Gefeiert vom Publikum: ein Auftritt der Theater-AG der Waisenhofschule am Schwörtag Foto: Roberto Bulgrin

Drei Tage lang feierten viele tausend Esslingerinnen und Esslinger das Schwörfest, das früher Bürgerfest hieß. Unter anderem präsentierten sich rund hundert Vereine aus der Stadt. Einer der Höhepunkte war auch in diesem Jahr der EZ-Lauf.

Jahr für Jahr – die Coronazeit ausgenommen – lockt dieses Fest viele tausend Besucherinnen und Besucher an, und etliche hundert Menschen sind an seiner Organisation beteiligt: Das Schwörfest in Esslingen ist das größte Bürgerfest im Landkreis. Es gilt als Fest von Esslingerinnen und Esslingern für Esslingerinnen und Esslinger. Deshalb hieß es früher Bürgerfest, einige Besucher nennen es auch Fest der Kulturen.

40 Prozent der Esslinger haben einen Migrationshintergrund

Mehr als vierzig Prozent der Menschen in der 94 000-Einwohner-Stadt haben einen Migrationshintergrund. Auf dem Schwörfest macht sich diese Vielfalt unter anderem an den Ess- und Trinkständen bemerkbar sowie auf den Bühnen, wo Vereine und Gemeinschaften folkloristische Tänze aus ihrer ursprünglichen Heimat zeigten.

Wie die Esslinger Vielfalt aussieht, zeigen zwei Beispiele: Der Kroatische Kulturverein, den es seit 1990 gibt, zählt 160 Familienmitgliedschaften in Esslingen. Bei der Feier engagierten sich fast 100 Frauen und Männer und servierten ihren Gästen Essen und Trinken. Für den Verein ist das Fest die Haupteinnahmequelle. Mit dem Geld finanziert er zahlreiche soziale Projekte, unterstützt unter anderem Alleinerziehende und inzwischen auch Geflüchtete aus der Ukraine. Beim Schwörfest sei man schon lange dabei, sagt die Vorsitzende Marijana Ilic.

Ein ganz anderes Beispiel ist der Verein Blues in Town, den es seit dem Jahr 2008 gibt. Hier geht es, wie der Name schon sagt, vornehmlich um einen Musikstil. Seit dem vergangenen Jahr hat der Verein seine kleine Bühne am Schelztorturm vor dem Wehrneckarkanal. Die Musiker spielten umsonst, so der Vorsitzende Christoph Klein. Auch hier frischen die Einnahmen unter anderem durch den Verkauf von Getränken die Vereinskasse auf.

Stadtlauf mit prominentem Gast

Ein Massenevent am Sonntag ist der traditionelle EZ-Lauf, der Kinder und Erwachsene durch die Esslinger Altstadt führt. Trotz brütender Hitze brauchte der Sieger Ernest Tarus in diesem Jahr weniger als 34 Minuten, um die nicht ganz einfache und teilweise enge Strecke – unter anderem über Kopfsteinpflaster – zu meistern. Einer der Zuschauer war Fußballstar Grischa Prömel, der im Kindesalter einen der EZ-Läufe in seiner Altersklasse gewonnen hatte. Seine Laufbahn als Fußballer begann bei einem Sportverein in Esslingen.

Eröffnet wurde das Schwörfest am Freitagabend vor mehreren hundert Besuchern mit der traditionellen Schwörzeremonie. Hier schworen der Oberbürgermeister und der Gemeinderat, dass sie sich für das Wohl der Stadt einsetzen und sich an Recht und Gesetz halten. Die sogenannte Schwörtagsrede hielt die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, über den „Preis der Ungleichheit“. Sie prangerte die wachsenden Unterschiede zwischen Arm und Reich in Deutschland an.

Oberbürgermeister Matthias Klopfer plädierte für mehr Toleranz, wenn Bewohnerinnen und Bewohner „das Recht auf Ruhe“ an oberste Stelle setzten. Die Innenstadt sei nun mal das „Wohnzimmer“ der gesamten Stadt. Damit spielte er wohl auf eine Debatte an, die seit Jahren in der Stadt geführt wird. Gastronomen und Gäste fordern immer wieder eine großzügigere Sperrzeit. Klopfer legte zudem ein klares Bekenntnis zu einem autofreien Marktplatz ab. „Wer stellt sich eigentlich das Auto daheim ins Wohnzimmer?“ Auch hierzu gibt es in Esslingen eine Debatte, ob Parkplätze auf dem touristisch gefragten Marktplatz noch zeitgemäß seien.

Am Anfang war der Schwur

Damit der Spaß in den etwas kühleren Abendstunden am Freitag und am Samstag nicht zu schnell zu Ende geht, hatte die Stadtverwaltung die Sperrstunde um eine Stunde nach hinten auf 24 Uhr verlegt. Tatsächlich wurde an diesen Tagen auf allen Plätzen bis in den späten Abend gefeiert. In den Gaststätten und Bars der Stadt war die Feierlaune gleichfalls groß. So spielte im randvollen Biergarten des Palmschen Baus traditionell die Esslinger Gruppe Flippmanns und begeisterte ihre langjährigen Fans. Neu in diesem Jahr: Es wurde fast ohne Plastik gefeiert. Für Geschirr und Besteck wurde Pfand genommen.

Eine weitere Neuerung beim Bürgerfest, das seit diesem Jahr Schwörfest heißt: Das Rathaus lud zu einem Tag der Offenen Tür ein. Alle Bürgermeister sowie der Oberbürgermeister standen allen für Gespräche und Selfies zur Verfügung. Zudem präsentierten sich die Bürgerausschüsse und die Stadträte – sie schenkten vor dem Alten Rathaus Cocktails aus.

Die Schwörzeremonie am Freitag

Tradition
 Der Schwur geht auf eine jahrhundertealte Tradition zurück und wird nur in wenigen Städten Deutschlands abgelegt. Er hat keine juristische Bedeutung, gilt aber als wichtiges Symbol der Verbundenheit zwischen Gemeinderat, Stadtverwaltung, Oberbürgermeister sowie Bürgerinnen und Bürgern. Die Zeremonie findet im Schwörhof statt, wo er auch seinen Ursprung hat.

Proteste
 Während der Schwörzeremonie protestierten Klima-Aktivisten der Gruppe Letzte Generation. Sie stellten sich hinter die Stadträte und den Oberbürgermeister und hielten Plakate hoch. Unter anderem forderten sie eine klimaneutrale Stadt bis 2020. Esslingen hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2040 klimaneutral zu sein. Der Protest verlief friedlich und wurde von Polizei und Ordnungsamt toleriert.