In etlichen Ganztagsschulen fehlt die Mensa, deshalb wird in Klassenräumen aufgetischt. Foto: dpa

Stuttgarts Ganztagsschulangebot ist vorbildlich, allerdings nur bis zur 4. Klasse. Den Rektoren der Realschulen und Gymnasien hingegen fehlt Geld für weitere qualifizierte Betreuer.

Stuttgart - Die Stadt verfolgt das Ziel, Ganztagsplätze an Grundschulen bis zum Jahr 2023 flächendeckend anzubieten. Seit der Beschluss des Gemeinderats im Jahr 2011 gefallen ist, wurde dieses Ziel an 31 der 72 Grundschulen sowie an einer Förderschule erreicht. Damit können 3880 der Sechs- bis Zehnjährigen (21,7 Prozent) ganztags zur Schule gehen. Bis zum Schuljahr 2018/19 werden weitere 16 Schulen den Ganztag anbieten. „Der Ausbau ist ein schwieriges Feld,“, sagt Karin Korn, und verweist auf die längere Präsenzzeiten der Lehrer und deren neuem Auftrag, mit den außerschulischen Trägern ein Team zu bilden. Doch die Chefin des Schulverwaltungsamts sieht auch einen Vorteil: „Der schrittweise Ausbau hilft den Beteiligten, zu einer guten Lösung zu kommen.“

Interimsmensen sind teuer

Noch gibt es in Stuttgart einen Flickenteppich an Betreuungsangeboten. Derzeit gibt es 4352 Hortplätze für Kinder von sechs bis zwölf Jahren, 3030 Kinder werden noch in Schülerhäusern an 26 Schulstandorten betreut. Horte und Schülerhäuser werden nach und nach durch den rhythmisierten Ganztagsschulbetrieb ersetzt, wo sich Regelunterricht und freizeitpädagogische Angebote abwechseln. Die Schülerhäuser haben laut Karin Korn oftmals zu wenig Raum, die Interims-Mensen seien sehr teuer.

Die verlässliche Betreuung am Nachmittag, die noch an 66 Grundschulen und neun Förderschulen angeboten wird, soll entfallen, weil es dafür von 2023 an keine Landesmittel mehr gibt. Diese Schüler können dann nur noch eine Betreuung bis 14 Uhr wählen.

Der Versorgungsgrad schwankt je nach Stadtbezirk und liegt im Durchschnitt bei 69 Prozent, was Stammheim mit 48 Prozent mächtig unterschreitet, während Stuttgart-Mitte mit 112 Prozent fast doppelt so viel Kapazitäten hat. Damit künftig schneller geplant und gebaut werden kann, will die Stadt eine verpflichtende Erklärung der Schulleiter zur Einführung des Ganztags einholen, „dann können wir zeitig planen und schneller bauen“, so Korn.

Weiterführende Schulen brauchen Flexibilität und Geld

Problematisch, weil unterfinanziert, blieb bisher die Betreuung behinderter Schüler, und auch die weiterführenden Schulen machen zur Zeit noch Nachmittagsangebote, denen nach Darstellung des Schulverwaltungsamts ein umfassendes Konzept fehle. Für 23 Prozent der Zehn- bis 14-Jährigen stehe ein Platz zur Verfügung. Barbara Graf, die Geschäftsführende Schulleiterin der Gymnasien, weist darauf hin, dass jetzt die ersten Ganztagsgrundschüler „an unsere Tür klopfen und nicht die gewohnte Qualität vorfinden“, und bat um die Weiterentwicklung der Konzepte. Außerdem könne die Schule nur 15 Euro für Übungsleiter bezahlen, während die Grundschulen wegen des städtischen Zuschusses mehr bieten können: „Unsere Möglichkeiten auf dem freien markt sind deutlich erschwert.“

An Realschulen wiederum tut sich das Problem auf, dass die Klassen nach Fachrichtungen getrennt sind, aber nicht alle aus derselben Fachrichtung auch ein Ganztagsangebot wollen. „Wir bitten um Flexibilität“, sagte die Geschäftsführende Schulleiterin Barbara Koterbicki.

Die noch amtierende Sozialbürgermeisterin und neue Schulbürgermeisterin Isabel Fezer, die am Dienstag in Vertretung die Sitzung leitete und damit schon mal ihren Einstand hatte, stellte gleich klar, dass sie die Marschrichtung ihrer Vorgängerin, Susanne Eisenmann, beibehalten wolle: „Mir ist das Kindeswohl wichtiger als die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, sagte sie. Der höchstmögliche pädagogische Anspruch werde eher in Ganztagsschulen denn in Horten oder Schülerhäusern erfüllt. In weiterführenden Schulen könne man jedoch bei der Frage der Ausgestaltung der Ganztagsbetreuung zu anderen Antworten kommen. „Deshalb würde ich die Eltern gern mit Hilfe des statistischen Amts nach ihren Erfahrungen, nach Korrekturbedarf und ihren Erwartungen für die Betreuung in weiterführenden Schulen befragen“, so Fezer. Sie forderte den weiteren Ausbau der Ganztagsbetreuung.