Der Rapper Sido war gut drauf bei seinem Konzert in Stuttgart – genau wie das anwesende Publikum. Ein Berliner zu Gast in der schwäbischen Hip-Hop Metropole.
Stuttgart - Rot ist die Farbe. Die roten Hoodies sieht man überall im Saal, am Montagabend. Eine kleine Bühne steht quadratisch im Menschenmeer, in sattrotem Licht. Auf ihr, an seinen Pulten: DJ Desue. Die Hauptbühne liegt gegenüber, ein größeres Quadrat, das eine Ecke in den Saal hinausstreckt. Sido ist da – „Tausend Tattoos“ heißt seine Tournee. Er steht alleine im großen Quadrat. Die Porsche-Arena ist ausverkauft. Nun ist Weiß die Farbe, Strahler schießen grell zitternd aufwärts. Die Beats lassen den Hallenboden zittern. Und sie tun ihm den Gefallen, die 6200 Stuttgarter Fans: „Alle Hände hoch!“
Sido gehört zu den erfolgreichsten deutschen Rappern nach der Jahrtausendwende. Er trägt die Straße vor sich her, wurde groß auf dem Label Aggro Berlin, steht immer wieder noch mit Kool Savas auf der Bühne, singt heute aber auch ganz gerne mit Andreas Bourani oder gar Mark Forster. Sidos jüngstes Album „Ich & keine Maske“ kam im September auf den Mark – für die einen ist es ein Sündenfall, für die anderen ein Geniestreich. In Stuttgart ist die Stimmung bei Sidos Konzert groß: die neuen Songs werden gefeiert, die alten erwartet. „Astronaut“, die Popsingle, die Sido vor vier Jahren mit Bourani aufnahm, kommt spät und versetzt die Halle in einen Rausch.
Sido singt von Bildern in seinem Kopf
Sido ist gut drauf an diesem Abend, das erfahren die Fans ein bisschen später persönlich von ihm, nachdem sie es schon lange gespürt haben. Er würde gerne Wodka trinken, er liebt sogar die Porsche-Arena – weil er in ihr so nahe bei seinen Fans sein kann. Er singt von den Bildern in seinem Kopf („In meinem schwarzen Album mit dem silbernen Knopf“). Bilder auf den Wänden hinter ihm kommen dazu, Himmelsszenen, Nebel, und Sido rappt mit großem Pathos seinen letzten Willen, sein Testament: „Vergib mir, ich hab‘ viel Scheiße gebaut. Egal, ha.“ Dann singt er „Lass uns leben vor dem Tod“, ein Stück vom neuen Album, und die ganze Halle singt mit.
Bald ist Sido draußen, auf dem kleinen Quadrat, bekommt dort Gesellschaft. Früh schon rappt er auf der Hauptbühne mit Harris, dem Rapper aus Kreuzberg, mit dem er sich vor 15 Jahren zum Duo „Deine Lieblingsrapper“ zusammenschloss; später sind Bozza, Estikay, Beka und Yonii bei ihm. Dann wieder steht der Mann mit der roten Schirmmütze, der eigentlich Paul Hartmut Würdig heißt und am Samstag 39 Jahre alt wird, im großen Quadrat und stellt seinen Sohn vor, 19, der nun für ihn Schlagzeug spielt.
Zwei Stunden dauert das Konzert
Zwei Stunden wird Sidos Konzert dauern. Es ist ein langer Abend, mit diesem gut gelaunten, engagierten, ironischen, derben, ehrlichen Rapstar, seinen Hymnen, seinen Gästen. Zuletzt bringt Sido sein schmutziges Stück. Er stellt Stuttgart vor die Wahl, und Stuttgart will ihn hören, diesen Song, unbedingt. Die Porsche-Arena liebt Sido zurück.