Hat einiges vor in diesem Winter: Alpin-Rennläufer Fritz Dopfer Foto: dpa

Er stand achtmal auf dem Podium im alpinen Ski-Weltcup, bei der WM holte er Silber im Slalom – was Fritz Dopfer aber nach wie vor fehlt: ein Sieg. „Ich will mir auch das erarbeiten“, sagt der 28-Jährige im Interview.

Stuttgart -

Herr Dopfer, am Wochenende beginnt der alpine Ski-Weltcup. Was macht Ihr Rücken?
Danke, so weit geht es mir wirklich gut. Auch der Rücken passt wieder.
Er scheint bei den deutschen Skirennläufern aber eine empfindliche Stelle zu sein. Felix Neureuther musste deswegen lange pausieren, Sie hatten Probleme in der vergangenen Saison . . .
. . . ja, das stimmt schon, der Rücken ist generell bei Slalom- und Riesenslalomfahrern eine Problemzone, da in diesen Disziplinen die Haltemuskeln in diesem Bereich sehr beansprucht werden. Da ist nach einigen Jahren einfach ein gewisser Verschleiß und oft auch eine Reizung vorhanden.
Wie gehen Sie damit um?
Man muss sich einfach damit arrangieren – und die Muskulatur im Bereich der Wirbelsäule so gut aufbauen, dass sie die Schläge abfedern kann. Für mich bedeutet das: Jeden einzelnen Tag Krafttraining, es muss immer eine Spannung da sein, der Muskel darf sich nicht zurückbilden.
Felix Neureuther hat selbst das nichts gebracht, er musste in diesem Sommer lange pausieren.
Soweit ich weiß, hatte Felix ja auch schon zwei Bandscheibenvorfälle. Davon bin ich – Gott sei Dank – noch weit entfernt. Ich bin gut durch die Vorbereitung gekommen, fühle mich körperlich topfit und kann mich voll und ganz aufs Skifahren konzentrieren. Das ist dann fast schon die halbe Miete. Technisch wurde es zuletzt auch von Tag zu Tag besser, daher gehe ich davon aus, dass ich am Sonntag absolut konkurrenzfähig am Start stehen werde.
Sie sind immerhin der aktuelle Vizeweltmeister im Slalom.
(Lacht) Stimmt, und auch abgesehen davon war die vergangene Saison nicht völlig verkehrt, ich war mit meinen zwei Disziplinen ja sogar Fünfter im Gesamtweltcup.
Aber?
Ich habe trotzdem versucht, mich in der Vorbereitung auf die neue Saison weiterzuentwickeln. Nach dem Weltcup-Finale ging es noch einen Monat lang weiter: Materialtests, Techniktraining, Physiotherapie . . .
Je besser man fährt, desto schwieriger ist es, noch Potenziale zu finden.
Die Schritte werden kleiner, das stimmt, dafür erfordern sie umso mehr Arbeitszeit. Ich finde, das macht die ganze Sache aber auch umso interessanter. Mir macht es Spaß, immer noch was herauszukitzeln. Wenn man immer nur alles macht wie bisher, dann bleibt man stehen. Ich bin dagegen sicher, dass ich mich noch einen Schritt nach vorne bewegt habe. Allein beim Material gibt es so viele Stellschrauben, an denen man drehen kann.
Man kann sich aber auch im Detail verlieren.
Klar, die Gefahr besteht, dass man sich zu sehr auf das Material fixiert und darüber die Technik außer Acht lässt. Das ist aber von Typ zu Typ unterschiedlich, da muss jeder seinen eigenen Weg finden.
Das ist ein gutes Stichwort. Der Weg, den Sie gehen, beinhaltet nicht nur Skifahren.
Nein, ich habe Ende 2014 meine Bachelorarbeit geschrieben . . .
. . . und hätten sich danach ganz auf den Sport konzentrieren können.
Das habe ich den Winter über auch gemacht. Ich habe dabei aber auch gemerkt, dass mir was abgeht. Also habe ich im Frühjahr geschaut, welche Möglichkeiten es gibt, weiter nebenbei zu studieren. Seit April absolviere ich nun ein Masterstudium in Immobilienwirtschaft.
Ist das nicht eine zusätzliche Belastung?
Ich habe schon immer versucht, zwei Standbeine zu haben. Wenn man nur eine Sache hat, läuft man Gefahr, sich zu vergaloppieren, man ist dann vielleicht zu verkopft. Mir tut diese Abwechslung gut, ich bin sogar überzeugt, dass beide Seiten voneinander profitieren.
Zeit und Energie sind aber endlich.
Schon. Aber es ist doch auch so: Man kann seinen Körper täglich nicht mehr als rund sechs Stunden körperlich beanspruchen. Also bleibt noch genügend Zeit für das Studium – und ganz andere Dinge. Das ist eine Frage der Organisation. Doppelgleisig zu fahren hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Und ich finde, man sollte einen eingeschlagenen Weg nicht verlassen. Also ziehe ich das weiter so durch.
Die Silbermedaille bei der WM hat Sie vermutlich zusätzlich bestätigt.
Am Anfang war dieser Erfolg gar nicht greifbar für mich, es hat gedauert, bis ich das realisiert habe. Dann habe ich diese Medaille tatsächlich als große Bestätigung empfunden – und ich war auch dankbar dafür, dass sich der ganze Schweiß, die ganze Arbeit gelohnt haben. Wenn es in der Vorbereitung in den vergangenen Wochen dann wieder ans Eingemachte ging, wenn es richtig hart wurde, dann hat mir der Gedanke daran zusätzliche Motivation gegeben.
Achtmal standen Sie im Weltcup auf dem Podest, bei der WM war es die Silbermedaille. Sie haben sich aber noch was offengelassen . . .
(Lacht) Ja, ich weiß, ein Sieg fehlt mir nach wie vor, und natürlich ist es ein großes Ziel von mir, den zu erreichen.
In dieser Saison?
Egal wann, egal wo, egal wie. Aber man muss das auch relativieren. Erst zuletzt habe ich mir meine zwei Läufe vom Riesenslalom in Meribel am Ende der vergangenen Saison angeschaut. Das waren, wie zu anderen Gelegenheiten auch, geniale Leistungen. Darauf bin ich sehr stolz. Es gab aber bisher immer jemanden, der noch schneller war am jeweiligen Tag. Ich werde also weiter hart arbeiten, um auch diesen letzten kleinen Schritt in meiner Entwicklung zu gehen.
Wer Ihre Entwicklung verfolgt, für den wäre ein Sieg in der kommenden Saison eine logische Folge.
So etwas gibt es, glaube ich, im Leistungssport nicht. Aber klar, ich hoffe darauf, ich will mir auch das erarbeiten. Dafür stehe ich jeden Morgen auf und versuche, das Beste aus mir herauszuholen. Ich lasse mich dabei aber nicht aus der Ruhe bringen.
Das bekommt auch Ihr Teamkollege Felix Neureuther immer bestens hin – trotz langer Pause.
Aber er ist schon wieder auf dem aufsteigenden Ast und im Training sehr schnell. Und es ist ja nicht so, dass er nicht trainiert hat. Der Felix ist schon sehr fleißig, er ist aber auch ein Typ, der nicht viele Skitage benötigt, um wieder ganz nach vorne zu kommen. Wenn er eine Startnummer überzieht und im Starthaus steht, ist allen klar: Dann kann er auch den Turbo zünden.