Studien zeigen, welche Mittel gegen Halitosis, wie dauerhafter Mundgeruch medizinisch genannt wird, helfen. Foto: Gina Sanders - stock.adobe.com/Erwin Wodicka - wodicka@aon.at

Fasten, Corona und ganz andere Dinge führen zu Mundgeruch. Studien zeigen: Probioten und Laserstrahlen können helfen. Vor Antibiotika hingegen wird gewarnt.

Die Coronapandemie hat gelehrt: Es gibt Angenehmeres, als eine Maske vor Mund und Nase zu tragen. Doch führt es auch zum Mundgeruch? In einigen Ländern wie Indien und den USA kursiert neuerdings der Begriff des Mask Mouth Syndrome. In Deutschland verwenden Ärzte diesen Begriff selten, aber die mit dem Maskentragen einhergehende Halitosis, wie dauerhafter Mundgeruch medizinisch genannt wird, ist auch hier ein Thema.

Einer der Forscher, die sich damit beschäftigen, ist Philipp Kanzow von der Poliklinik für Präventive Zahnmedizin, Parodontologie und Kardiologie der Universitätsmedizin Göttingen. Er befragte zusammen mit Forscherkollegen 3750 Männer und Frauen im Alter von durchschnittlich 50 Jahren nach ihren Mundgeruchserfahrungen während der Coronapandemie. Sie nahmen offenbar deutlich zu, um rund 20 Prozent bei einer durchschnittlichen Maskentragdauer von vier Stunden pro Tag.

Doch Befragungen und Antworten von Menschen sind das eine, die Messdaten objektiver Parameter etwas anderes. Also untersuchten Kanzow und Kollegen an 40 oralgesunden Probanden, wie sich deren Speichelparameter und die Konzentration flüchtiger Schwefelverbindungen – sie gelten als Hauptauslöser für Mundgeruch – in der Atemluft beim vierstündigen Tragen verschiedener Masken verändert.

Beim Ergebnis der Analyse schälten sich keine sonderlichen Veränderungen heraus. „Die Menge der flüchtigen Schwefelverbindungen war vor und nach dem Tragen der Masken weitgehend gleich“, betont Kanzow. Die subjektiven Halitosis-Erfahrungen beim Maskentragen werden also nicht unbedingt durch objektive Messungen im Mundraum gedeckt.

Allerdings wisse man aus anderen Studien, so der Zahnmediziner, dass sich beim Maskentragen das Atemverhalten ändert: „Man atmet dadurch verstärkt über den Mund.“ Und dadurch trockne der Mund aus, sodass der Speichel nicht mehr die Keime mit ihren schwefelhaltigen Stoffwechselprodukten fortspülen kann.

Ein echtes Volksleiden

Andererseits ist Halitosis auch ohne Masken in der Bevölkerung weitverbreitet. Die Zahl der Betroffenen wird auf 22 bis 32 Prozent geschätzt, je nach Art der Erhebung. Der Leidensdruck ist beträchtlich. In den Broschüren der Krankenkassen heißt es: „Mundgeruch macht einsam.“ Denn dauerhafter Mundgeruch drängt den Betroffenen ins soziale Abseits. Nicht umsonst greifen 15 Millionen Bundesbürger regelmäßig zu Mundwasser, und die US-Amerikaner geben jährlich mehr als 1,5 Milliarden Dollar für Atempflegeprodukte aus.

Halitosis bereitet eben Kummer, auch wenn hinter ihr meistens nichts Schlimmeres steckt. In etwa 90 Prozent der Fälle stammen ihre Ursachen aus dem Mund, und dort sitzen, wie Mel Rosenberg von der Universität Tel Aviv betont, die Hauptschuldigen oft auf dem Zungenrücken. „Er wird nur selten vom Speichel gereinigt“, erklärt der Mikrobiologe und Zahnmediziner, „und in seinen kleinen Fältchen können sich Bakterien gut ansiedeln.“

In Anbetracht der unerwünschten Bakterienschwemme erscheint es naheliegend, in der Therapie von Halitosis auf Antibiotika zu setzen. Doch sie vertreiben nur kurzfristig den Belag von der Zunge, außerdem rauben sie mit ihrem Radikaleffekt den dort ansässigen Pilzen die natürlichen bakteriellen Gegenspieler mit der Folge, dass die Zunge mit einem dichten Pilzbelag überzogen wird. „Und dann wird es“, warnt Rosenberg, „wirklich ernst.“

Kaugummi? Tabletten? Spülungen?

