Bleiben die Griechen in der Euro-Gruppe oder nicht? Foto: AP

Deutschland und Frankreich scheinen bereit, Athen entgegenzukommen. So soll auf die Forderung nach weiteren Stellenstreichungen im öffentlichen Sektor verzichtet werden.  

Brüssel - Statt eines Durchbruchs gab es nur ein paar Unverbindlichkeiten. „Gute und konstruktive Gespräche“ seien es gewesen, ließ die Brüsseler Kommission in der Nacht zum Donnerstag wissen. Griechenlands Premier Alexis Tsipras wurde auch nicht wirklich konkreter: „Die Diskussionen werden in den nächsten Tagen weitergehen. Umso mehr man spricht, desto näher kommt man sich.“

Doch die Worte verharmlosen die Hektik der Krisen-Diplomatie, die hinter den Kulissen stattfindet und bei der man sich offenbar auf striktes Stillschweigen verständigt hat. Kaum war Tsipras am Mittwochabend in Brüssel eingetroffen, telefonierte er erneut mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten François Hollande und informierte sie über eine 45-seitige Reformliste, die er mitgebracht hatte. Beide scheinen bereit, Athen entgegenzukommen, bemühen sich aber noch, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, ins Boot zu holen.

Lagarde beharrt nämlich auf Einhaltung der vereinbarten Regeln – die die Geldgeber schon bereit sind aufzugeben. Dabei geht es vor allem um die Zielvorgaben für die Hellenen, was den Primärüberschuss des Staatsetats betrifft. Unter Primärüberschuss wird die Haushaltsbilanz ohne Zinszahlungen für Staatsschulden verstanden. Bisher sollte Griechenland 2015 ein Plus von drei Prozent erwirtschaften, ab 2016 dann 4,5 Prozent.

Diese Marke ist vor allem aus Sicht des IWF wichtig, weil sich daraus die Schuldentragfähigkeit ableitet. Sie ist also ein Signal an die Geldgeber und Investoren, dass Athen auf Dauer in der Lage ist, Überschüsse zu erwirtschaften, um die Darlehen zurückzuzahlen.

Merkel und Hollande scheinen bereit, diese Vorgaben auf ein Prozent für das laufende Jahr, auf zwei Prozent 2016 und drei Prozent 2017 zu senken. 2018 müssten es dann 3,5 Prozent sein.

Eine solche Rücknahme der Ziele würde viel Druck von den Schultern der griechischen Regierung nehmen.

Aber auch in anderen Punkten will man Tsipras entgegenkommen. So soll auf die Forderung nach weiteren Stellenstreichungen im öffentlichen Sektor verzichtet werden. Beim Kündigungsschutz will die Euro-Familie auf schnelle Reformen verzichten. Ein Gesetz zur leichteren Entlassung von Arbeitnehmern darf verschoben werden.

Umstritten ist dagegen die Reform der Mehrwertsteuer, wo Brüssel ein zweistufiges System mit elf und 23 Prozent erwartet, während Athen auf drei Stufen besteht.

Bei den Renten will die Euro-Gruppe dem Vernehmen nach Einsparungen von 0,25 bis 0,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung und eine Streichung von Zusatzrenten erreichen. Tsipras: „Das haben wir natürlich abgelehnt.“ Dennoch sei er zufrieden, weil die „griechischen Vorschläge auf dem Tisch bleiben“.

In Brüssel herrschte am Donnerstag nach dem Gespräch erkennbar Ratlosigkeit darüber, wie es jetzt weitergehen soll. Nachdem sich Merkel, Hollande, Juncker und Lagarde sowie der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, eingeschaltet haben, ist der bisherige Kreis der Unterhändler (die frühere Troika) praktisch entmachtet. Die Chefs haben die Gespräche übernommen. Von einem neuen Termin zur Beendigung des griechischen Dramas war allerdings gestern noch nichts bekannt.