Nach Ansicht von Matthias Klopfer wird ohne jede Grundlage auf der Schorndorfer Klinik herum gehackt. Foto: Gottfried Stoppel

Oberbürgermeister Matthias Klopfer nennt das vermeintliche Gutachten zur Kliniksanierung ein „Thesenpapier zu maximalem Risiko“ und pocht auf eine umfassende Medizinstrategie und getrennte Wirtschaftlichkeitsrechnungen.

Schorndorf - Dieses Papier hätte so nie in den Aufsichtsrat und an den Kreistag gehen dürfen.“ An jenem vermeintlichen Gutachten, das mit der Schreckensbotschaft von möglicherweise bis zu 90 Millionen Euro Sanierungskosten für die Schorndorfer Klinik ein neuerliches kreispolitisches Erdbeben in der ohnehin von Sollbruchstellen durchzogenen Krankenhauslandschaft ausgelöst hat, lässt Matthias Klopfer kein gutes Haar. Was er davon gesehen habe, sei ein dreiseitiges Thesenpapier mit extrem wenig Inhalt gewesen, sagt der Schorndorfer Oberbürgermeister, der auch SPD-Kreisrat und Aufsichtsmitglied bei den Rems-Murr-Kliniken ist, bei seiner eigenen Pressekonferenz im örtlichen Rathaus. Das Ergebnis sei kein Wunder, angesichts der Tatsache, dass da einige Leute aus München angereist seien, die lediglich „einen halben Tag durch die Schorndorfer Klinik spaziert“ wären, keinerlei Unterlagen eingesehen und mit niemandem geredet hätten, der sich auskennt.

Den Gutachtern von dem Münchner Büro Drees & Sommer wolle er da gar keine großen Vorwürfe machen. Schließlich sei das Thesenpapier – das im übrigen mit einem richtigen Gutachten überhaupt nichts zu tun habe – unter völlig falschen Prämissen angelegt worden, weil der Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken ihnen eine maximale Risikoanalyse aufgegeben habe. Letztlich habe man da einem bestehenden Krankenhaus mit eigener Funktionszuordnung die Konzeption eines Neubaus aus heutiger Sicht übergestülpt. Klopfer: „Die wollten das ganze Krankenhaus umdrehen.“ Mit einer sinnvollen Sanierung eines Bestandskrankenhaus habe das schlicht nichts zu tun.

Forderung nach getrennten Wirtschaftlichkeitsberechenungen

Deshalb sei ganz klar, dass in einem sinnvollen Gutachten für das laut Klopfer hervorragend funktionierende Krankenhaus die Funktionszuordnung zwar optimiert aber nicht neu angeordnet werden müsse. Es gehe darum, die medizinischen Standards von 2016 zu erreichen. Ansonsten seien nötige Sanierungen zu 80 Prozent erledigt. Einen gewissen Stau gebe es tatsächlich – „der ist aber vor allem den aus dem Ruder gelaufenen Kosten in Winnenden geschuldet.“ In diesem Zusammenhang mahnt der Schorndorfer OB auch dringend eine getrennte und objektive Wirtschaftlichkeitsrechnung für die Häuser an. Sein Verdacht: Schorndorf trage da tendenziell eher zur Mitfinanzierung der Winnender Minusbilanzen bei.

Letztlich richtet sich der Unmut des OB, der davon überzeugt ist, dass das Schorndorfer Haus dringend erhalten bleiben muss, vor allem gegen den Kliniken-Geschäftsführer Marc Nickel, der jene Risikoabschätzung ohne entsprechenden Auftrag des Aufsichtsrats in dieser Form beauftragt habe. Nach Klopfers Eindruck in der üblichen Art eines neuen Geschäftsführers, der die aktuelle Situation quasi als Anfangsgrundlage möglichst drastisch darstellen möchte, um später selbst besser dastehen zu können.

Im Umgang mit dem Papier, so sagt Klopfer, zeige sich dann auch, „dass Landrat Richard Sigel bisweilen die Transparenzpflicht höher ansiedelt als die Zielorientierung“. Sprich: Dieser hätte wissen müssen, dass es politische Konsequenzen habe, wenn eine solche, unbelegte Zahl die Runde bei Kreisräten und in der Öffentlichkeit macht. Klopfer: „Transparenz ist gut – wenn man sich seiner Sache sicher ist.“

Klopfer: Medizinstrategie muss bis Herbst stehen

Die seiner Ansicht nach extrem unrühmliche Rolle der Chefärzte der Winnender Klinik (wir berichteten) hat der OB im eigenen Rathaus nur am Rande gestreift. Deren rufmordartige Attacke gegen die Kollegen in Schorndorf werde die Aufgabe massiv erschweren, eine sinnvolle gemeinsame Medizinstrategie zu entwickeln. „Das Tischtuch zwischen den Chefärzten ist zerschnitten“, sagt Klopfer. Womit Nickel und Sigel eine dringliche Aufgabe hätten. Denn ebendiese Strategie müsse, um weiteren Schaden von beiden Häusern fern zu halten, im Herbst stehen.

Der angerichtete Schaden indes werde sich erst in den Bilanzen für das zweite und dritte Quartal und bei der Mitarbeiterfluktuation zeigen. Klopfer zur verbalen Breitseite der Winnender Halbgötter in Weiß, die in einem Brandbrief ihren Schorndorfer Kollegen quasi das wirtschaftliche Existenzrecht abgesprochen haben: „Dass die sich der Konsequenzen ihres Handels bewusst waren, das glaube ich nicht.“ Auch im kreisinternen Konkurrenzdenken der Koryphäen liege offenbar einiges im Argen: „Die Winnender Chefärzte müssen zur Kenntnis nehmen, dass in einigen Fachbereichen die Angebote in Schorndorf qualitativ und quantitativ besser sind.“