Mit Einführung der Diphtherie-Impfung in Kinder-Impfprogramme sank die Zahl der Infektionen in den vergangenen Jahrzehnten weltweit deutlich. Besonders subtropische Länder erleben aber immer wieder schwere Ausbrüche. Foto: Imago/Daniel Scharinger

In Nigeria ist es zu einem Diphtherie-Ausbruch gekommen. Auch in Deutschland steigen die Fallzahlen wieder an. Wir erklären, was Diphtherie ist, warum die so lange vergessene Erkrankung zurückgekehrt ist und was sie so gefährlich macht.

Bei einem Diphtherie-Ausbruch in Nigeria sind seit Ende 2022 insgesamt 453 Menschen gestorben, darunter vor allem Kinder. Die Gesundheitsbehörden des westafrikanischen Landes teilten mit, dass von 11 587 vermuteten Fällen seit Dezember bislang 7202 bei Laboruntersuchungen bestätigt worden seien.

Bei drei Viertel aller Patienten handelt es sich den Angaben zufolge um Kinder unter 15 Jahren. Für den Ausbruch machte die Gesundheitsbehörde große Lücken bei der Immunisierung verantwortlich. Einer Studie zufolge sind lediglich 42 Prozent aller Kinder unter 15 Jahren in Afrikas bevölkerungsreichstem Land vollständig gegen Diphtherie geimpft.

Akute bakterielle Erkrankung

Diphtherie ist eine akute bakterielle Erkrankung, die vor allem im Kindesalter auftritt. Hervorgerufen wird sie durch eine Infektion der oberen Atemwege mit dem Corynebacterium diphtheriae – auch Diphtherie-Bazillus genannt.

Diphtherie-Erreger Corynebacterium diphtheriae. Foto: Imago/agefotostock

Der Erreger sondert das Diphtherietoxin ab – ein Giftstoff, der lebensbedrohlichen Komplikationen und Spätfolgen führen kann.

Rachen- und Hautentzündung

Es gibt zwei Formen von Diphtherie: die schwere Rachenentzündung (respiratorische Diphtherie) und die weniger gefährliche Haut- beziehungsweise Wunddiphtherie.

  • Hautdiphtherie kann durch direkten Kontakt zu Infizierten oder infektiöse Ausscheidungen übertragen werden. Eine Infektion führt zu schmierigen Wunden auf Haut und Schleimhaut.
  • Die respiratorische Diphtherie wird in der Regel über Tröpfchen übertragen, etwa wenn ein Infizierter niest oder hustet. Bei einer Infektion können Symptome wie Halsschmerzen, Heiserkeit und Fieber auftreten. Die Erkrankung kann tödlich enden.

Impfung hat Fallzahlen rapide sinken lassen

Mit Einführung der Diphtherie-Impfung in Kinder-Impfprogramme sank die Zahl der Infektionen in den vergangenen Jahrzehnten weltweit deutlich. Besonders subtropische Länder erleben aber immer noch Ausbrüche.

Diphtherie-Impfung eines Foto: Imago/Zuma Wire

Diphtherie hatte vor der Einführung der Impfung (seit 1974 Standardimpfung für Säuglinge und Kinder) viele Opfer auch in Deutschland gefordert. Mit der Impfung gab es nur noch vereinzelt Fälle. Bis zum Ende 2022 gab es in Deutschland 108 an Diphtherie Erkrankte – etwa ein Drittel davon Heranwachsende. 2021 wurden 22 Diphtherie-Fälle gemeldet.

Die Zahl der Fälle weltweit liegt mittlerweile jährlich meist zwischen 4000 und 10 000, steigt gelegentlich aber deutlich an. 2019 etwa ließen Ausbrüche die Zahl auf rund 23 000 Fälle ansteigen.

Grundimmunisierung schützt vor Infektion

Für die Grundimmunisierung benötigen Kinder drei Impfungen, die sie im Rahmen der Sechsfachimpfung erhalten. Sie schützt gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio, Hib und Hepatitis B. Die erste Impfdosis sollten Kinder im Alter von 2 Monaten bekommen, die zweite mit vier Monaten und die letzte mit elf Monaten.

Plakat für eine Diphtherie-Impfkampagne aus den 1930 Jahren in der US-Metropole Chicago. Foto: Imago/UIG
Auch an den Straßenbahnen waren damals Warnhinweise angebracht. Foto: Imago/UIG

Laut Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin betrug die Quote für die erste Impfung zwischen 2016 und 2021 bei Babys 98 Prozent. Für die dritte waren es 91 Prozent. Erwachsenen wird eine Auffrischung in zehnjährigem Abstand empfohlen. Laut RKI hatten hierzulande 2021 rund 53 Prozent der Erwachsenen in den vergangenen zehn Jahren eine Impfung gegen Diphtherie erhalten.

Zahl der Impfungen in Deutschland geht zurück

Dem Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ) zufolge gab es 2021 aufgrund der Coronapandemie elf Prozent weniger Impfungen für Kinder und Jugendliche als noch 2019.

Besonders stark ist der Rückgang laut der Auswertung bei der Auffrischungsimpfung gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung ab etwa elf Jahren. Demnach bekamen 31 Prozent weniger Kinder und Jugendliche im Jahr 2021 eine Erst-Impfung gegen diese Krankheiten als noch 2019.

Ausbruch von Hautdiphtherie im April 2023

Im April 2023 waren als Teil eines europaweiten Ausbruchs von Hautdiphtherie auch in Deutschland ungewöhnlich viele Fälle der inzwischen seltenen Erkrankung entdeckt worden. Seit Sommer 2022 seien 170 Nachweise gemeldet worden, die zu einem Ausbruch unter Geflüchteten gehörten, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) damals mit.

Von dem jüngsten Ausbruch waren RKI-Angaben zufolge nach Deutschland eingereiste Migranten betroffen, meist aus Syrien und Afghanistan. Es habe in dem Zusammenhang keine Fälle bei betreuendem Personal oder in der Allgemeinbevölkerung gegeben, erklärte das RKI.

Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass sich Betroffene weder in ihrem Heimatland noch in Deutschland infizierten. Die Quelle des Ausbruchs ist unklar, vermutet wird sie aber auf dem Weg entlang der Balkanroute. Allein zwischen Januar und November 2022 stellten Forschende in zehn europäischen Ländern mehr als 360 Fälle fest. Angenommen wird, dass die Infizierten nicht oder nicht ausreichend geimpft waren.