Im Gewerbegebiet werden auch künftig keine alten Menschen gepflegt Foto: dapd

Ein Investor wollte an der Scharnhauser Straße ein Pflegeheim bauen. Die Stadt hat abgelehnt – dort ist es wegen des Gewerbegebiets und der angrenzenden Mittleren Filderstraße zu laut.

Plieningen - Ein Alten- und Pflegeheim oder andere Formen des altersgerechten Wohnens wünschen sich viele Plieninger schon lange – das zeigt sich nicht erst seit der derzeit laufenden Bürgerbeteiligung für die weitere Entwicklung der Ortsmitte, bei der über das Thema diskutiert wird. Bereits seit Jahren sind immer wieder unterschiedliche Standorte für ein solches Vorhaben im Gespräch.

Im Ortskern fehlt es an verfügbaren Flächen

Ein konkretes Bauprojekt ist daraus bisher aber nicht erwachsen. Denn die Frage ist, wo ein Pflegeheim gebaut werden könnte. Im Ortskern jedenfalls sind verfügbare Freiflächen Mangelware. Also sind Begehrlichkeiten für Areale laut geworden, die sich aus baurechtlicher Sicht nicht dafür eignen, dass dort hilfebedürftige alte Menschen versorgt werden – nämlich im Plieninger Gewerbegebiet Dreifelderstraße.

Schon einmal gab es in jüngster Zeit den Vorstoß eines Heimträgers, im Gewerbegebiet eine solche Einrichtung zu bauen. Dies hatte die Stadt abgelehnt. Nun gab es im Januar dieses Jahres einen erneuten Versuch. Demnach hat wieder ein Unternehmen angefragt, ob es möglich sei, ein Pflegeheim zu errichten – dieses Mal auf einem städtischen Grünstreifen an der Scharnhauser Straße 40, nur wenige Meter vom Kreisverkehr an der Dreifelderstraße entfernt.

Baurecht lässt ein Pflegeheim an dem Standort nicht zu

Auch dieses Projekt hat die Stadt nun abgelehnt – mit derselben Begründung, die sie vor gut einem Jahr schon einmal geliefert hat. „Das Baurecht lässt eine solche Nutzung an dieser Stelle nicht zu“, sagt Susanne Frucht vom Stadtplanungsamt. Um dort zu wohnen, sei es zu laut – und das nicht nur wegen des Gewerbegebiets, in dem es wegen produzierender Betriebe naturgemäß öfter geräuschvoll zugeht. Das Grundstück liegt an der Scharnhäuser Brücke und grenzt damit direkt an die Mittlere Filderstraße an. „Da kommt noch der Verkehrslärm hinzu“, erklärt Frucht. Das zusammengenommen schließe aus, dass dort ein Pflegeheim angesiedelt werden könne.

Damit scheint klar, dass ein Pflegeheim im Gewerbegebiet keine Chancen hat. Das allerdings hatte auch lange für eine Kita des privaten Anbieters Minimax Kids an der Dreifelderstraße gegolten. Jahrelang hatte sich die Stadt gegen die Einrichtung der Kita an jener Stelle gewehrt, mit eben der Begründung, dass eine soziale Nutzung von Gewerbeflächen nicht erwünscht sei. Als aber der Druck auf die Stadt wuchs, wegen des Rechtsanspruchs auf Kleinkindbetreuung schnellstmöglich Kita-Plätze zu schaffen, änderte sich die Ausgangslage überraschend schnell: Innerhalb weniger Monate wurde der Bebauungsplan geändert, und die Kita durfte ins Gewerbegebiet ziehen.

Wohnen für Senioren gilt als besonders sensibel

Dennoch sei ein Pflegeheim anders zu bewerten als eine Kita. Das Wohnen für Senioren gelte als besonders sensibel und unterliege wegen des erhöhten Ruhebedarfs der alten Menschen noch strengeren Vorgaben, betont Doris Rüdiger vom Liegenschaftsamt. Das hat sich ebenfalls mit dem Fall beschäftigt, weil das Grundstück in städtischer Hand ist. Rüdiger gibt zudem zu bedenken, dass auch Gewerbetreibende einen Anspruch darauf hätten, ungestört produzieren zu können. „Gewerbeflächen sind schließlich ebenfalls knapp“, sagt sie. Deshalb sieht sie eine Ansiedlung eines Pflegeheims äußerst skeptisch.

Auch die Plieninger Bezirksvorsteherin Andrea Lindel hält den Standort an der Scharnhauser Straße für fragwürdig. Die Entscheidung der Stadt ist für sie nachvollziehbar. „Wer will schon am Rand eines Gewerbegebiets wohnen?“, sagt sie. Für alte Menschen sei es schöner, irgendwo im Flecken ihren Lebensabend zu verbringen. „Da können sie am Leben teilnehmen“, sagt Lindel. Doch auch die Bezirksvorsteherin sieht das Problem, dass es kaum Flächen im Zentrum gibt, die bebaut werden könnten. Dass Bedarf für ein Pflegeheim in Plieningen besteht, ist für sie unstrittig. Zwar sei es möglich, auch in den Nachbarbezirken ein freies Bett zu bekommen. „Perspektivisch müssen wir aber schon schauen, wie das in Plieningen ist. Schließlich wollen die alten Leute in der Nähe wohnen, wenn sie ins Heim müssen.“ Darüber hinaus gelte es, über alternative Wohnformen wie etwa Senioren-Wohngemeinschaften oder Mehrgenerationenhäuser nachzudenken.

Pflegeheimplätze in Plieningen:

Bedarf
: In Plieningen fehlen bis zum Jahr 2020 konkret 130 Pflegeheimplätze. So sagt es Alexander Gunsilius, der beim städtischen Sozialamt für die Sozialplanung zuständig ist. Innerhalb des Stadtgebiets seien die Zahlen ganz unterschiedlich, Plieningen hat in der Hinsicht eine eher schlechte Bilanz.

Alternativen
: Zwar fehlen in Plieningen selbst viele Plätze, es gibt aber in den Nachbarbezirken viele Alteneinrichtungen, zum Beispiel das Nikolaus-Cusanus-Haus in Birkach, das Seniorenzentrum Schönberg der Bruderhaus-Diakonie, das Möhringer Pflegezentrum Bethanien oder der Filderhof in Vaihingen.

Einschätzung
: „Obwohl es Alternativen gibt, ist die Welt ist in Plieningen nicht in Ordnung. Wir brauchen da eine Einrichtung“, sagt Alexander Gunsilius. Das Problem ist allerdings dasselbe wie überall in Stuttgart: Es fehlt an Flächen. „Die Sahnestücke bei den Grundstücken sind eben schon weg“, sagt Gunsilius.