Die meisten Grabsteine auf dem Hoppenlaufriedhof müssten saniert werden. Foto: Peter-Michael Petsch

Vorarbeiten zum Erhalt der Anlage begonnen. Für 20 000 Euro werden Grabsteine geprüft und katalogisiert.

Stuttgart - Fassungslos stand Timo John noch Anfang dieses Jahres auf dem rund 400 Jahre alten Hoppenlaufriedhof bei der Liederhalle. Was den stellvertretenden Vorsitzenden der Stuttgarter Ortsgruppe des Schwäbischen Heimatbunds so entsetzte, war die Tatenlosigkeit, mit der die Stadt ihren ältesten noch erhaltenen Friedhof seit 20 Jahren verfallen lässt. Die meisten Grabsteine sind kaputt, die Inschriften kaum zu lesen. Und das, obwohl die dort bestatteten Toten ihre Zeit weit über Stuttgart und die Region hinaus geprägt haben. Dort ruhen zum Beispiel der Dichter Wilhelm Hauff (1802 bis 1827), die Komponistin und Sängerin Emilie Zumsteeg (1796 bis 1857), der Wilhelma-Architekt Karl Ludwig von Zanth (1796 bis 1857). Die Liste der Stars ist lang.

Mittlerweile ist Johns Fassungslosigkeit einer guten Portion Optimismus gewichen: Der Grund ist, dass Ende vergangener Woche die Steinrestauratorin Juliane Weigele den Hoppenlaufriedhof zu ihrem Arbeitsplatz gemacht hat. Rund 1600 Grabsteine prüft sie bis Mitte September, listet auf, welche Schäden die Steine aufweisen, was die Restaurierung pro Stein etwa kostet, und sie fotografiert die Grabsteine. „Muss der Stein nur gereinigt werden, ist es mit etwa 50 Euro getan. Ist er stark durch die Witterung angegriffen und müssen Risse geschlossen und die Oberfläche versiegelt werden, ist man schnell bei um die 1000 Euro“, sagt Maurus Baldermann. Er ist beim städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamt für die Denkmalpflege zuständig.

Bei einigen Grabmalen dürften die Kosten Richtung 2000 Euro tendieren. Denn nachdem der Hoppenlaufriedhof von 1983 bis 1991 für rund 6,5 Millionen Euro saniert wurde, ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten gar nichts mehr passiert. Aufsteigende Feuchtigkeit lässt die witterungsanfälligen Grabsteine aus Schilfsandstein regelrecht zerbröseln. Besonders angegriffen sind die Steine im Schatten der Bäume. „Sie trocknen nicht mehr richtig aus. Will man das Moos entfernen, bröselt der Stein weg“, sagt Baldermann.

„Erste Priorität hat der Friedhof bei uns nicht“

Dass mit der Schadensanalyse ein erster Schritt in Richtung Erhaltung des Hoppenlaufriedhofs unternommen wurde, geht mit auf die Initiative der SPD im Gemeinderat zurück. Nachdem deren Antrag, 100.000 Euro im Haushalt 2012/13 für ein Sanierungskonzept bereitzustellen, abgelehnt worden ist, hat die Fraktion beantragt, die Finanzierung einer Schadensanalyse aus dem Budget des Garten-, Friedhofs- und Forstamts zu prüfen. „Die geschichtsträchtige Oase mitten in der Stadt muss erhalten bleiben. Die Namen auf den Grabsteinen dürfen nicht dem Verfall preisgegeben werden“, begründet der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hans H. Pfeifer den erneuten Anlauf. Laut CDU ist gegen die Schadensanalyse, finanziert aus dem Budget der Friedhofsgärtner, nichts einzuwenden. Doch ob und wie es danach weitergeht, will Fred-Jürgen Stradinger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, offenlassen. „Wenn es finanziell machbar ist, haben wir nichts dagegen. Erste Priorität hat der Friedhof bei uns aber nicht“, stellt er fest.

Dass Juliane Weigele mit ihrer Bestandsaufnahme Mitte September fertig sein muss, hat einen guten Grund. Und der lässt Timo John trotz Zurückhaltung der CDU hoffen, dass es mit dem Hoppenlaufriedhof weitergeht: Bis zum 30. September können Landeszuschüsse für die Restaurierung beantragt werden. Um den Antrag fristgerecht einreichen zu können, ist eine Kostenkalkulation schwarz auf weiß notwendig.

Zu den Gräbern der Dichter, Denker, Künstler und Politiker, die auf dem Hoppenlaufriedhof ruhen, sollen Tafeln führen

Auf Grundlage der Schadensanalyse soll auch eine Dringlichkeitsliste mit den Grabsteinen, die zuerst saniert werden sollten, erstellt werden. „Dabei stehen nicht die berühmtesten Namen automatisch ganz vorn auf der Liste, sondern solche, die für die Gesamtheit am bedeutsamsten sind“, sagt Baldermann.

Die Kosten von rund 20.000 Euro für die Bestandsaufnahme werden von dem 35.000 Euro-Budget abgeknapst, dass den Friedhofsgärtnern pro Jahr für den Unterhalt bemerkenswerter Grabsteine und für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf den 41 Stuttgarter Friedhöfen zur Verfügung steht. „Das ist einmalig vertretbar und geht nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit“, versichert Baldermann. Sein Traum, den er zusammen mit Timo John träumt, ist es, den Friedhof innerhalb von fünf Jahren so zu restaurieren, dass er ein Schmuckstück für die Stadt ist. Zu den Gräbern der Dichter, Denker, Künstler und Politiker, die auf dem Hoppenlaufriedhof ruhen, sollen Tafeln führen, Handzettel sollen die Besucher über deren Wirken informieren. „Die Stuttgarter Gruppe des Schwäbischen Heimatbunds überlegt, ob sie die Patenschaft für den Friedhof übernehmen kann“, sagt John. Er ist überzeugt, dass den Stuttgartern ihre Geschichte so wichtig ist, dass sie dafür spenden. Deshalb hat der Schwäbische Heimatbund ein Spendenkonto für die Rettung des Friedhofs bei der BW-Bank eingerichtet. Kontonummer 2109583, Bankleitzahl 600 501 01.