Auf einem Feld im Rems-Murr-Kreis war zur Demonstration noch 2012 ein Pferdepflug im Einsatz. Foto: Eva Herschmann

Die Feldarbeit früherer Zeiten bedeutete selbst für die reichen Rossbauern auf den Fildern eine himmelschreiende Schinderei. Im vierten Teil unserer Serie „Was isch au des?“ beschäftigen wir uns mit der mühevollen Bodenbearbeitung.

Filder - Das Kinderlied vom Bauern, der im Märzen seine Rösslein anspannt, erfreut sich so großer Bekanntheit, dass es als allgemeines Kulturgut durchgehen darf. Das Problem ist, dass der beliebte Vers allenfalls die halbe Wahrheit erzählt. Natürlich spannt der Bauer auch im März seine Rösslein an, um Felder und Wiesen instand zu setzen. Aber eben nicht nur. Mit ein wenig pflügen im Frühjahr ist es nicht getan, wenn sich die heimische Scholle in fruchtbares Ackerland verwandeln soll.

Für die Filderbauern jedenfalls stand schon im Herbst der mühevolle Auftakt für die Bodenbearbeitung auf dem Programm. Statt nach der anstrengenden Erntezeit die Füße mal hochlegen zu können, spannten die Landwirte die Rösslein an. Denn wenn die Haible etwas dringend brauchen für ein vorbildliches Wachstum, dann ist das ausreichend Dünger. Und natürlich Dünger. Und nochmals Dünger, je mehr, desto besser. Der Nährstoffbedarf ist gewaltig beim Spitzkraut, die Pflanze wächst und gedeiht am liebsten im Überfluss.

Fuhrwerkweise kam frischer Kuhmist auf die Felder

Also wurde im Herbst mit der Hand am Arm fuhrwerkweise frischer Kuhmist auf den Feldern verteilt und mit dem Stelzpflug oder dem Kurvenpflug in die Scholle eingearbeitet. Nicht in die Humusschicht untergepflügt wurden übrigens die bei der Ernte noch auf dem Feld in Handarbeit entfernten Strünke und äußeren Blätter. Die Krautreste wurden eingesammelt, in den heimischen Stall gefahren und über die Wintermonate als nahrhaftes Viehfutter verwendet. Die harten Strünke hieb der Bauer laut dem Plieninger Zeitzeugen Wilhelm Hertig mit einem Hackmesser auseinander, um sie vornehmlich einem feisten Mastbullen in den Trog zu werfen.

Mit dem Stallmist in der Krume durfte der Boden in den Winterschlaf – und verpackt in idealerweise eine dichte Schneedecke die nötige Kraft für ein neues Pflanzjahr tanken. Spätestens im März, soweit stimmt das Kinderlied, je nach Witterung aber eher noch etwas früher, stand bei den Landwirten der erste Arbeitsgang für die Felder im Frühjahr im Kalender. Mit der Bogenegge wurden die beim Pflügen entstandenen und über den Winter durchgefrorenen groben Schollen auseinandergerissen. Mit der Ackeregge folgte der zweite und meist auch der dritte Arbeitsgang, um mit verschieden geformten Zinken einen möglichst feinkrümeligen Untergrund zu erzeugen.

Schwere Lösslehm-Böden waren eine Herausforderung

Um bei Lesern ohne einen besonders landwirtschaftlich geprägten Hintergrund keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, muss gesagt sein: Im Vergleich zur Arbeit mit einem PS-starken, vollisolierten und womöglich GPS-gesteuerten Hochleistungstraktor moderner Zeiten war die Bodenbearbeitung anno dazumal eine himmelschreiende Schinderei. Wer auch nur mal einen halben Tag hinter einem Gaul durch den Staub gestiefelt ist und versucht hat, das Zugtier auf Linie zu halten, gleichzeitig anzutreiben und im Zaum zu halten, sieht die lehmigen und extrem schweren Böden der Region plötzlich mit etwas anderen Augen.

Dabei waren die Filderbauen als nicht zuletzt durchs Spitzkraut traditionell wohlhabende Landwirte bei ihren Standeskollegen hoch angesehen. „Des isch en Rossbauer“ , hieß es halb ehrfürchtig, halb neidisch über die Familienchefs, die sich ein Pferd leisten konnten, während man selbst nur einen störrischen Ochsen mit dem Pflug im Geschirr übers Feld trieb. Das angespannte Rösslein war ein Status-symbol – nicht mehr und nicht weniger.

Das Rösslein war ein Arbeitshelfer – und ein Statussymbol

Die besonderen Standeszeichen, die sich auch in der Tracht der Filderbauern spiegeln, heben wir uns jetzt aber für eine andere Folge von „Was isch au des?“ auf. Denn noch sind wir bei der Bearbeitung des Bodens: War die Erde immer noch nicht feinkrümelig genug, kamen in weiteren Arbeitsschritten die Saategge und zu guter Letzt der Unkrautstriegel zum Einsatz.

Und: Auch eine zweite Ladung Kuhmist wurde im Frühjahr großflächig auf den für den Krautanbau vorgesehenen Äckern verteilt, allerdings nicht mehr untergepflügt. Lohn der Mühe war ein lockerer Boden, nährstoffgesättigt und bereit für die Saat.

Der Lösslehm auf den Fildern ist übrigens nicht nur fruchtbar, sondern auch bei einem Blick auf den Untergrund anderer Krautanbaugebiete fast eine Besonderheit. Während der Dithmarsche Kohlanbau in Schleswig-Holstein auf Marschböden (also angeschwemmtem Material) bestens gedeiht, findet sich bei Lüneburg ein ähnlich mooriger Sand wie an der Grenze zu Holland. Gemeinsam ist den fürs Kraut geeigneten Böden also nicht unbedingt das Material, sondern in erster Linie ihre wasserspeichernde Kraft.