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Leserin Inge Stoll, wohnhaft in Stuttgart, erzählt die Geschichte ihrer Tante aus Amerika.

Leserin Inge Stoll, gebürtig in Oberndorf, wohnhaft in Stuttgart, erzählt die Geschichte ihrer Tante aus Amerika:

"Ich habe eine liebe Tante in Detroit; ihre Mutter, eine Schwester meiner Oma, ist 1923 mit dem Schiff Bremen nach Amerika ausgewandert. Diese Tante - sie heißt Otilie Walz (Dande Tilly) lebt heute noch, 97-jährig in einem Seniorenheim in Detroit - geistig fit wie ein Turnschuh. Sie spricht auch noch Deutsch, obwohl sie in Amerika geboren ist, und liebte zeitlebens schwäbische Brezeln und Laugaweckla. Sie hat uns während des Kriegs mit ihren Paketen sehr geholfen.

Als Kind empfand ich die Ankunft eines solchen Pakets wie Weihnachten und Ostern zusammen. Hin und wieder kam sie auf Deutschlandbesuch; damals war der Dollar noch 4,20 D-Mark wert. Einmal schenkte sie mir 50 Dollar. Und ich war die ungekrönte Königin auf dem Schulhof meiner Dorfschule, als ich fünf Kilo saure Bonbole wie an der Oberndorfer Fasnet unter die Leute beziehungsweise unter meine Schulkameraden brachte - bis heute unvergessen.

Alle vier Wochen rufe ich ihr an - so auch neulich wieder. Wie hat sie sich gefreut! Sie hat nach meinem Mann, unseren vier erwachsenen Kindern und den zwei Enkeln gefragt, und wie immer sind wir bei der Politik gelandet. Sie war der Meinung, dass die Regierung Obama ,bald henta hott goht', also ,dr Bach na goht'. Während sie das sagte, war plötzlich ein fürchterliches Geklapper im Hintergrund zu hören - ich dachte, der Tante sei etwas passiert.

Wie sich herausstellte, war es eine Betreuerin, die das Abendessen servierte - ihr war das Tablett heruntergefallen, als meine Dande Tilly deutsch ,ond au no a bissle schwäbisch' sprach. So isch's no au wieder!"

Unser Spruch des Tages stammt ebenfalls von Frau Stoll. Wenn eine Grießsuppe zu heftig gequollen war, sagte man: "Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Gieß' Wasser zur Supp', heiß alle willkommen."