Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech hält bei den Ermittlungen zum Amoklauf vor vier Wochen an seiner Verschwiegenheit fest und wurde dafür erneut von der Opposition kritisiert.

Stuttgart - Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech hält bei den Ermittlungen zum Amoklauf vor vier Wochen an seiner Verschwiegenheit fest. Der CDU-Politiker verteidigte am Mittwoch nach einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag seine zurückhaltende Informationspolitik und wurde dafür erneut von den Oppositionsfraktionen SPD und Grüne kritisiert. Zweifel, ob der 58-jährige Ressortchef dem Amt noch gewachsen sei, wurden jedoch nicht mehr laut.

"Wir erheben ausdrücklich keine Rücktrittsforderung", sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Ulrich Sckerl, betonte aber zugleich: "Die Sache ist noch nicht ausgestanden." Für die SPD kritisierte Reinhold Gall, Rech habe das Gespür für die Bedeutung des Parlaments vermissen lassen. Der Minister sei verpflichtet, den Landtag über so wichtige Vorgänge zu unterrichten. Schließlich tage der Innenausschuss hinter verschlossenen Türen und sei zur Geheimhaltung verpflichtet. Aufklärungsbedarf sieht Gall auch noch beim Einsatz eines Polizeihubschraubers, der Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) am Tag des Amoklaufs von Mainz nach Winnenden brachte.

Rech steht im Kreuzfeuer der Kritik, weil er dem Ausschuss am 1. April neue Erkenntnisse zur Schlussphase des Amoklaufs vorenthalten hatte. Dazu sagte er nun, am Tag der Sitzung in der vergangenen Woche seien viele Einzelheiten zu der Bluttat in Wendlingen noch nicht klar gewesen: "Bereits am 2. April kamen weitere nicht unwesentliche Informationen dazu." Deshalb habe er seinerzeit dem Gremium auch nicht darüber berichtet. Am vergangenen Wochenende war bekanntgeworden, dass die Polizei den jugendlichen Täter in Wendlingen (Kreis Esslingen) schon in beide Beine geschossen hatte, bevor dieser in ein Autohaus fliehen konnte und dort zwei weitere Menschen tötete.

Rech betonte, die Nutzung des Helikopters durch Oettinger habe die Sicherheitskräfte in keiner Weise behindert: "Für diese Maschine bestand keine taktische Einsatzaufgabe." Der Hubschrauber sei weder für den Transport von Beamten des Sondereinsatzkommandos vorgesehen noch mit den nötigen Spezialeinrichtungen für die Fahndung ausgerüstet gewesen. Auch das Bereitschaftspolizeipräsidium teilte mit, beim Transport von Sondereinsatzkräften und bei der Verfolgung des Amoktäters hätten stets genügend Hubschrauber zur Verfügung gestanden.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Rainer Christ bestätigte der dpa einen Bericht der "Stuttgarter Zeitung", wonach seine Behörde dem Minister keineswegs untersagt habe, das Parlament oder das Landeskabinett über den neuen Ermittlungsstand zu unterrichten. Er fügte hinzu: "Es hat uns auch nie jemand gefragt." Der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Siegfried Mahler sagte, nach seiner Überzeugung müsse nach der Weitergabe von derartigen Erkenntnisse an Regierungs- oder Parlamentsgremien auch relativ bald die Öffentlichkeit informiert werden. Der Innenausschussvorsitzende Hans Georg Junginger (SPD) wertete dies als Misstrauen gegenüber den Ausschussmitgliedern und betonte, die Pflicht zur Verschwiegenheit werde stets eingehalten.

Die Koalitionsfraktionen CDU und FDP sprangen dem Minister zur Seite. Thomas Blenke (CDU) plädierte dafür, die Ermittlungen nicht mit andauernden politischen Diskussionen zu überlagern. Polizei und Staatsanwaltschaft müssten die sehr komplexen Ermittlungen in aller Sorgfalt und Ruhe führen können. "Eine politische Bewertung ist dann möglich, wenn ein gesichertes Ergebnis vorliegt."

Auch Hagen Kluck (FDP) rief dazu auf, zur sachlichen Aufarbeitung des schrecklichen Geschehens zurückzukehren. Er mahnte auch, es dürfe nicht dazu kommen, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft für Fehler bei der Aufklärung den schwarzen Peter zuschieben.