Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen den Krankenkassenbeitrag künftig wieder zu exakt gleichen Teilen tragen. Foto: dpa

Union und SPD wollen die hälftige Finanzierung des Krankenkassenbeitrags wieder einführen. Arbeitnehmer können einige hundert Euro jährlich sparen.

Stuttgart - Die SPD wollte die Bürgerversicherung, um die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gerechter zu machen. Das hätte bedeutet: eine Versicherung für alle, also beispielsweise auch für Beamte, Selbstständige und Freiberufler; zudem wären neben den Bruttoentgelten sehr wahrscheinlich auch Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung herangezogen worden, um die Höhe des Beitrags zur Krankenversicherung zu bemessen. Erwartungsgemäß lehnten CDU und CSU diesen radikalen Kurswechsel ab.

Stattdessen verständigten sich Rot und Schwarz nun auf die Rückkehr zur sogenannten Parität in der Finanzierung der GKV. Das ist eine Art kleinster gemeinsamer Nenner. Künftig sollen demnach Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Krankenkassenbeitrag wieder zu exakt gleichen Teilen tragen – paritätisch eben. Die SPD war schon lange dafür. Zuletzt stieß sie damit bei CDU und CSU auf immer weniger Widerstand.

Die derzeitige Finanzierung weicht von der Parität ab. In der GKV gilt aktuell ein allgemeiner Beitragssatz von 14,6 Prozent des Bruttoentgelts. Der Beitragssatz wird von der Bundesregierung festgelegt und ist seit 2015 unverändert. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen ihn je hälftig – beide übernehmen also 7,3 Prozent.

Hinzu kommt ein Zusatzbeitrag, den Arbeitnehmer ganz allein zu tragen haben. Aktuell liegt er bei durchschnittlich 1,0 Prozent. Auf Basis des durchschnittlichen Zusatzbeitrags liegt der Gesamtbeitrag zur GKV demnach bei 15,6 Prozent. Arbeitnehmer zahlen davon 8,3 Prozent, Arbeitgeber 7,3 Prozent.

Der Zusatzbeitrag – eine Erfindung der SPD

Über die Höhe des Zusatzbeitrags entscheiden AOK, TK, Barmer, DAK und Co. in Eigenregie. Einige wenige und sehr kleine landesweite Kassen nehmen gar keinen Zusatzbeitrag. Die teuerste Kasse verlangt 1,7 Prozent. Das tut sie nicht, um ihre Mitglieder zu ärgern. Sie ist per Gesetz dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Einnahmen und Ausgaben sich die Waage halten. Da Kassen ihre Ausgaben angesichts des gesetzlich vorgegebenen Leistungskatalogs kaum beeinflussen können, bleibt nur ein höherer Zusatzbeitrag, um rote Zahlen zu vermeiden.

Der Zusatzbeitrag geht übrigens zurück auf eine Gesundheitsreform des zweiten rot-grünen Kabinetts unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Die Arbeitslosigkeit war damals sehr hoch, deshalb wurden die Arbeitgeber beim stetig steigenden Kassenbeitrag entlastet. Das sollte damals, im Jahr 2003, mehr Jobs bringen. Inzwischen herrscht nahezu Vollbeschäftigung – den Zusatzbeitrag gibt es aber immer noch. Bliebe alles beim Alten, würde er in den kommenden Jahren kräftig steigen, da Ausgabenrisiken etwa infolge des medizinischen Fortschritts und der Alterung der Bevölkerung allein über ihn aufgefangen würden.

Wie die Rückkehr zur Parität die Arbeitnehmer entlastet, lässt sich leicht ausrechnen. An der Beitragsbemessungsgrenze in der GKV von derzeit 53 100 Euro jährlich (monatlich: 4425 Euro) schlägt ein Zusatzbeitrag von 1,0 Prozent mit 531 Euro jährlich zu Buche. Ein Arbeitnehmer mit entsprechendem Jahresentgelt würde also um 265,50 Euro entlastet, wenn der Arbeitgeber mit im Boot wäre und den Zusatzbeitrag zur Hälfte übernähme. Bei einem Jahresbruttoentgelt von 43 100 Euro würde die Entlastung 215,50 Euro betragen. 165,50 Euro wären es bei einem Jahresbrutto von 33 100 Euro.

Sechs Milliarden zusätzlich für Arbeitgeber

Während Arbeitnehmer sich freuen dürfen, werden Arbeitgeber belastet. Die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung werde die Unternehmen jährlich mit sechs Milliarden Euro zusätzlich belasten, sagte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer des Dachverbands der Arbeitgeberverbände im Land, unserer Zeitung. „Dabei tragen die Arbeitgeber durch die alleinige Finanzierung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bereits heute den Löwenanteil der Gesundheitskosten“, kritisierte er. Dies habe bisher als Begründung für die Nicht-Parität gegolten. Dick forderte, die Umverteilung zulasten der Arbeitgeber müsse sich „unbedingt auch dämpfend auf die künftige Lohn- und Tarifentwicklung auswirken“.