Vodafone, Telekom und andere bauen ihre Glasfasernetze aus. Dass deshalb Bauarbeiten doppelt ausgeführt werden, verärgert viele Anwohner. Foto: Vodafone

Der Mobilfunker plant 900 000 Glasfaseranschlüsse im Südwesten. Mehr als 70 Prozent der Haushalte haben bereits einen gigabitfähigen Anschluss. Doch mangelnde Absprachen bei den Bauarbeiten verärgern viele Bürger.

Schub für den Glasfaser-Ausbau im Land: Vodafone will in den kommenden sechs Jahren 900 000 Haushalte in Baden-Württemberg mit Glasfaser versorgen. Das kündigte Vodafone am Mittwoch im Gespräch mit unserer Zeitung an. Der Ausbau erfolgt über das Unternehmen OXG, an dem neben Vodafone die Luxemburger Finanzholding Altice beteiligt ist.

Vodafone will damit stärker bei den reinen Glasfaser-Anschlüssen mitmischen, der derzeit leistungsfähigsten Technologie, die vor allem für Unternehmen wichtig ist. Rund 150 000 Glasfaser-Anschlüsse sollen im Raum Stuttgart entstehen. Hier baut derzeit die Telekom massiv Glasfaser-Anschlüsse aus, die dabei mit der Landeshauptstadt und den umliegenden fünf Kreisen kooperiert. Ende vergangenen Jahres hatten bereits rund 360 000 Haushalte, das heißt jeder vierte Haushalt, einen Glasfaseranschluss bis zum Haus.

Vodafone wiederum bietet bereits mehr als 3,7 Millionen Haushalten im Südwesten über sein Kabelnetz Internetgeschwindigkeiten von einem Gigabit an – das entspricht mehr als 70 Prozent. Dieses soll in den kommenden Jahren weiter aufgerüstet werden, indem man zum Beispiel die Anzahl der Glasfaser-Knotenpunkte erhöht. Reines Glasfaser ermöglicht gegenüber Kabelglasfaser eine etwas stabilere und höhere Datenübertragung.

„Für uns ist das kein Nachteil, dass die Telekom bereits ausbaut“, sagte Michael Jungwirth, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland. Durch die Kabelglasfaser-, TV- und Mobilfunkangebote profitiere man von der Bekanntheit im Land. Den Ärger der Bürgerinnen und Bürger über doppelt ausgeführte Bauarbeiten könne er verstehen. „Wir versuchen diesen Überbau zu vermeiden, die Anbieter müssten hier infrastrukturell mehr kooperieren.“ Jungwirth kritisierte hier die Telekom: Könnte man deren Leerrohre mitnutzen, würde das Bauarbeiten ersparen.

Doppelbauarbeiten beim Glasfaser-Ausbau sind umstritten

Mit Überbau ist gemeint, dass beim Internet-Ausbau auch dort Glasfaser verlegt wird, wo es bereits andere Glasfaserleitungen gibt oder deren Verlegung längst geplant ist. Einerseits führt er durch die Konkurrenzsituation zu besseren Angeboten, andererseits steht er bei vielen Kommunen auch in der Kritik, weil dadurch anderswo Kapazitäten fehlen und andere Haushalte noch keinen Zugang zum schnellen Internet haben.

Der baden-württembergische Innen- und Digitalisierungsminister Thomas Strobl (CDU) begrüßte die Ankündigung Vodafones, das Glasfasernetz weiter auszubauen: „Diese Jahrhundertaufgabe schaffen wir nur, wenn wir gemeinsam, Kommunen, Land, Bund und Telekommunikationsunternehmen an einem Strang ziehen.“ Gigabitnetze seien „eine der wichtigsten Aufgaben“ der Landesregierung. Baden-Württemberg sei hier im Vergleich der Bundesländer vom Mittel- ins Spitzenfeld vorgestoßen.

Das bestätigte man auch beim Telekommunikationsverbands VATM. „Baden-Württemberg ist vorne dabei, das Land versucht, die Bürokratie abzubauen“, sagte Geschäftsführer Jürgen Grützner unserer Zeitung. Noch immer bremsten lange Genehmigungsverfahren und teils komplizierte Prozesse den Gigabit-Ausbau aus.

Inzwischen hätten die Investoren auch den ländlichen Bereich entdeckt, so Jürgen Grützner. Auf dem Land belasten die hohen Zinsen und Baukosten den Glasfasernetz-ausbau. „Man kann für das gleiche Geld nicht mehr so weit bauen.“ Grützner forderte ein besseres Förderkonzept für die abgelegenen Gebiete, zudem dauerten die Bewilligungen der Behörden zu lange. Konkret heißt das: Sind die Bagger im Dorf wieder weg, haben späte Besteller es schwerer, dass sie noch einmal für den Ausbau des Internetanschlusses kommen.

Das Gigabit-Internet nimmt an Fahrt auf

Bundesweit nimmt das Gigabit-Internet weiter Fahrt auf. Derzeit haben gut 70 Prozent aller Haushalte Zugang zum schnellen Internet. Das überwiegende Gros machendie Kabelnetze von Vodafone, aber auch von Wettbewerbern wie Tele Columbus aus. Außerdem steht derzeit jedem vierten Haushalt ein reiner Glasfaseranschluss zur Verfügung. Neben der Telekom bieten hier auch viele kleinere, regionale Anbieter ihre Dienste an. Allerdings hat laut einer Studie von Dialog Consult im Auftrag des VATM nur jeder vierte Haushalt den Glasfaseranschluss auch aktiviert. Bei den Gigabit-Kabelanschlüssen dürfte der Wert etwas höher liegen.