Besser, man stabilisiert das Mundmilieu, etwa durch den Einsatz probiotischer Kulturen, um die Geruch erzeugenden Bakterien im Mund zurückzudrängen. Ein Forscherteam der chinesischen Sichuan University hat kürzlich sieben Probiotika-Studien analysiert, bei denen die Verabreichungsmethoden der Kulturen von Kaugummis über Lutschtabletten bis zu Mundspülungen reichten.

Es zeigte sich, dass sie die Schwefelverbindungen um rund 25 Prozent und den Mundgeruch sogar um mehr als 50 Prozent zurückdrängen konnten. Zumindest über einen Zeitraum von vier Wochen. Für längere Wirkdauern sieht hingegen die Datenlage nicht so gut aus. Dies gebe einen deutlichen Hinweis darauf, so Kanzow, „dass die probiotischen Kulturen kurzfristig die flüchtigen Schwefelverbindungen im Mundraum reduziert, nicht aber die Ursachen der mikrobiellen Abbauprozesse beseitigt haben“.

Mikrobiologe Rosenberg plädiert dafür, neben den Zähnen auch den Zungenrücken mit einer Bürste zu reinigen – so wie man es schon seit vielen Jahrhunderten im Fernen Osten macht. Klinische Studien belegen die Effekte dieser traditionsreichen Methode. Demzufolge verschwindet schon nach der ersten Reinigung ein großer Teil des Belags. Einmal täglich ein bis zwei Minuten reichen aus. Alternativ dazu kann man auch zu sogenannten Zungenschabern greifen, wie sie mittlerweile in Drogerien und Apotheken angeboten werden.

Komplexere Ursachen

Polnische Forscher kommen in einer aktuellen Analyse von acht klinischen Studien zu dem Schluss, dass die antibakterielle Photodynamische Therapie, wie sie bei Parodontitis eingesetzt wird, gegen Mundgeruch helfen kann. Dabei werden Zahnfleisch und Zungenrücken mit einem so genannten Fotosensibilisator bestrichen, der danach mit Laserlicht bestrahlt wird. Das ist aufwendig, weswegen es nur in wenige Zahnarztpraxen angeboten wird. Und die langfristige Wirkung ist keineswegs sicher.

Kanzow empfiehlt ohnehin, bei hartnäckigem Mundgeruch, der sich auch schon diversen Therapieversuchen widersetzt hat, mögliche Ursachen jenseits der Mundhöhle in Betracht zu ziehen: „Denn wenn Mundgeruch zu 90 Prozent der Fälle im Mund verursacht wird, heißt dies umgekehrt, dass er immerhin zu zehn Prozent woanders verursacht wird.“

Etwa im HNO-Bereich oder durch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, und wenn aus dem Mund ein Geruch nach Lehm oder Ammoniak strömt, kann dies auf eine schwere Leberkrankung oder Nierenversagen hinweisen. Auch dauerhaft eingenommene Medikamente können sich geruchlich im Atem niederschlagen. Und wer einige Tage fastet, verringert nicht nur den Speichelfluss, sondern fördert auch die Produktion von Ketonkörpern, die zu stark riechendem Aceton abgebaut werden. In diesem Falle riecht dann der Atem wie Nagellack.

Praktische Tipps

Speisen
Es empfiehlt sich sehr, immer zu frühstücken, denn das reinigt den Zungenrücken und kurbelt den Speichelfluss an.

Atmen
Stets versuchen, über die Nase einzuatmen, damit der Mund nicht austrocknet und weiterhin vom Speichel gespült werden kann.

Trinken
Regelmäßiger Genuss von grünem Tee hemmt das Wachstum des Solobacterium moorei, das besonders fleißig an der Produktion übler Duftstoffe im Mund beteiligt ist.

Dünsten
Wer nach einer Knoblauch-Mahlzeit seinen Mund mit Duftwässern ausspült, wird trotzdem ein tiefes Geruchserlebnis hinterlassen. Denn die Schwefelstoffe der Knolle schaffen es auch über Haut und Lunge, an mitmenschliche Nasen zu kommen.