Hintergrund mit Datenanalyse: Kaum ist die Stuttgarter S-Bahn-Stammstrecke wieder geöffnet, läuft erneut alles schief. Die Pünktlichkeit ist so schlecht wie seit anderthalb Jahren nicht.
Die Verspätungen der Stuttgarter S-Bahn haben am Mittwoch nicht nur im Gefühl vieler Fahrgäste, sondern auch in Zahlen zu einem Chaostag geführt. Am Mittwoch war über den gesamten Tag mehr als jede dritte Bahn über sechs Minuten zu spät – im gesamten Stuttgarter S-Bahn-Netz. Das zeigt eine Auswertung unserer Redaktion anhand von Daten des Portals „S-Bahn-Chaos“.
Die Verspätungen sind mit dem Ende der Stammstreckensperrung wieder deutlicher geworden, bereits am Montag und Dienstag kam es zu Verzögerungen. Am Mittwoch meldete die S-Bahn Stuttgart auf „X“ (ehemals Twitter) erst einen Notarzteinsatz im Bahnhof Ludwigsburg, am Nachmittag und Abend dann eine stundenlange Störung an einem Gleis am Hauptbahnhof, wegen der Fern- und Regionalzüge über das S-Bahn-Gleis umgeleitet werden mussten. In der Folge kam es auf allen Linien zu Problemen.
Achter „Chaostag“ 2023
Damit war der Mittwoch ein „Chaostag“, im Schnitt blieben nur 63 Prozent der Züge unterhalb der 6-Minuten-Pünktlichkeitsgrenze. Sinkt dieser Wert auf 80 Prozent oder weniger, sprechen wir in unserer Auswertung von einem „Chaostag“. Die Zahlen zeigen auch: Eine so niedrige Pünktlichkeitsquote wie am Mittwoch hat die S-Bahn Stuttgart seit Anfang 2022 an keinem Tag erreicht. Insgesamt war der Mittwoch der achte „Chaostag“ im laufenden Jahr.
Am Mittwoch habe es mehrere Faktoren gegeben, „die sich gegenseitig beeinflusst haben“, wie ein Sprecher der S-Bahn Stuttgart erklärt. Durch die Bauarbeiten am digitalen Knoten stünden zwischen Bad Cannstatt und Esslingen nur zwei von vier Gleisen zur Verfügung, dazu kämen Gleisarbeiten auf der Strecke der S4 zwischen Kichberg/Murr und Backnang, die zu Verspätungen führten.
Vor allem aber fahren die S-Bahnen nach dem Ende der Stammstreckensperrung wieder eng getaktet über die Nadelöhr-Gleise am Hauptbahnhof und im Tunnel unter der Stadt. In dieser Situation übertrugen sich die Probleme in Ludwigsburg und am Hauptbahnhof „schnell auf das Gesamtsystem“, so der Sprecher. Zwischen Hauptbahnhof und Feuerbach fahren die S-Bahnen normalerweise im 5-Minuten-Takt – wenn, wie am Mittwoch, andere Züge dazwischengeschoben werden müssten, seien Verspätungen unvermeidlich.
Besonders zu Anfang des Jahres hatten Störungen an Signalen und Weichen immer wieder für große Verspätungen gesorgt, während die S-Bahn während der Stammstreckensperrung – wie auch schon 2022 – deutlich pünktlicher war. Während der Sperrung fuhren die Bahnen von den oben gelegenen Gleisen des Hauptbahnhofs ab. Mit Bahnen im 30-Minuten-Takt, die auf ihren Linien nur abschnittsweise fuhren, stiegen so auch die Pünktlichkeitswerte.
Pünktlichkeitswerte
S-Bahn-Daten
Die Daten zur Pünktlichkeit der Stuttgarter S-Bahn beziehen wir vom ehrenamtlich betriebenen Portal „S-Bahn-Chaos“. Die Daten werden alle fünf Minuten erhoben und laufend aktualisiert. Wie wir Pünktlichkeitsquoten berechnen, erklären wir in diesem Beitrag.