Konzerte, die das Quartett auf seiner „Rekord“- Tour zum 25-Jahr-Dienstjubiläum in der Schleyerhalle gegeben hat. Derart hin und weg war Thomas D. bereits vor 21 Jahren an derselben Stelle. Der 23. Dezember 1993 ist ein historisches Datum in der Geschichte der Pop-Arena. Am Tag vor Heiligabend waren die Fantas die erste heimische Band, die in der 1983 eröffneten Schleyerhalle als Topact spielte. Der Tourtitel lautete „Vierte Dimension“ – es war das Jahr nach „Die da“. Konzertkritiker Martin Cyris schrieb über das denkwürdige Konzert in den Stuttgarter Nachrichten: „Den Sound-Problemen in der Halle, den oftmals dumpf- übersteuerten Bässen zum Trotz kämpft sich das Quartett mit ausstrahlender Energie und verkörpertem Spielwitz zum Publikum durch.“ In der Zugabe gab’s dann „Die da“.

Stuttgaaart, daheim ist’s doch am schönsten! Was geht 21 Jahre nach dem ersten Riesenhallenwahnsinn? So viel, wie dies zuvor auf dieser Bühne Tina Turner, Phil Collins und Pur geschafft haben – dreimal nacheinander volles Haus! Spötter sagen, damit seien die Fantas auf einer Stufe mit der Kelly-Family angekommen. Denn das irische Haarwunder hat Ende der 1980er ebenfalls dreimal die Schleyerhalle nacheinander voll gemacht. Doch bitte, unsere Vier rappen immer weiter, während die Mitglieder der Kelly-Großfamilie allenfalls getrennt voneinander wimmern. Unsere Jungs sind noch am Drücker. „Wir sind heute gesünder“, sagt Smudo, „früher haben wir vorm Auftritt geraucht und getrunken.“

Nach dem Konzert in der ausverkauften, 12 000 Personen fassenden O2-Halle in Hamburg schrieb vor wenigen Tagen das „Hamburger Abendblatt“: „Die Fantas sind nicht alt zu kriegen! “Warum auch sollte man die Fantas alt kriegen? Jung alt werden oder alt jung bleiben – kann jeder so machen, wie er kann. Um im demografischen Wandel nicht unterzugehen, muss man mehr bieten als Altersringe. Ist es nicht altersdiskriminierend, wenn man unentwegt erwähnen muss, dass 45-jährige Männer noch nicht schlapp machen? Dass sie nicht mit dem Rollator über die Bühne rollen? Ja, sie hüpfen und singen dabei: „Thomas, Smudo, Andy, Michi rocken die gesamte City.“

Dieser Reim stammt aus „25“, dem neuen Hit zur Legende. Bis zur Rente mit 67 müssen die Vier schon noch ordentlich ranklotzen. Es gilt, den wahren und ultimativen Schleyerhallen-Rekord zu holen. Der gebührt bisher Peter Maffay, der 40-mal mit seiner Band oder mit „Tabaluga“ hier am Neckar aufgetreten ist, und der Peter wird nächstes Jahr 66. Vor ihrem ersten Auftritt überreichte am Freitag Andreas Kroll, Chef von in.Stuttgart, den Fantas den „Sould-out Award“, den Ausverkaufsorden (auch wenn es für Sonntag noch Karten gibt).

Drei mal Fanta Vier: Die Schleyerhallen-Triologie löst Rückblenden im Kopf aus. Der DJ und heutige Medienberater Frank Ilg, der 1979 damit begonnen hat, im Oz aufzulegen, erinnert sich etwa an Konzerte der vier Jungs vor 120 Zuhörern in einem Bierzelt in Waiblingen. In den Anfängen lieferte Ilg, der nebenher noch ein Modelabel betrieb, den Fantas die Bühnenoutfits – schwarze Lederjacken. „Sie haben sich dafür in ihren Plattencovern bei mir immer bedankt“, sagt er und freut sich noch heute darüber. Im Club Paris im Bosch-Areal hat Ilg am Freitagabend seine „Disco-Legenden“-Party gefeiert. Dort wollten die Fantas nach dem Schleyerhallen-Auftritt in der Nacht zum Sonntag ihre After-Show-Party feiern. Doch weil das Paris auch da ausgebucht war, hat sich die Band an einem streng geheim gehaltenen Ort eingemietet. Es werden alte Freunde und die Familie kommen, die in Stuttgart leben. Und die haben wenig vergessen.

Vergessen haben sie das Jahr 1999 bestimmt nicht. Da wollten die Fantas ihren 15. Geburtstag mit einem Gratis-Open-Air-Festival in Stuttgart feiern – und obendrein auf die Sonnenfinsternis einstimmen. Doch die Stadt schaffte es nicht, ein Festivalgelände dafür zu finden. Im Gespräch waren der Schlossplatz, die Mittleren Schlossgartenanlagen und das Gelände des heutigen Milaneo – auf nichts konnte man sich einigen. Manager Andreas Läsker, der Bär, sagte damals den Stuttgarter Nachrichten: „Stuttgart hat das Glück, bei der Sofi im Epizentrum des Geschehens zu liegen, viele junge Menschen sind hier. Und die Stadtverwaltung bekommt noch nicht einmal ein Popkonzert zustande. Typisch Stuttgart.“

Auch ein Oppositionspolitiker im Landtag wetterte. „Die Stadt Stuttgart präsentiert sich kulturpolitisch als hinterwäldlerisch und altbacken“, protestierte der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sein Name: Fritz Kuhn. Heute ist er Stuttgarts OB.