Die Calwer Passage in Stuttgart soll besser vor einem Abriss geschützt werden. Foto: Leif Piechowski

Städtebauausschuss: Überdachte Ladenzeile schnell unter Denkmalschutz stellen. Die Eiermann-Bauten sind ihm noch wichtiger.

Stuttgart - Die Calwer Passage in Stuttgart sollte schnell zum Kulturdenkmal erklärt und damit besser vor einem Abriss geschützt werden. Das hat der Städtebauausschuss unter dem Vorsitz von Bürgermeister Matthias Hahn einmütig gefordert – und damit ein unmissverständliches Signal an das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart gesandt, in dem das frühere Landesdenkmalamt angesiedelt ist.

Was nicht zur Sprache kam: Regierungspräsident Johannes Schmalzl hatte die Entscheidung seit Herbst nicht gerade forciert. Er wollte den neuen OB nicht vor vollendete Tatsachen stellen. Fritz Kuhn (Grüne) soll kein großer Freund dieser Passage sein, erzählte man sich dann nach seinem Amtsantritt im Rathaus. Baubürgermeister Hahn sagte allerdings, „wir fragen uns auch“, warum die Passage noch nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde. Hahn plädiert dafür, das gläserne Halbtonnendach, die Passage darunter und die angrenzende Bebauung zur Calwer Straße als Denkmal auszuweisen – nicht aber die komplette Bebauung zur Theodor-Heuss-Straße hin. Sie würde Hahn nach der ersten Säulenreihe, die diesen Gebäudezug stützt, zum Abbruch und zur Neugestaltung freigeben.

In der Diskussion ist aber auch, ob dies erst bei der zweiten Säulenreihe, also näher an der Theo-Meile, greifen sollte. Ein neues Erscheinungsbild würde sich am Stadtboulevard so oder so ergeben.

Das freistehende Eckgebäude über dem Abgang zur S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte würde die Stadtverwaltung komplett zum Abbruch freigeben. Ähnliche Überlegungen gebe es wohl auch im RP, sagte Hahn.

Erste derartige deutsche Ladenpassage aus den 1970ern

Das Signal aus dem Ausschuss richtet sich ganz besonders an die Württembergische Lebensversicherung als Eigentümerin und an einen Kaufinteressenten. Die vermutlich erste derartige deutsche Ladenpassage aus den 1970er Jahren gilt den Experten als unbedingt erhaltenswert – obwohl sie laut Städtebauprofessor Franz Pesch „falsch liegt“. Bei der Umgestaltung der Umgebung könne sich auch die Stadt um eine bessere Wirtschaftlichkeit bemühen, hieß es im Ausschuss. Hahn knöpfte sich die Eigentümerin vor: „Die Passage wurde seit einiger Zeit reif gemacht für den Abbruch.“ Freie Läden seien nicht mehr lang vermietet worden, Wohnungen neben der Passage stünden leer.

Noch mehr verkämpfte sich der Ausschuss für den denkmalgeschützten ehemaligen IBM-Campus in Vaihingen nach dem Entwurf von Egon Eiermann. Auch OB Kuhn, der zu Beginn der Sitzung anwesend war, die Arbeit des Ausschusses zu dessen Freude würdigte und wichtige Themen frühzeitiger vorzubringen versprach, wurde deutlich: Nur weil der Erwerber der IBM-Immobilie sich verspekuliert habe und das Gelände nun abgeräumt verwerten will, „kann man nicht den Denkmalschutz außer Kraft setzen“. Man arbeite an einem Masterplan mit dem Ziel der Erhaltung. Die Rettung werde aber schwer. Im Moment, sagte Hahn, wolle man Zeit gewinnen und verhindern, dass die Insolvenzverwalter über die Grundstücksgesellschaften im Juni „den Schalter umlegen“ und das Denkmal dem Verfall preisgeben. Die Stadt sei, weil es Steuerschulden gebe, selbst Gläubigerin. Man setze darauf, dass das Gelände nicht herrenlos, sondern zwangsversteigert werde – und der Erwerber die ursprünglichen Eiermann-Bauten erhält. Ausschussmitglieder brachten eine Nutzung für Hochschulinstitute ins Gespräch, sobald die falschen wirtschaftlichen Prämissen des Eigentümers abgeräumt sind.

Kritik aus der Expertenrunde traf Alexander Kotz, weil dessen CDU-Fraktion den Abriss nicht als Tabu betrachtet. Die CDU verkenne völlig die Qualität dieser Supergebäude. Kotz verteidigte sich: Es könne nicht sein, dass man den Denkmalschutz über alles stelle, die Bauten ewig leer stehen lasse und alles andere verhindere.