Christian Dior (Ben Mendelsohn) führt Frankreich modisch in ein neues Zeitalter. Foto: AppleTV+

Ben Mendelsohn, Juliette Binoche, John Malkovich: Mit hochkarätiger Besetzung begleitet die Serie die Modeikonen Christian Dior und Coco Chanel samt Weggefährten durch die Kriegs- und Nachkriegszeit. „The New Look“ ist damit viel mehr als eine Serie über Mode.

Der Hörsaal der Pariser Sorbonne ist brechend voll. Modestudierende aus der ganzen Welt sind angereist, und alle warten nur auf einen: Christian Dior (Ben Mendelsohn). Der französische Modeschöpfer hingegen zieht es vor, sich in einem Büro der Hochschule von einer Wahrsagerin die Karten legen zu lassen. Dior galt als schüchterner, feinsinniger Mann, und als diesen zeigt ihn die neue Serie „The New Look“, die jetzt beim Streaminganbieter AppleTV+ startet. Das Offensichtliche vorweg: Die Serie ist hochkarätig besetzt. Juliette Binoche als Coco Chanel, Ben Mendelsohn als Christian Dior und John Malkovich als Lucien Lelong. Die Liste ließe sich mit zahlreichen Namen fortsetzen – und überzeugen können sie in der Serie alle.

Offizieller Abschied von den Kriegsjahren

Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Todd A. Kessler erzählt in zehn Teilen die Geschichte des Modeschöpfers Christian Dior während des Zweiten Weltkriegs bis zur Gründung seines eigenen Modehauses. Die Serie mündet in der Präsentation seiner ersten Kollektion im Jahr 1947 in der Pariser Avenue Montaigne. Ein Ereignis, das zu den größten der Modegeschichte zählt und ein neues Zeitalter der französischen Couture einläutete. Das ikonische Teil der Dior-Kollektion – eine weiße Bar-Jacke mit ausgestelltem schwarzen Rock – löste eine Sensation aus. Die damals anwesende Chefredakteurin der Modezeitschrift „Harper’s Bazaar“ prägte dafür einen Begriff: New Look. Weite, schwingende Röcke, figurbetonte Oberteile und eine erhebliche Menge an Stoff strahlten Glamour aus. Die Ligne Corolle (Blütenkelch-Linie) wurde deshalb als offizieller Abschied von den Kriegsjahren gefeiert.

Wer davon wenig begeistert war: Coco Chanel. Die berühmte französische Modeschöpferin war ab den 1910er Jahren mit zwar eleganter, aber vor allem auch bequemer Kleidung bekannt geworden. Sie befreite die Frauen vom Korsett und steckte sie stattdessen in weite Hosen und Oberteile aus Baumwolljersey. „Ich habe keine Zeit für Extravaganz“, sagt Coco Chanel (Juliette Binoche) in der Serie.

Die Serie ist aber mitnichten nur eine Geschichte über Mode. Sie gibt zwar Einblicke in die Ateliers und Schneiderwerkstätten, sie zeigt die mit schnellen Strichen gezeichneten Entwürfe Diors und die fließenden Stoffe an den jungen Models – sie zeigt aber vor allem auch, wie der Zweite Weltkrieg und die vier Jahre andauernde Besetzung Paris’ die Stadt und deren Bewohner verändert und geprägt hat.

Juliette Binoche mimt eine entschlossene und kühle Coco Chanel, stets mit einem Hauch Verachtung im Gesicht. Eine Chanel, die opportunistisch durch die Kriegsjahre geht. Während ihr Atelier und ihre Geschäfte geschlossen sind, geht sie eine Liaison mit dem deutschen Spion Hans Günther von Dincklage (Claes Bang) ein. Sie wird als Agentin eingesetzt und soll sich im Auftrag des SS-Geheimdienstchefs Walter Schellenberg (Jannis Niewöhner) für Friedensverhandlungen zwischen England und Deutschland einsetzen. Die berühmte und absurde „Operation Modellhut“ scheitert letztlich. Nach Ende des Krieges wird Chanel als Kollaborateurin festgenommen und flieht schließlich ins schweizerische Lausanne.

Dior wird als Gegenentwurf gezeichnet. Er ist eine leise, sanftmütige Person. Und trotzdem kann er sich der Verbindung zu den Nationalsozialisten nicht erwehren. Als Designer beim Modehaus von Lucien Lelong (John Malkovich) designt er – widerwillig – Ballkleider für die Frauen der Nazis. Er unterhält enge Freundschaften mit anderen aufstrebenden Modeschöpfern seiner Zeit – Cristóbal Balenciaga oder Pierre Balmain. Diors jüngere Schwester Catherine (Maisie Williams) befindet sich in seiner Obhut. Neben seiner Arbeit für Lelong ist sie es, die seine ganze Aufmerksamkeit erhält. Dank der Darbietung des „Game of Thrones“-Stars Maisie Williams ist es vor allem dieser Handlungsstrang, der sich besonders ins Gedächtnis brennt: Catherine wird als Teil des französischen Widerstands festgenommen und in einem Foltergefängnis tage- oder vielleicht sogar wochenlang gequält. Später wird sie ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Eindrucksvoll zeigt Mendelsohn das Bangen des großen Bruders, der entgegen aller Vernunft hofft, seine Schwester nach der Befreiung der Konzentrationslager lebend wiederzusehen. Später wird er sein erstes Parfum – „Miss Dior“ – nach ihr benennen.

Todd A. Kesslers Serie beruht auf wahren Begebenheiten. Er nimmt sich aber die künstlerische Freiheit, Leerstellen zu füllen und Fakten neu zu interpretieren. Am Ende ist „The New Look“ vor allem eines: eine eindringliche und spannend erzählte Fiktion.

The New Look: Die ersten drei von zehn Folgen sind von 14. Februar an auf AppleTV+ verfügbar,dann jeden Mittwoch eine neue Folge.

Porträt eines Modeschöpfers

Designer
Christian Dior ist 1905 in Granville geboren. Nach vielen Jahren als Designer für den französischen Modeschöpfer Lucien Lelong gründete Dior 1946 sein eigenes Modehaus. Schon die erste, ein Jahr später, präsentierte Kollektion war ein großer Erfolg und wurde von der Presse als „New Look“ gefeiert. Das erste Parfum, „Miss Dior“, kam 1947 auf den Markt und gilt bis heute als Klassiker. Dior starb 1957 in Italien.

Schauspieler
Ben Mendelsohn ist 1969 in Melbourne geboren. Seine Karriere begann mit seiner Rolle in der australischen Seifenoper „Nachbarn“. Heute ist er in zahlreichen Hollywoodproduktionen zu sehen. 2016 gewann er für seine Rolle als Danny Rayburn in der Serie „Bloodline“ einen Emmy als bester Nebendarsteller.