Kreuzfahrtschiffe und Frachter sind eine der Hauptquellen für Luftverschmutzung in Europa. Segler schaffen die Null-Emission. Foto: dpa

Während in der Autoindustrie die Grenzwerte für CO2 und Stickoxide kontinuierlich nach unten gedrückt werden, verheizt die Schifffahrt Billigkraftstoff. Die Emissionen belasten das Klima massiv. Langsam beginnen die Reedereien aber umzudenken.

Stuttgart - 450 Kilogramm Ruß, 5250 Kilo Stickoxid, 7500 Kilo Schwefeldioxide am Tag – das ist die Bilanz eines Kreuzfahrtschiffs, dessen Abgase nicht durch Filter oder Entschwefelungsanlagen gereinigt werden.

Während bei Automobilen die Grenzwerte für Klimagase wie CO2 und Schadstoffe wie Stickoxid immer weiter nach unten gedrückt werden, ziehen auf dem Weltmeeren immer noch alte Stinker ihre Bahnen. Die weltweite Schifffahrt ist nach Angaben der Umweltschutzorganisation Nabu einer der Hauptverursacher der Luftverschmutzung in Europa. Ohne Gesetzesverschärfungen, so die Nabu-Experten, werden die Emissionen der Frachtflotten und Luxusliner in Europa bis 2020 über jene in allen anderen Sektoren der Wirtschaft steigen.

Der Grund für den Dampf über den Weltmeeren ist vor allem der verwendete Treibstoff und fehlende Reinigungstechnik an Bord. „Die Ursache ist, dass Hochseeschiffe mit Schweröl fahren, das sehr hohe Schwefel- und Schwermetallanteile enthält“, heißt es vom Nabu. Auch staatliche Stellen wie das Dessauer Umweltbundesamt (UBA) sehen die Schifffahrt als eines der Hauptprobleme für eine sauberere Mobilität im 21. Jahrhundert an.

Schweröl als Haupttreibstoff

Der Haupttreibstoff der globalen Handels- und Passagierflotten ist nach wie vor Schweröl. Hunderttausende Tonnen werden jedes Jahr auf den Weltmeeren und auf den Binnenwasserstraßen wie dem Rhein oder der Donau verheizt. Die zähe, bitumenartige Substanz stellt de facto einen Rückstand der Benzin- und Dieselherstellung in Raffinieren dar. Die Schwefelgehalte dieses Uralt-Kraftstoffs liegen mitunter 3500 Mal so hoch wie diejenigen von Lkw-Diesel. Und Abgsasreinigungsanlagen, wie sie im Automobilbereich seit Jahrzehnten vorgeschrieben sind, findet man bei Schiffen noch selten. Zwar gelten in den Gewässern der Europäischen Union seit Anfang 2015 verschärfte Regelungen, die den schlimmsten Dreckschleudern den Garaus machen sollen, aber in weiten Teilen der Seegebiete herrscht immer noch Abgasanarchie.

Lediglich in der Nord- und Ostsee sowie im Ärmelkanal sind die Betreiber der Ozeanriesen und Frachter mittlerweile gezwungen, ihre Schiffe mit Abgasfilteranlagen auszustatten oder auf Schweröl mit niederem Schwefelgehalt umzusteigen. Von „signifikanten Verbesserungen“ spricht denn auch der Nabu, der die Öko-Bilanz der Flotten regelmäßig untersucht.

Die Branche investiert fast eine Milliarde Euro in Öko-Technik

Fortschritte sind auch bitter nötig, denn die teils giftigen Dampfer-Abgase werden durch Wind und Wetter teilweise bis tief ins Landesinnere getrieben und erhöhen dort die Schadstoffbelastung in den sowieso schon mit Luftproblemen kämpfenden Metropolen. Um „bis zu 400 Kilometer“ können die Schiffs-Schwaden nach Nabu-Daten landwärts versetzt werden.

Obwohl die Politik in Sachen Schadstoffbelastung auf hoher See umzudenken beginnt und härtere Grenzwerte am Horizont auftauchen, sind die Fortschritte bei der Umrüstung von Schiffen auf saubere Treibstoffe wie verflüssigtes Erdgas – sogenanntes LNG – oder auch Elektroantriebe für Kleinschiffe – noch nicht sehr weit gediehen. Der Druck der Fracht-Lobby ist enorm. Kein Wunder: Schwefelarmer Treibstoff kostet mitunter rund 40 Prozent mehr als Normal-Schweröl. In Summe schlägt die Spritrechnung bei den Reedereinen mit etwa einem Viertel der Gesamtkosten zu Buche.

Dennoch: Insbesondere die großen Kreuzfahrt-Reedereinen, haben – auch unter dem Druck der Öffentlichkeit – erkannt, wie brisant das Umweltthema für ihre schnell wachsende Branche und eine zusehends Öko-bewusste Klientel ist. Im Mai kündigte Aida-Cruises – einer der großen der Branche – an, seine Kreuzfahrtschiffe in Zukunft mit moderner Abgastechnik auszurüsten. Andere Anbieter wie Costa Cruises ziehen nach. In den vergangenen Jahren hätten die Kreuzfahrtgesellschaften „mehr als eine Milliarde US-Dollar (900 Millionen Euro)“ investiert, um ihre Schiffe sauberer zu machen, heißt es vom Verband der Kreuzfahrtindustrie (Clia). Das Geld fließt laut Clia in Spritspar-Technologien, aber auch in Filtersysteme, die zu einer Absenkung der Emissionen um bis zu 90 Prozent führen sollen. Ein besseres Abfallrecycling an Bord soll Kritikern zudem Wind aus den Segeln nehmen.

Umweltschutzorganisationen wie der Nabu schöpfen angesichts der jüngsten Entwicklung etwas Hoffnung. „Die Schiffe werden sauberer“, heißt es im aktuellen „Kreuzfahrranking“ der Nichtregierungsorganisation. Zwei neue Aida-Schiffe sollen nun sogar moderne LNG-Antriebe erhalten. Das ist allerdings nur der Anfang: Auf den Weltmeeren gebe ist immer noch „viel zu wenige Schiffe mit umweltfreundlicher Antriebstechnik“, so die Experten.