Saskia Maier Foto: Christoph Kutzer

Zwei Studierende der Universität Stuttgart nutzen ihr Praxissemester, um aus Palmblättern eine Grundschule für Waisenkinder in Tansania zu bauen.

S-West -

Architektur sollte Räume schaffen, in denen sich Menschen wohlfühlen“, formuliert Saskia Maier (22) ihr Credo in Sachen Baukunst. Das Vorhaben, das die Studentin unter dem Motto „Zukunfts(t)raum in Angriff genommen hat, soll ein Dach aus verflochtenen Palmblättern tragen. Das ist keine abwegige, exotische Idee, denn konkret geht es um die Errichtung einer Grundschule in Tansania, wo solche kunstvollen Konstruktionen Tradition haben. Die soll sich auch im geplanten Neubau widerspiegeln.

Für bis zu 60 Kindern

Die Idee kam Saskia Maier, als sie über Bekannte von dem Waisenhausprojekt „Dunja ya Heri – Erde des Segens“ erfuhr, das von einem deutschen Ehepaar auf einem Areal rund 50 Kilometer von Tansanias größter Stadt Daressala ins Leben gerufen wurde. Dass eine Schule benötigt würde, lag auf der Hand. Die Entscheidung, sich im Rahmen des Architekturstudiums an der Universität Stuttgart sozial zu engagieren, war rasch getroffen. Vor einigen Wochen war Maier nun erstmals selbst an der tansanischen Küste. Begeistert berichtet sie von den Ansätzen zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse rund um den Bauplatz und zeigt Fotos: umringt von lachenden Kindern oder bei der Maurerarbeit. Der Begriff Praxissemester darf hier ruhig wörtlich genommen werden. „Ich finde es spannend, an einem Entwurf zu arbeiten, der wirklich zukunftsrelevant ist“, schwärmt die Tochter eines Statikers. „Normalerweise werden den Studierenden im 7. Semester Vorschläge für Architekturentwürfe vorgelegt, aus denen man dann auswählt“, erklärt Robert Steiner (24), der bereits seit 2013 gemeinsam mit Saskia studiert und sich nun gemeinsam mit ihr für das Projekt engagiert. „Eine eigene Idee einzubringen ist zwar erlaubt, man benötigt dafür aber die Unterstützung eines Dozenten.“ Dass sich ein Professor für den Primarschulbau in Tansania fand, war eine von vielen positiven Erfahrungen, die die beiden inzwischen machen durften. „Wir haben in einer Stuttgarter Druckerei Spendenkärtchen mit Informationen zu ,Zukunfts(t)raum‘ anfertigen lassen“, berichtet Steiner. „Die gesamten Kosten wurden als Sponsoring unserer Idee übernommen, ohne dass wir deswegen angefragt hätten.“ Das Anliegen ist es, bis zu 60 Kindern eine grundlegende Bildung zu ermöglichen. Das war Argument genug. Sie ist bitter nötig. In Tansania sind rund 20 Prozent der mehr als Vierzehnjährigen Analphabeten.

Gutes Netzwerk

„Wir wollen keine Luftschlösser bauen“, stellt Maier klar. „Unser Konzept für die Schule ist ganz darauf ausgerichtet, mit einfachen Mitteln zu schaffen, was auf Dauer bleiben kann und sich rentiert.“ Zwei Klassenräume, ein Nassbereich und einen Außenbereich für Sport und Begegnung soll die Schule umfassen. Hinzu kommt eine kleine Bibliothek. „Es war mir wichtig zu erfahren, was sich die Kinder wünschen“, betont die gebürtige Heidenheimerin. „Deshalb habe ich Schüler im Nachbarort befragt. Die Bücherei stand bei ihnen besonders hoch im Kurs. Überhaupt war es beeindruckend zu sehen, wie groß ihr Interesse am Lernen ist. Vielleicht sollten wir uns öfter daran erinnern, dass der Schulbesuch keine Selbstverständlichkeit ist.“ Man merkt, dass das Projekt für die Kommilitonen eine Herzensangelegenheit ist. Beim Planen allein soll es nicht bleiben. Da sind sie sicher. „Wenn schon der Entwurf von mir ist, dann will ich auch selber bauen“, zeigt sich Maier entschlossen. „Ich habe auch schon meine ganze Familie verpflichtet mitzuhelfen.“ Das ist in „Dunja ya Heri“ nichts Ungewöhnliches: Auch für die Arbeit am Waisenhaus kommen Besucher aus aller Welt vorbei, um sich zu beteiligen. „Das funktioniert, weil die Gründer des Projekts einen kirchlichen Hintergrund haben“, erklärt Saskia. „Sie verfügen über ein gutes Netzwerk.“ Der Glaube werde in der Anlage eine Rolle spielen – als gemeinschaftsstiftendes Element. Missionarischen Eifer oder Indoktrination müsse niemand fürchten, versichert sie.

Damit der „Zukunfts(t)raum“ der beiden jungen Architekten Realität werden kann, ist nun vor allem noch eines nötig: Geld. „Die Kosten hören ja nicht mit dem Bauprozess auf“, sagt Robert. „Für den Unterhalt von Waisenhaus und Schule sind jährlich rund 37 000 Euro nötig.“ Dabei ist an kostensparende Maßnahmen wie Fotovoltaik zur Energieerzeugung bereits gedacht.