Eine "Scharia-Polizei" ist in Wuppetal unterwegs "auf Streife". Foto: dpa

Eine „Scharia-Polizei“ patrouilliert durch Wuppertal und verkündet islamisches Recht. Im Internet wird eine „scharia-kontrollierte Zone“ ausgerufen. Die Provokation radikaler Islamisten sorgt für Empörung.

Eine „Scharia-Polizei“ patrouilliert durch Wuppertal und verkündet islamisches Recht. Im Internet wird eine „scharia-kontrollierte Zone“ ausgerufen. Die Provokation radikaler Islamisten sorgt für Empörung.

Wuppertal - Ganz ohne Musik, die radikale Islamisten so missbilligen, geht es auch in ihren eigenen Propaganda-Videos nicht. Zu ihren religiösen Gesängen zeigen sich dort vollbärtige Gestalten, die in Wuppertal für ihre Auffassung von Recht und Ordnung auf Patrouille gehen: Eine „Scharia-Polizei“ ist in der Großstadt im Bergischen Land unterwegs „auf Streife“. Es ist der jüngste PR-Coup der salafistischen Szene in Wuppertal. Im Mai war dort ein salafistisches Zentrum eröffnet worden, der radikale Prediger Pierre Vogel trat als Redner auf. „Die hatten einen ziemlichen Zulauf“, sagt eine Polizeisprecherin. Doch danach war es ruhiger geworden, der Mietvertrag für das Zentrum wurde gekündigt: Im Dezember müssen die Salafisten raus.

Dennoch: Bei der Vorstellung des jüngsten Verfassungsschutzberichtes wurde Wuppertal als Hochburg der Salafisten genannt, deren Anhängerschaft in Nordrhein-Westfalen inzwischen auf 1800 gestiegen ist. Für den Wuppertaler Integrationsbeauftragten Hans-Jürgen Lemmer ist der Auftritt der „Scharia-Polizei“ eine „gezielte Provokation“. „Das ist eine höchst gefährliche Truppe, die für den Heiligen Krieg rekrutiert“, sagte er der „Westdeutschen Zeitung“. Die Aktion hat ihr Vorbild in London: Dort patrouillierten Islamisten bereits vor einem Jahr nachts durch die Straßen.

In orangefarbenen Westen mit dem Aufdruck „Shariah Police“ und mit einem gelben Flyer zeigen die Salafisten, was aus ihrer Sicht durch islamisches Recht - die Scharia - so alles verboten ist: Alkohol, Glücksspiel, Musik und Konzerte, Pornografie und Prostitution, Drogen. „Shariah Controlled Zone“ steht auf den Verbots-Hinweisen - scharia-kontrollierte Zone. Das erinnert an die Propaganda von Neonazis mit ihren „national befreiten Zonen“.

Wuppertals OB zeigt sich alarmiert

Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) zeigt sich alarmiert: Man verurteile die Aktion „aufs Schärfste“, ein solches Verhalten dürfe nicht geduldet werden. „Diese Personen wollen bewusst provozieren und einschüchtern und uns ihre Ideologie aufzwingen. Das lassen wir nicht zu.“ Die CDU-Opposition im NRW-Landtag regt bereits Gesetzesverschärfungen an: „Das darf sich ein wehrhafter Rechtsstaat nicht bieten lassen.“

Doch der Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft zeigt auf, in welchem Dilemma die Strafverfolger stecken: „Das bloße Empfehlen religiöser Regeln ist nicht strafbar“, sagt Wolf-Tilmann Baumert. Erst wenn jemand tatsächlich daran gehindert werde, eine Diskothek oder Spielhalle zu betreten, könnte dies als Nötigung verfolgt werden.

So müssen sich die elf selbsternannten Islam-Tugendwächter nur auf Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsrecht einrichten. Der Auftritt in den Westen wird allerdings als unerlaubte Uniformierung verfolgt, möglicherweise kommt noch das Abhalten einer unangemeldeten Kundgebung hinzu.

Wuppertals Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher forderte die Bevölkerung auf, nicht wegzuschauen: „Wählen Sie 110, wenn Sie diesen Leuten begegnen.“ Bislang hatten die Salafisten eher in der Nachbarstadt Solingen für Ärger gesorgt. Dort war die radikale Millatu-Ibrahim-Moschee im Visier des Staatsschutzes, im Mai 2012 lieferten sich dort Salafisten eine Straßenschlacht mit der Polizei. Ein Jahr später wurde der gleichnamige Verein Millatu Ibrahim verboten.