Harald Barg, Mannschaftsführer des Bundesligisten SK Schwäbisch Hall: Der Erfolg ist eher Weg als Ziel Foto: StN

Spitze bringt Breite: Der SK Schwäbisch Hall startet in seine zweite Bundesliga-Saison – und gehört erneut zu den Mitfavoriten. Neben dem Spitzensport hat der Verein noch viele weitere Aktivitäten gestartet.

Schwäbisch Hall - Er ist vielleicht der spektakulärste Spieler der Schach-Bundesliga. Und es war der spektakulärste Augenblick der vergangenen Saison. An diesem 6. Dezember 2014 dachte Li Chao in aussichtsreicher Stellung eine geschlagene halbe Stunde über seinen nächsten Zug nach. Er hätte sich ein risikoloses Remis sichern können. Aber er wollte mehr, ging aufs Ganze, riss alle Brücken hinter sich ein – und stürzte ab. Diese atemberaubende, wilde Partie gegen den lettischen Schach-Riesen Alexander Schirow hätte der Saison eine andere Richtung geben können, eine sensationelle. Denn Aufsteiger Schwäbisch Hall hätte den Abonnementsmeister Baden-Baden vom Spitzenplatz verdrängen können. Letztlich kam es anderes, das Team um den chinesischen Spitzenspieler belegte am Ende den vierten Tabellenplatz.

Doch auch das war noch immer eine bemerkenswerte Geschichte. Denn das „Hallesche Dorf“ hat die Schach-Welt gehörig durchgerüttelt. Das Team des Mannschaftsführers Harald Barg ist in einem rasanten Ritt direkt von der Landesliga über Verbandsliga, Oberliga und Zweite Bundesliga bis ins Oberhaus des deutschen Schachs aufgestiegen. An diesem Wochenende beginnt für den SK Schwäbisch Hall das zweite Jahr in der Bundesliga – und wieder könnte die mit internationalen Spitzenspielern gespickte Mannschaft in den Kampf um die vorderen Plätze eingreifen.

Dabei ist der beeindruckende Erfolg eigentlich eher der Weg als das Ziel dieses Clubs. „Wir wollten einem ziemlich leblosen Verein neue Energie geben“, beschreibt Harald Barg die Philosophie des vor fünf Jahren begonnen Kurses. „Spitze bringt Breite“, das sei das Motto gewesen. Weltweit bewunderte Großmeister wie der diesjährige Spitzenspieler Dimitri Jakowenko oder im vergangenen Jahr der israelische WM-Herausforderer Alexander Gelfand, eine lebende Schach-Legende, brachten nicht nur den Glanz dieser Sportart nach Schwäbisch Hall, sondern tatsächlich auch neuen Schwung in den Verein, der heute über 100 Mitglieder zählt.

Angebote für den Nachwuchs und für Gefängnisinsassen

Und um die Breite kümmert sich der SK Schwäbisch Hall vorbildlich. Der Verein organisiert das Schulschach-Angebot in der gesamten Stadt, dort soll der Nachwuchs gewonnen werden. Er organisiert aber auch seit vielen Jahren ein Schach-Angebot in der Justizvollzugsanstalt.

Manchmal muss sich auch Harald Barg noch die Augen reiben über den märchenhaften Aufstieg seines Vereins. „Je höher wir kletterten, desto leichter wurde es“, lautet sein erstaunliches Fazit. Er erklärt seine These: „Es ist leichter, Sponsoren zu gewinnen, wenn sich der Erfolg eingestellt hat. Spitzenspieler zu gewinnen, das ist in der Landesliga vielleicht unmöglich, aber in höheren Klassen ist es nicht so schwer.“ Und das eine hängt mit dem anderen zusammen. Die Stadtwerke, die örtliche Bank und ein Elektrotechnik-Unternehmen sorgen für die finanzielle Grundlage.

Die andere Hälfte des Etats von rund 100 000 Euro, aus dem auch das Damen-Team – zuletzt Vizemeister – finanziert wird, kommt von privaten Mäzenen aus Vereinskreisen. In diesem Jahr verstärken in Maxim Rodshtein und Ewgeny Postny zwei Israeli die Mannschaft, die allerdings auf Boris Gelfand verzichten muss. Und auch auf den starken Polen Radoslaw Wojtaszek, den langjährigen Trainingspartner von Ex-Weltmeister Vishy Anand.

Gleich drei Einsätze zum Saison-Start

Der erste Spieltag wird gleich zu einem echten Gradmesser. An diesem Freitag geht es ab 16 Uhr gegen Erfurt. Am Samstag (ab 14 Uhr) folgt dann ein Leckerbissen. Solingen kommt – eine Mannschaft mit höchsten Ambitionen. Sollte der SK Schwäbisch Hall in diesem Duell mithalten, steht er wieder vor einer großen Saison. Am Sonntag geht es dann ab 10 Uhr gegen Trier. Spielort sind die Stadtwerke an der Limpurg-Brücke. Für Zuschauer werden die Partien von Großmeistern live kommentiert. Über die Homepage des Vereins geht es zur Live-Übertragung der Partien im Internet. Schach in Schwäbisch Hall zieht an. Zum Spitzenspiel gegen Baden-Baden kamen in der vergangenen Saison rund 400 Zuschauer.