Ein Bild, das sich in der Region ständig zu wiederholen scheint: Ermittler untersuchen einen nächtlichen Tatort, an dem geschossen worden ist – hier in Asperg. Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat

Nach den zahlreichen Schüssen in den vergangenen Wochen machen sich viele Menschen in der Region Stuttgart Sorgen. Das Land will die Sicherheit verbessern – sieht aber zumindest statistisch keine alarmierende Entwicklung.

Wird eigentlich überall nur noch geschossen? Was ist los da draußen auf den Straßen? Solche Fragen stellen sich immer mehr Menschen rund um die Landeshauptstadt. Denn praktisch im Wochen-, manchmal sogar im Tagesrhythmus gibt es neue Hiobsbotschaften. Zuletzt Schüsse mit einem Todesopfer und einem Schwerverletzten in Asperg (Landkreis Ludwigsburg). In den Wochen davor Vorfälle in Stuttgart und eine ganze Serie in den Landkreisen Esslingen und Göppingen. Schüsse fielen gleich zweimal in Plochingen, dazu in Eislingen, Reichenbach, Donzdorf, Göppingen, Ostfildern und Hattenhofen. Fast alle Taten spielten sich im öffentlichen Raum ab, es gab mehrere Verletzte. Und inzwischen in einem Plochinger Fall und in Sachen Asperg insgesamt sechs Festnahmen. Vieles allerdings scheint noch ungeklärt, bei manchen Fällen werden Zusammenhänge vermutet.

 

Bei Polizei und Innenministerium ist man sich der Gefühlslage in der Bevölkerung bewusst – und weist immer wieder darauf hin, dass man die Ermittlungen nicht gefährden dürfe, indem man zu viele Erkenntnisse bekannt gebe. „Die Straftaten, bei denen in den vergangenen Wochen rund um Stuttgart auf Menschen geschossen wurde, bereiten vielen Sorge. Diese Sorgen greifen wir auf und nehmen sie ernst“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Klar sei: „Die Sicherheit beginnt im öffentlichen Raum, dort wo die Menschen leben, sich begegnen und bewegen. Die Menschen im Land sollen nicht nur sicher leben, sondern sich auch sicher fühlen.“ Deshalb arbeite man aktiv daran, den öffentlichen Raum sicherer zu machen.

Was die aktuellen Fälle betrifft, listet das Ministerium eine ganze Reihe von Maßnahmen auf. „Die regionalen Polizeipräsidien und das Polizeipräsidium Einsatz führen bereits verstärkt gemeinsame Kontroll- und Durchsuchungsmaßnahmen durch, unter anderem mit Personenkontrollen und Razzien in Gaststätten“, sagt der Sprecher. Gemeint sind damit Aktionen, die es in Stuttgart schon zweimal, zuletzt am Osterwochenende, gegeben hat. Damit soll Druck auf einschlägige Milieus ausgeübt werden.

Ins Feld geführt wird zudem die Ermittlungskooperation, bei der die Polizeipräsidien Ludwigsburg, Reutlingen, Stuttgart und Ulm sowie das Landeskriminalamt „mit Hochdruck daran arbeiten, die Täter zu ermitteln und die Hintergründe der Straftaten aufzuklären“. Die ersten Festnahmen belegten den Erfolg dieser Maßnahmen. „Diesen erfolgreichen Weg werden wir konsequent weiter gehen“, zeigt man sich im Ministerium zuversichtlich, bald weitere Erfolge vorweisen zu können.

Zahlen relativ konstant

Doch gibt es im Land einen Trend zur Schusswaffe, oder ist die derzeitige Häufung in der Region eher eine Ausnahme? Die Statistik der Polizei spricht eine relativ deutliche Sprache. Die Zahlen schwanken in den vergangenen zehn Jahren, sind insgesamt aber nicht gestiegen. In der Kategorie „Straftaten gegen das Leben“, also Mord und Totschlag, der jeweilige Versuch sowie fahrlässige Tötung, gab es 2022 landesweit 16 Vorfälle mit einer Schusswaffe – sechs mehr als im Jahr zuvor, als allerdings durch die Pandemie die Zahl der Straftaten insgesamt sehr niedrig war. Der Anteil des Tatmittels Schusswaffe an den „Straftaten gegen das Leben“ insgesamt lag bei nur knapp vier Prozent. „Das ist ein vergleichsweise niedriges Niveau“, heißt es im Ministerium.

Dazu kommen allerdings einige Hundert weitere Vorfälle mit Schusswaffen. Die Zahl der Fälle, in denen geschossen wurde, lag in Baden-Württemberg im vorigen Jahr bei 296 – ein minimaler Anstieg um sechs Fälle und insgesamt unter dem Niveau der Jahre zuvor. Lediglich gedroht mit einer Schusswaffe wurde zudem in weiteren 226 Fällen.

Was diese Statistik wert ist, muss sich allerdings erst noch zeigen. Denn falls sich die Serie in der Region fortsetzt, könnte sie sich ganz schnell nach oben bewegen. Zumal nicht nur illegale Waffen im Umlauf sind, sondern auch immer mehr legale, mit denen auch Straftaten begangen werden können. Die Zahl der Waffenbesitzkarten im Land ist im vergangenen Jahr jedenfalls auf ein Hoch von 263 000 gestiegen.

Die Sicherheitsbehörden wollen deshalb einen weiteren Schwerpunkt setzen: „Neben dem illegalen Besitz stehen bei der Bekämpfung von Waffenkriminalität insbesondere auch der illegale Handel, der illegale Umbau oder Rückbau sowie die illegale Herstellung und die illegale Einfuhr von Schusswaffen im Fokus“, heißt es im Innenministerium. Wichtige Elemente hierbei seien Kontrollaktionen im überregionalen Straßen- und Reiseverkehr sowie Kontrollen bei entsprechenden Gruppen, etwa im Rocker- oder Rauschgiftmilieu. Im Blickpunkt stehen auch das Internet und dessen verschlüsselter Teil, das Darknet – in der Hoffnung, die Situation schnell wieder in den Griff zu bekommen.