Wer war wie an der Schweriner Klimastiftung des Landes beteiligt, die den Bau der Pipeline sichern sollte? Das will nun ein Untersuchungsausschuss herausfinden. Was bisher bekannt ist.
Es ist noch nicht lange her, da wurde Manuela Schwesig als große Hoffnung der SPD betrachtet – als eine, die vielleicht Parteichefin, sogar Kanzlerkandidatin werden könnte. Als eine, die weitermacht, auch wenn der Wind ihr ins Gesicht bläst – so präsentierte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern sich selbst erst 2021 im Wahlkampf. Ihr Traumergebnis gab ihr recht, nur knapp verfehlte die SPD die absolute Mehrheit. Kritik an der damals schon umstrittenen Pipeline Nord Stream 2, die russisches Gas nach Mecklenburg-Vorpommern transportieren sollte, tropfte an der Regierungschefin ab. Inzwischen aber ist Manuela Schwesig massiv unter Druck geraten.
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Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist das Pipelineprojekt gescheitert. Aber in Mecklenburg-Vorpommern geht es um mehr: Hier wirft das Projekt die brisante Frage auf, ob und wie Russland politische Entscheidungen in Deutschland beeinflusst hat. Nun soll ein Untersuchungsausschuss die Vorgänge untersuchen. Ein Überblick:
Was sind die Vorwürfe gegen Schwesig?
Im Mittelpunkt steht die landeseigene „Klimastiftung MV“. Der Hauptvorwurf lautet, dass die Stiftung 2021 vor allem gegründet wurde, um drohende US-Sanktionen gegen die Gas-Pipeline zu umgehen und das Projekt vollenden zu können – und dass die Stiftung hauptsächlich vom staatlichen russischen Konzern Gazprom getragen worden sei. Gazprom ist Miteigentümer der Nord Stream 2 AG. Inzwischen veröffentlichte Dokumente legen den Verdacht nahe, dass der Konzern bei der Gründung der Stiftung aktiv die Fäden gezogen hat. Die Landesregierung soll nach Ansicht der Kritiker die enge Verflechtung mit Gazprom verschleiert haben. Die gemeinnützige Stiftung sollte demnach als eine Art Schutzschirm dienen, unter dem Unternehmen trotz Sanktionen weiter an der Fertigstellung arbeiten konnten.
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Die vom Landtag Anfang 2021 in einer Sondersitzung beschlossene Stiftung hat auch laut Satzung zum Ziel, einen „wirtschaftlichen Geschäftsbereich“ zu gründen, um „einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2“ zu leisten. Gleichzeitig gibt es aber einen gemeinwohlorientierten Bereich. Er soll Maßnahmen und Projekte des Klimaschutzes in Mecklenburg-Vorpommern fördern und durchführen. Kritiker halten diesen Teil des Stiftungszwecks für reine Tarnung. Ins Rollen kam die aktuelle Affäre, nachdem die Plattform „Frag den Staat“ sowie die Zeitung „Die Welt“ die Veröffentlichung Hunderter Seiten Unterlagen vor Gericht erstritten hatten. Im Mailverkehr wird darin zum Beispiel deutlich, dass im Zuge der Stiftungsgründung Vertreter von Nord Stream 2 für die Formulierung der Satzung konsultiert wurden. Die Opposition kritisiert, dass die finanzielle Ausstattung und die Beteiligungsverhältnisse am Geschäftsbetrieb bis heute unklar seien. Sie wirft der Landesregierung auch vor, gegen die Zusicherung verstoßen zu haben, dass die Stiftung nicht direkt am Bau der Pipeline beteiligt sei. Ein Hinweis darauf ist ein Schiff, das die Stiftung erworben haben soll. Inzwischen ist die Auflösung der Stiftung beschlossen.
Was soll der Untersuchungsausschuss aufklären?
Der von der Opposition aus CDU, FDP und Grünen beantragte Ausschuss gibt sich ein umfangreiches Programm mit mehr als 70 Fragestellungen. Er will die Rolle der Landesregierung und der Stiftung für die Fertigstellung der Pipeline beleuchten. Geklärt werden soll auch, auf wessen Betreiben hin die Stiftung gegründet wurde. Außerdem soll untersucht werden, was an dem Unterfangen wirklich gemeinwohlorientiert war, wie einzelne Privatunternehmen gefördert wurden und wer an dem Geschäftsbetrieb beteiligt war oder ist. Auch die Frage einer Nebenaußenpolitik wird eine Rolle spielen – es dränge sich die Frage auf, „ob Verpflichtungen gegenüber den europäischen Bündnispartnern hinreichend berücksichtigt wurden“, heißt es. Auch Zeugen werden geladen, darunter vermutlich auch der Gazprom-Lobbyist Gerhard Schröder, der Vorstandschef der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, sowie natürlich Schwesig und Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD).
Was wird aus Manuela Schwesig?
Die Ministerpräsidentin ist massiv unter Druck. Daran hat auch eine Videobotschaft kurz nach Kriegsbeginn nichts geändert, in der sie sagte, die Stiftung sei „mit dem Wissen von heute“ ein Fehler gewesen. Auch wenn Untersuchungsausschüsse selten zu Rücktritten führen, so bergen die Ermittlungen für Schwesig doch ein stetiges politisches Risiko. Während der Ausschuss arbeitet, wird es ihr schwerfallen, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.