Das Straßenfest in Backnang: Ist es wirklich älter als die Schorndorfer Woche? Foto: StN

Schorndorf versus Backnang: Wo hat das Feiern auf der Straße eine längere Tradition?

Backnang/Schorndorf - Die Drucketse ist enorm, fast atemberaubend - im Festleskalender der Region Stuttgart wird es eng am Wochenende. Weil die Zeit zwischen Pfingsten und den Sommerferien so kurz ist wie selten, bleiben nicht viele Termine für Straßenfeste. Besonders skurril geht's im Rems-Murr-Kreis zu.

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat das älteste Straßenfest im Land? Natürlich die Gemeinden, hinter den sieben Bergen - also im Rems-Murr-Kreis. Hier läuft derzeit ein amüsanter Wettstreit, in welchen Gassen denn das außergewöhnlichste und vor allem traditionsreichste Sommerereignis stattfindet.

SchoWo-Festschrift aus dem Jahr 1971

Angefangen hat den heiter-hitzigen Konkurrenzkampf, wie hätte es auch anders sein können, der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper. Auch in diesem Jahr pries der Rathauschef mit einem dreifachen Superlativ die Atmosphäre in der selbsternannten Murr-Metropole. Demnach ist das Backnanger Straßenfest "das älteste, größte und vor allem schönste Straßenfest im Ländle". Reiche doch die Tradition bis 1971 zurück. "Wir sind das Original, wir sind die Urversion im Rems-Murr-Kreis und weit darüber hinaus, zum 41. Mal haben wir mit dem Straßenfest den Vogel abgeschossen", jubelt der OB, der zur diesjährigen Eröffnung 41 Minuten lang Freibier zapfte.

Der Schwabe wird mit 40 g'scheit, demnach hat man in Backnang dieses erlösende Datum mit dem jüngsten Fest hinter sich gebracht. Noch gscheiter allerdings fühlt man sich in Schorndorf. Alt, älter, am ältesten? Ja, wer hat's denn nun erfunden? Die Schweizer? Die Murrtäler? Von wegen: Die Remstäler waren's, glaubt man jedenfalls im Remstal. Denn in Schorndorf reicht die Tradition sogar noch ein wenig weiter zurück. Die Bürger feiern ihre 43. Schorndorfer Woche (SchoWo) von Freitag, 15., bis Dienstag, 19. Juli.

Mit 43 sei man doch eindeutig älter als mit 41, erklärt Jürgen Dobler, Vorstandmitglied der Gemeinschaft Schorndorfer Vereine. Erstmals fand die SchoWo 1968 statt. "Als die Backnanger dann 1971 die Premiere ihres Straßenfests hatten, hatten wir bereits die dritte SchoWo", sagt Dobler. Zum Beleg verweist er auf eine SchoWo-Festschrift aus dem Jahr 1971, in der die ersten drei Feste erwähnt sind.

"Schorndorf ist in Wahrheit ein Jahr jünger"

Und so stichelt Dobler noch weiter: "Bescheiden, wie wir Schorndorfer sind, braucht es einige Presseartikel über das Straßenfest in Backnang, bis wir uns mit gewissem Stolz nun auch öffentlich zu Wort melden, was die Tradition unserer schönen Schorndorfer Woche, betrifft." Anders als beim Backnanger Pendant gehe es in Schorndorf nicht vorrangig um eine öffentliche Verköstigung mit Speisen, möglichst vielen Getränken und der Bespaßung möglichst vieler Besucher. "Unser Anspruch an unser Stadtfest ist, wie das Wort schon ausdrückt, ein Fest mit großer kultureller Vielfalt; an fünf Festtagen sind das annähernd 100 einzelne Programmpunkte und Highlights". Anders ausgedrückt: Schorndorf ist das Original und die moralisch bessere Alternative ohnehin.

Backnangs Stadtchef Nopper kann diese "Ketzerei", wie er den Vorstoß spaßhaft nennt, natürlich nicht so stehen lassen. "Schorndorf ist in Wahrheit ein Jahr jünger als wir", sagt der 50-Jährige. Denn zwar habe es in Schorndorf 1968 eine Veranstaltung gegeben - "aber nicht als Straßenfest, sondern als Leistungsschau des damaligen Handels- und Gewerbevereins", bei dem die Festivitäten nur eine Nebenrolle gespielt hätten. Der Backnanger Stadtchef jedenfalls lässt keinen Zweifel aufkommen: "Wir sind Straßenfest pur", und daran habe er auch durch den Schorndorfer Vorstoß rein gar nichts zurückzunehmen.

Kopf-an-Kopf-Rennen zugunsten Backnangs

Bleibt noch das dritte derartige Großereignis im Landkreis, das Waiblinger Altstadtfest. Das findet in der Regel gleichzeitig mit Backnang statt, wurde heuer aber wegen der Pfingsferien um sieben Tage verschoben und fand am vorigen Wochenende statt. Natürlich ein Grund für Noppersche Lästereien: "Waiblingen hat verständlicherweise vor dem ruhmreichen Backnanger Altstadtfest kapituliert", erklärt er zur dortigen "ehrfurchtsvollen Unterwerfungsgeste: Sie hinken damit wie d'alt Fasnet eine Woche unserem Straßenfest hinterher".

Doch der Konter durch den Waiblinger OB Andreas Hesky folgt prompt, und er argumentiert ähnlich wie die Schorndorfer: Das Altstadtfest sei seit 37 Jahren ein Fest der Vereine, von ausländischen und deutschen Vereinen gemeinsam gestaltet und getragen. Und anders als Backnang "haben wir keinen Eventmanager und keinen Festwirt von außen - und brauchen auch keinen". Wie auch immer. Das Kopf-an-Kopf-Rennen scheint aktuell zugunsten Backnangs entschieden - bis zum nächsten Schlagabtausch bei der Hocketse- und Drucketse-Saison des Jahres 2012.