So werben jetzt die Schauspielbühnen Stuttgart Foto: Schauspiel

Seit dieser Spielzeit gestalten Studenten die Werbeplakate der Schauspielbühnen Stuttgart – mit ungewöhnlichen, attraktive, witzigen Ergebnissen

Stuttgart - Ein Männerporträt als Zerrspiegel, darüber in roten Druckbuchstaben der Titel „Reine Hysterie“. Mit diesem Plakat kündet das Alte Schauspielhaus eine neue Produktion an, die an diesem Freitag Premiere haben wird. In diesem Schauspiel von Terry Johnson – erzählt wird vom Psychoanalytiker Sigmund Freud im Londoner Exil 1939 – führt Intendant Manfred Langner Regie. Und Langner hat es auch zu verantworten, dass es für die Schauspielbühnen Stuttgart seit dieser Saison eine völlig neue Art der Werbung gibt. Statt wie bisher mit Fotos der Schauspieler des Alten Schauspielhauses und der Komödie im Marquardt aufmerksam zu machen, sollen nun Plakate, Faltblätter und Illustrationen in Programmheften mit inhaltlichen Schwerpunkten zum Theaterbesuch verführen. Gestaltet wurde die Serie für die Spielzeit 2015/16 von Studenten der Hochschule Konstanz.

Eine Ausstellung im Erd- und Obergeschoss des Alten Schauspielhauses zeigt Entwürfe, alle annähernd im DIN-A3-Format, die in die Endrunde gingen. Zu sehen sind auch solche, die als Vorlage für jeweils 250 Plakat-Druckexemplare im DIN-A1-Format pro Inszenierung dienen. „Wir gehen mit den grafischen Entwürfen neue Wege in der Werbung für unser Haus, weil wir außer unserem Stammpublikum auch Menschen ansprechen wollen, die unser Theater noch nicht kennen“, sagt Manfred Langner.

Studenten sorgen für Werbung im Stadtraum

Die Idee leuchtet ein: Wer nie im Theater war, dem sagen fotografische Porträts der dort tätigen Schauspieler nicht viel. Werden auf einem Plakat inhaltliche Schwerpunkte einer Inszenierung gesetzt, fällt die Werbung im Stadtraum eher auf. „Studenten, die sich mit Illustration befassen, haben es schwer, ihre Entwürfe landen meist in der Schublade oder gleich im Papierkorb“, sagt Isabella Heudorf. Sie ist seit zwölf Jahren dem Trägerverein der Schauspielbühnen Stuttgart verbunden und knüpfte nach Absprache mit der Intendanz den Kontakt zur Hochschule Konstanz – und rannte offenen Türen ein.

„Theaterplakate sind praxisorientierte Arbeiten, die Illustrationen darauf Übertragungen des Sujets“, sagt der Konstanzer Professor Thilo Rothacker. „Beflügelt und erfreut“ von der Idee, lud Manfred Langner 25 Studenten und ihren Professor zur Hausbesichtigung und Vorstellung ein.

Spiegelung von Atmosphäre und Regiearbeit

Und nach dem Querlesen der Schauspieltexte machten sich die Studenten an die Arbeit. „Zu viel Text zu lesen verstellt den Blick, wichtiger war, Atmosphäre und Regiearbeit zu erleben“, sagt Professor Rothacker. Viele Entwürfe seien für insgesamt 23 Produktionen vorgelegt worden. Autor des Siegerentwurfs für „Reine Hysterie“ wurde Nico Braun. „Gestalten und Schauspielkunst greifen hier als freie Künste ineinander“, sagt Rothacker.

Die Auswahl der besten studentischen Entwürfe ist noch bis 8. November im Alten Schauspielhaus in Stuttgart zu sehen.