Einige der Schlecker-Nachfolgeläden kämpfen ums Überleben. Foto: dpa

Eine frühere Mitarbeiterin der Drogeriekette Schlecker muss ihren Drehpunkt in Schwaikheim schließen. Auch ein zweiter Nachfolgeladen kämpft ums Überleben.

Schwaikheim - Das Schild an der Eingangstür lässt nichts Gutes ahnen: „Geschlossen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den Rechtsanwalt.“ Der heißt Anton Rosenauer und bestätigt die Vermutung, warum es im Drehpunkt Schwaikheim dunkel bleibt: „Die Firma musste Insolvenz anmelden“, sagt der Stuttgarter Fachanwalt. Der Geschäftsbetrieb könne nicht aufrecht erhalten werden. Eröffnet wurde das Insolvenzverfahren am 14. Juli. Fragen nach den Gründen bleiben unbeantwortet – die Inhaberin Heike Hirning und ihre Geschäftspartnerinnen äußern sich nicht. Ihre Kolleginnen vom Drehpunkt Welzheim äußern Bedauern: „Sie tun mir wirklich leid. Sie haben es mit allen Mitteln versucht, aber trotz ihres Engagements hat es nicht funktioniert. Man kann die Kunden ja nicht in den Laden zwingen“, sagt Martina Bareiss, eine der Geschäftsführerinnen der Welzheimer Drehpunkt-Filiale.

Zur Erinnerung: Nach der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker und der Schließung der Filialen eröffneten 2013 in einigen Gemeinden des Rems-Murr-Kreises Nachfolgeläden. Zu den sogenannten Drehpunkt-Drogerien gehören die Filialen in Schwaikheim und Welzheim. Eine weitere ehemalige Schlecker-Mitarbeiterin ist Sonya Brosi, die eine Drogerie in Kirchberg/Murr betreibt.

Schwierigkeiten für kleine Läden

Einfach, das sagen sowohl Martina Bareiss als auch Sonya Brosi, sei es als kleine Drogerie nicht. Dafür gebe es mehrere Gründe. Es seien vor allem die älteren Kunden, die einen Drogeriemarkt vor Ort zu schätzen wüssten. „Die Jüngeren erledigen eher mal einen Notkauf, wenn sie merken, dass keine Zahnpasta im Haus ist“, sagt Sonya Brosi. Durch die Zusammenarbeit mit Bestell- und Paketshops, den Verkauf von regionalen Produkten oder Geschenkartikeln versuchen beide Drogerien, weitere Kunden zu gewinnen. „An Ideen mangelt es nicht“, sagt Martina Bareiss.

Schwierig sei hingegen die Zusammenarbeit mit den Lieferanten. „Die würden die Waren gerne containerweise bringen. Aber den Umsatz schafft man als kleiner Laden nicht. Und dann bekommt man die Ware nicht zu dem Preis, den man bräuchte“, erzählt Brosi. Dieser Umstand führt im Drehpunkt Welzheim immer wieder zu kuriosen Situationen. Weil bei einigen Firmen die Mindestbestellmengen viel zu groß sind, fehlen manche Artikel wochenlang im Regal. „Ab und zu holen wir diese Artikel dann bei der Konkurrenz. Das ist teuer und anstrengend“, sagt Bareiss.

Vor der Haustüre baut die Konkurrenz

Eigentlich möchte der Drehpunkt Welzheim mit einem neuen Vertriebspartner aus Norddeutschland zusammenarbeiten. „Das wäre toll, weil der noch nicht so bekannt ist und er schöne Eigenprodukte hat.“ Die Geschäftsführerinnen müssten dafür aber 30 000 Euro in die Hand nehmen, um zum Beispiel ein neues Kassensystem zu finanzieren. An sich kein Problem, wäre da nicht die Tatsache, dass genau gegenüber eine Rossmann-Filiale entstehen soll. Eigentlich dachte Martina Bareiss, dass die Gemeinde vielleicht von den Plänen abrückt, „aber uns wurde letztens gesagt, dass nächstes Jahr mit den Bauarbeiten begonnen wird.“

Ob sie unter diesen Voraussetzungen so viel Geld aufnehmen möchte, weiß Martina Bareiss noch nicht. „Wir werden uns jetzt beraten lassen. Aber es kann sein, dass wir uns entschließen, einen Ausverkauf zu starten und den Laden zuzumachen.“ Das wäre schade, denn eigentlich würden sie und ihre Partnerinnen gerne weitermachen. „Wir sind von der Idee überzeugt und stehen voll dahinter.“

Auch Sonya Brosi hat ihren Schritt in die Selbstständigkeit noch nie bereut: „Es könnte natürlich immer besser sein, aber ich mache das seit dreieinhalb Jahren, und ich werde auch weiter machen“, sagt sie.

Die Schlecker-Pleite

Insolvenz
Im Januar 2012 stellte Anton Schlecker beim Amtsgericht Ulm Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die deutschen Drogeriemarktfilialen wurden in der Folge schrittweise geschlossen, rund 25 000 Menschen verloren ihren Job. Einige wenige ehemalige Angestellte, meist Frauen, machten sich mit Nachfolgeläden selbstständig.

Anklage
Vor der Pleite seines Drogerieimperiums soll Schlecker in 36 Fällen viel Geld beiseite geschafft haben. Das wirft ihm die Stuttgarter Staatsanwaltschaft vor. Neben dem 71 Jahre alten Firmenpatriarchen sind auch seine Ehefrau Christa, seine zwei Kinder sowie zwei Wirtschaftsprüfer angeklagt.