Rebecca Scheurle lieb ihren Job hoch oben im „Oben“, dem Café im Fernsehturm. Foto: Barnerßoi

Rebecca Scheurle leitet seit Mai das Café und die Bar namens „Oben“ im Korb des Fernsehturms. Sie liebt den Kontakt zu den Gästen aus aller Welt.

Degerloch - Fein säuberlich aufgereiht stehen Dutzende Flaschen verschiedener Spirituosen vor der hohen Glasfront. Dahinter geht es 147 Meter in die Tiefe. Auf den Scheiben der Fenster sind die Entfernungen zu verschiedenen Orten auf der Welt zu lesen. 4047 Kilometer sind es zum Beispiel bis nach Mekka, rund sieben dagegen nur bis zum Kappelberg, der sich deutlich im strahlenden Sonnenlicht am Horizont abzeichnet.

Rebecca Scheurle sitzt an der schwarzen, modern geschwungenen Theke und wirft nur einen flüchtigen Blick hinaus. „Man sieht die tolle Aussicht mit der Zeit nicht mehr“, sagt sie. „Es kommt einem eher wie das Modell einer Eisenbahn-Miniaturwelt vor den Fenstern vor.“ Sechs Tage in der Woche arbeitet die 23-Jährige mit dieser Aussicht in luftiger Höhe. Sie ist die Leiterin des Café- und Barbereichs „Oben“ im Fernsehturm.

„Durch die Touristen ist immer was los.“

Erst im Mai dieses Jahres hat die gelernte Fachfrau für Systemgastronomie die Stelle als Caféleiterin übernommen. Eine kurze Zeit, um wirklich viele Erfahrungen gesammelt zu haben, könnte man meinen. „Ganz im Gegenteil, man erlebt hier so viel. Durch die Touristen ist immer was los“, sagt Scheurle und strahlt. Täglich treffe sie bei ihrer Arbeit auf Menschen aus aller Welt.

Was sie zum Beispiel sehr oft zum Schmunzeln bringt, ist die Frage vieler Besucher, ob sich der Turmkorb denn drehe. „Ich sage dann oft: Wenn Sie ganz schnell rennen, dann dreht er sich vielleicht.“ Auch Heiratsanträge gebe es immer wieder. „Die Männer kommen total nervös hier oben an, und wir vom Team spitzeln neugierig aus der Kaffeeküche, wann es los geht“, erzählt die 23-jährige Bad Cannstatterin.

Rebecca Scheurle genießt an ihrer Arbeit besonders, dass sie quasi zwei Gastrobetriebe in einem hat. Tagsüber ist das „Oben“ ein Café für Touristen und Familien mit Kindern. Auf quadratischen Tischen werden vor allem Kaffee und Kuchen serviert. An schönen Tagen und am Wochenende geht es zu wie in einem Taubenschlag. „Die Leute kommen, trinken, zahlen und gehen. Sie bringen wenig Zeit mit bei ihrer Stadtbesichtigung. Alles muss sehr schnell gehen“, berichtet die Caféleiterin.

„Der Abend hat hier oben einfach mehr Charme“

Abends, wenn es dunkel ist, wird es gediegener – und das „Oben“ zu Stuttgarts höchster Bar auf 483 Metern über dem Meeresspiegel. Die rechteckigen Platten werden von den Tischen genommen, darunter erscheinen runde Bistrotische, das Licht wird gedimmt, eine Discokugel dreht sich, die Aussicht verändert sich zu einem Meer aus Lichtern. „Der Abend hat hier oben einfach mehr Charme“, sagt Scheurle. Das Publikum wandele sich wie der Look des Cafés. „Es kommen viele Paare und auch Stammkunden.“ Viele von ihnen – und das ist der wohl größte Unterschied zum Tagesgeschäft – sind Einheimische.

Zwischen Cafébetrieb und Lounge-Abenden gibt es in Rebecca Scheurles Arbeitsalltag zudem noch das „Dazwischen“ – die Veranstaltungsebene unterhalb des Cafés im Turmkorb. „Ich liebe die Veranstaltungen“, schwärmt die 23-Jährige. Der Kontakt zu den Gästen sei dabei besonders intensiv. Und es mache ihr einfach Spaß, ihnen alle Wünsche zu erfüllen, sei es bei runden Geburtstagen, Hochzeiten oder Firmenfeiern.

Ob Tag oder Nacht, eines sei im Übrigen sehr auffällig, verrät die Caféleiterin. Die Gäste seien – wohl durch die Atmosphäre – weitaus entspannter als anderswo: „Hier oben verzeihen einem die Leute einfach mehr als unten.“