Gestatten: Diensthündin Ate vom Zoll – sie liebt geschmuggelte Euros in dicken Bündeln. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Der Zoll in Stuttgart ist Schmugglern und Steuerhinterziehern auf der Spur – und macht dabei Millionenbeträge ausfindig.

Stuttgart - Geld stinkt nicht? Von wegen: Die Zoll-Diensthündin Ate kennt diesen typischen Duft, den Euro, Dollar oder Franken ausströmen. Diese unverwechselbare Mischung aus Papier und Druckerfarbe! Die zehn Jahre alte Hundedame hat eine Spürnase für große Summen, die als Schmuggelware im Reisegepäck stecken. „Unsere Hunde sind durch nichts zu ersetzen“, sagt Wolfram Reiner, beim Hauptzollamt für die Kontrollen im Reiseverkehr verantwortlich. Und da ist viel unterwegs: Allein im vergangenen Jahr entdeckte der Zoll Gold und Schwarzgeld für 1,5 Millionen Euro.

Aber nicht immer braucht es dafür die Spürnase eines Zoll-Spürhundes: Acht Kilo Goldbarren für 300 000 Euro und gut 60 000 Euro Bargeld steckten im Gepäck von Passagieren, die vom Stuttgarter Flughafen aus in die Türkei ausreisen wollten. Die Zöllner hatten freilich zuvor einen Tipp bekommen: Bayerische Kripoleute waren im Juli 2018 einer Bande von falschen Polizisten auf der Spur, die ältere Leute um ihr Erspartes gebracht hatten und die Beute nun ins Ausland schmuggeln wollten.

Ein echter Krimi – im doppelten Sinne

„Wir hatten aber nur die Vornamen und das Ziel Türkei“, sagt Reiner. Das Gepäck musste also besonders gründlich durchleuchtet werden – was bei den Goldbarren dann schließlich kein Problem war. Doch wo steckten die Geldscheine? In einem dicken Kriminalroman von Clive Cussler steckte die Antwort: In dem Taschenbuch in türkischer Sprache (deutscher Titel: „Höllenschlund“) geht es um einen sagenhaften Schatz des Königs Salomon, der von brutalen Kunstdieben gesucht wurde. In der wirklichen Welt steckte der Schatz sinnigerweise zwischen den Buchseiten – Zehntausende Euro in Scheinen. Die Passagiere wurden festgenommen und müssen sich nun als Mitglieder einer Trickbetrügerbande verantworten.

Nicht weit kam auch ein Reisender, der in die Türkei fliegen wollte. „In seinem Handgepäck wurde eine große Plastiktüte gefunden, mit 400 000 Euro in bar“, sagt Zollsprecher Thomas Seemann. Ein terroristischer Hintergrund konnte ausgeschlossen werden – offenbar war das Geld für einen Hausbau in der Heimat bestimmt. Dabei dürfte für den Betroffenen nicht nur das Bußgeld von zehn Prozent der Barsumme schmerzlich gewesen sein. Die deutschen Behörden fragen sich, wie er als Hartz-IV-Empfänger an so viel Bargeld gelangen konnte.

Wer braucht schon Rotluchs als Bettvorleger?

Immerhin gibt es beim Geldschmuggel auch eine erfreuliche Entwicklung: Zwar ist die aufgedeckte Gesamtsumme mit 1,5 Millionen im Jahr 2018 genauso hoch wie 2017. Allerdings ging die Zahl der Fälle von 38 auf zwölf deutlich zurück. „Offensichtlich haben sich unsere Kontrollen herumgesprochen“, mutmaßt Seemann. Dann bekäme Diensthund Ate wohl weniger zu tun.

Die Verstöße gegen die Artenschutzbestimmungen nehmen leicht zu – aber auf niedrigem Niveau. „Da hat sich das Bewusstsein geändert“, sagt die Leiterin des Hauptzollamts Stuttgart, Constanze Voß, über die 25 Fälle des vergangenen Jahres. Freilich gibt es immer wieder mal unrühmliche Einzelfälle – etwa 170 000 Glasaale, die nach Vietnam geschmuggelt werden sollten. 50 Kilo hätten satte 200 000 Euro Gewinn gebracht. Oder die Felle von Wolf und Rotluchs als Vorleger – aber ohne entsprechende Unterlagen aus den USA eingeführt.

Und was macht der Brexit mit dem Zoll?

Wenn etwas immer noch Hochkonjunktur auf dem Schmuggelsektor hat, dann sind es unversteuerte Zigaretten. Bei Passagieren, bei Busreisenden, auf der Autobahn – 1,2 Millionen Glimmstängel sind im vergangenen Jahr im Netz der Stuttgarter Zöllner gelandet. Im Jahr davor waren es lediglich 775 000 Stück. Man will sich halt die 20 Cent Steuer pro Zigarette sparen – und dafür ein Kraut rauchen, auf dem vielleicht Marlboro steht, aber das mit Marlboro nichts zu tun hat. Über 250 000 unversteuerte Zigaretten in 13 Gepäckstücken waren bisher der absolute Rekord. Es gab sechs Festnahmen. Wie es heißt, haben die Schmuggler über Portugal ihr bevorzugtes Einfallstor nach Europa.

Und wie sieht es künftig mit Großbritannien aus? Wird das Geschäft des Stuttgarter Zolls, der letztes Jahr ohnehin einen Rekord von über vier Milliarden Euro erhobenen Steuern und Zöllen verbuchte, bei einem vertragslosen Ausstieg Englands aus der EU überrollt werden? Amtschefin Voß gibt sich in dieser Frage entspannt: „Wir sind auf einen harten Brexit vorbereitet“, sagt sie. Etwa 900 Zollbeamte im ganzen Bundesgebiet könnten über das Erfassungssystem mit eingreifen, um dort zu helfen, wo es klemmt. Wie es auch immer kommen möge, sagt Constanze Voß: „Wir sind gewappnet.“