Große Firmen sollen Plätze für die Kinderbetreuung anbieten. Foto: Zeyer

Enge Bebauung und teure Immobilien erschweren die Suche nach Betreuungsplätzen für Kinder.

S-West - Man kann von einem Phänomen sprechen, das so nur den Westen betrifft“, sagt Bastian Krüger vom Jugendamt. Seine Aussage bezieht er auf die Zahlen der Stadt, die einen Überblick über das Angebot der Kinderbetreuung und die Nachfrage danach geben. „Der Westen ist einer der am besten versorgten Bezirke“, sagt Krüger. „Der Bedarf ist aber so hoch, dass sich die Realität in der Statistik nicht abzeichnet.“ In Zahlen bedeute dies, dass der Westen bei den bis zu drei Jahre alten Kindern einen Versorgungsgrad von 48 Prozent aufweise. Damit sei der Westen mit Stuttgart-Mitte Spitzenreiter. Im Umkehrschluss bedeute dies aber auch, dass mehr als die Hälfte der Unter-Dreijährigen keinen Betreuungsplatz hat. Entspannter scheint laut der Statistik die Lage bei den Drei- bis Sechsjährigen zu sein. Hier liegt der Versorgungsgrad bei 95 Prozent.

Dass der Bedarf an Betreuungsplätzen im Stadtbezirk so hoch sei, sei generell ein gutes Zeichen, sagt Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle. Es zeige, dass der Westen für junge Familien attraktiv sei. Um zu verhindern, dass gerade diese Familien den Bezirk früher oder später wieder verlassen, sei es entscheidend, dem Bedarf an Betreuungsplätzen gerecht zu werden.

Doch dies ist ein Unterfangen, dass sich im Westen als schwierig entpuppt. Denn an freien Flächen mangelt es im dicht besiedelten Stadtbezirk. „Das ist ein Problem, das wir mit kreativen Ideen zu lösen versuchen“, sagt Bastian Krüger. Dazu gehörten beispielsweise begrünte Dächer, die als Freiflächen für Kinder zum Spielen genutzt werden könnten. Das Jugendamt ist dabei angehalten, für jedes Kind eine Freifläche von acht bis zehn Quadratmetern einzuplanen, so wie es der Kommunalverband für Jugend und Soziales vorgibt.

Im Sinne der sozialen Verantwortung

Bei der Suche nach freien Immobilien arbeitet das Jugendamt vor allem mit dem Stadtplanungsamt zusammen. „Manchmal stoße ich auch selbst auf eine mögliche Fläche, wenn ich einen Ort begehe“, sagt Krüger. Besonders effektiv sei das jedoch nicht, denn zumeist sei die Fläche schon vermietet, wenn er auf einen Leerstand aufmerksam werde. Was nicht oft vorkommt, aber die Mitarbeiter des Jugendamtes desto mehr freut: Manchmal melden sich auch Eigentümer von sich aus. So geschehen ist dies jüngst an der Forststraße 71. Hier ist der Eigentümer auf die Stadt zugekommen. Zurzeit, sagt Bastian Krüger, werde geprüft, ob die fraglichen Räume für vier oder gar sechs Gruppen ausreichen. „Momentan sind wir im Planungsverfahren, an dem auch ein Architekt beteiligt ist“, sagt Krüger. Wann und für wie viele Kinder an der Forststraße Betreuungsplätze geschaffen werden, könne er zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht sagen.

Oft seien solche Planungen langwierig und nicht leicht in der Umsetzung. „Auch hier unterscheidet sich der Westen von den Außenbezirken“, sagt Krüger. Zum einen sind Immobilien im Westen deutlich teurer als außerhalb, zum anderen seien Vorschriften wie der Brandschutz in Altbauten schwerer umzusetzen als in einem Neubau.

Bastian Krüger setzt bei seiner Suche nach Betreuungsplätzen auch auf den Bezirksbeirat, da diesem Leute angehören, die sich besonders gut in ihrem Bezirk auskennen. „Ich freue mich über jede Information über eine Immobilie und gehe auch jedem Hinweis nach“, sagte der Jugendamtsleiter in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats West. Der Aufruf trug auch umgehend Früchte. „Das Jugendamt sollte auch große Firmen im Stadtbezirk ansprechen“, sagte der Grünen-Bezirksbeirat Gerhard Ebertshäuser. „Die sollten unabhängig von Betriebskitas im Sinne der sozialen Verantwortung Platz für weitere Betreuungsplätze schaffen.“ Diesen Weg hat das Jugendamt bisher nicht eingeschlagen. „Die Idee ist aber gut“, sagte Krüger.

KINDER, FAMILIEN UND BETREUUNGSPLÄTZE

Kinder
Laut der jüngsten Zahlen der Stadt (Stand 31. Dezember 2011) leben im Stuttgarter Westen 1424 bis zu drei Jahre alte Kinder und 1127 Drei- bis Sechsjährige. Insgesamt leben 49 625 Menschen im Westen. Mit 298 leben die meisten Unter-Dreijährigen im Stadtteil Rotebühl, Feuersee und Hasenberg bilden mit jeweils 158 das Schlusslicht. Auch die meisten Drei- bis Sechsjährigen, nämlich 208, leben im Stadtteil Rotebühl.

Familien
Laut der Statistik nimmt die Zahl junger Familien, die in den Westen ziehen und dort auch bleiben, zu. Dies und die Realisierung von Neubauprojekten lassen erwarten, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen weiter steigt.

Plätze
Jüngst konnten 70 Plätze neu gewonnen werden, in dem das Angebot der schon bestehenden Einrichtungen erweitert oder verändert wurde. 30 Plätze davon sind für Null- bis Dreijährige, 40 für Drei- bis Sechsjährige.