Hermann-Josef Pelgrim (Mitte) muss die Sitzung von der zweiten Reihe aus verfolgen. Foto: Ufuk Arslan

Wegen Befangenheit: Die städtische Wohnbaufirma muss einen Millionendeal mit der Frau des Oberbürgermeisters rückgängig machen – der die Kosten dafür tragen soll.

Schwäbisch Hall - Seinen Humor hat der Schwäbisch Haller Oberbürgermeister wieder. „Ich freue mich, dass so viele dem Tipp des Tages gefolgt sind“. Mit diesen Worten begrüßte Hermann-Josef Pelgrim (SPD) die etwa 120 Besucher der Gemeinderatssitzung am Mittwoch. Sie verfolgten eine turbulente Diskussion. Der OB musste sich wegen des umstrittenen Verkaufs des Pflegeheims Haus Sonnengarten und der dazugehörigen Objektgesellschaft durch die städtische Grundstücks- und Wohnungsbaugesellschaft (GWG) an seine von ihm getrennt lebende Frau Michaele Schick-Pelgrim viel Kritik gefallen lassen, er wurde mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Am Ende der zweistündigen Debatte beschloss der Gemeinderat mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen, das bereits rechtswirksame Millionengeschäft rückgängig zu machen. Schick-Pelgrim hat bereits von sich aus angeboten, die Immobilie zurückzugeben. Zudem soll die Verwaltung Regeln für die städtischen Töchter aufstellen, wie mit solchen Geschäften künftig verfahren wird.

Die Freien Wähler (FWV) und die FDP waren gegen die Rückgabe gewesen. Zwar sei Pelgrim befangen gewesen. In der Sache aber sei der Verkauf nicht zu beanstanden; das Pflegeheim werde schließlich, wie gewünscht, von kompetenter Hand weitergeführt. Durch die Rückabwicklung des Kaufs entstehe der GWG ein großer Schaden.

Der Rathauschef soll zahlen

Oder dem Oberbürgermeister. Der Gemeinderat lehnte den Vorschlag der Verwaltung ab, die Kosten für die Rückgabe habe die GWG zu tragen. Die Fraktionen wollen Pelgrim als Verursacher der Malaise dafür haftbar machen. Das Regierungspräsidiums will sich zum jetzigen Stand nicht äußern, ob dies rechtlich zulässig ist.

Die CDU sieht durch Pelgrims Vorgehen die politische Hygiene beschädigt. Die Christdemokraten forderten, die Tochtergesellschaften den Grundsätzen der Unternehmensführung zu verpflichten. Die Sozialdemokraten nannten die Geschäftsabwicklung dilettantisch. „Fast noch schlimmer“ sei aber die Reaktion Pelgrims gewesen: „Eine Entschuldigung zu Beginn der Diskussion hätte manches einfacher gemacht“, sagte der SPD-Fraktionschef Helmut Kaiser. Das Stadtoberhaupt habe die „ethisch-moralisch-politische Dimension der Sache verkannt“, kritisierte die Grünen-Sprecherin Andrea Herrmann. „Sie haben Ihren Ruf erheblich ramponiert.“

Die FDP gibt sich moderat

Die FDP nahm den Rathauschef und die beiden GWG-Geschäftsführer in Schutz. Der OB habe einen Fehler gemacht und sich entschuldigt. „Mir reicht das“, sagte der FDP-Fraktionschef Thomas Preisendanz, der 1997 bei der OB-Wahl gegen Pelgrim kandidiert hatte. Dass in der Debatte mit Unterstellungen gearbeitet werde, „haben die drei Herren nicht verdient“.

Pelgrim verfolgte die Debatte von der Verwaltungsbank aus – er war befangen. Zu Beginn der Sitzung allerdings hatte er eine Erklärung verlesen und sich noch einmal ausdrücklich entschuldigt. Er lege Wert darauf, dass ihm persönlich keine Vorteile aus diesem Geschäft erwachsen seien. Deshalb sei er nicht der Meinung gewesen, er müsse sich für befangen erklären. „Sollte ich das Vertrauen Einzelner aufs Spiel gesetzt haben, bedaure ich das“, sagte Hermann-Josef Pelgrim. „Ich bitte auch diejenigen, die mir nicht so nahe stehen, meine Entschuldigung anzunehmen.“

Chronik der Ereignisse

26. Oktober 2016
Der Gemeinderat beschließt in nichtöffentlicher Sitzung: Das Haus Sonnengarten mit der dazugehörigen Objektgesellschaft wird verkauft. Den Zuschlag erhält Michaele Schick-Pelgrim als Meistbietende, was die Räte nicht wissen. Wohl aber der OB Hermann-Josef Pelgrim. Die Immobilie insgesamt war acht möglichen Investoren angeboten worden.

7. Januar 2017
Das Stuttgarter Amtsgericht gibt per Annonce bekannt, dass die Tochtergesellschaft der städtischen Grundstücks- und Wohnungsbaugesellschaft (GWG) in MSP Verwaltungs-GmbH umbenannt, der bisherige Gesellschafter abbestellt und durch Michaele Schick-Pelgrim ersetzt wird. So wird der Deal bekannt – und von CDU, SPD und Grünen heftig kritisiert.

18. Januar
Der Aufsichtsrat der GWG trifft sich zu einer außerordentlichen Sitzung. Am Abend zuvor hat der OB mit den fünf Fraktionschefs geredet. Kurz darauf bietet Schick-Pelgrim an, den Verkauf rückgängig zu machen.

23. Januar
Die Fraktionschefs von CDU, SPD und Grünen bitten das Stuttgarter Regierungspräsidium zu prüfen, ob der OB befangen gewesen sei.

24. Januar
In einer Pressekonferenz kritisiert Pelgrim die Berichterstattung über den Verkauf als „in Teilen tendenziös, kampagnenorientiert und ehrabschneidend“. Nach „umfangreicher Rücksprache“ habe er erkennen müssen, dass „der Anschein der Befangenheit wohl vorhanden ist“. Dafür entschuldige er sich „in aller Form“.

3. Februar
Das Regierungspräsidium teilt mit: Als Ehemann der Käuferin war der OB nicht nur anscheinend, sondern tatsächlich befangen. Pelgrim hätte an der Abstimmung über den Verkauf nicht teilnehmen dürfen.