Kritiker bemängeln die Unpünktlichkeit der Bahnen und den schlechten Zustand der technischen Infrastruktur. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die zuständigen Manager des Bahnkonzerns sehen „messbare Erfolge“ bei dem schwierigen Versuch, die S-Bahnen pünktlicher zu machen. Die Region als Vertragspartnerin ist weniger begeistert.

Stuttgart - Wie schon in den vergangenen Jahren sieht sich die S-Bahn Stuttgart in Sachen Pünktlichkeit auf einem guten Weg. „Unsere umgesetzten Maßnahmen zeigen messbare Erfolge“, erklärte Dirk Rothenstein, Sprecher der Geschäftsleitung der baden-württembergischen DB Regio, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Fünf Stunden später sahen das beim Verkehrsgipfel im Verkehrsausschuss des Verbandes Region Stuttgart (VRS) nur wenig so positiv. Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) übte sogar scharfe Kritik.

Bei den Fahrzeiten sei im Vergleich zum Vorjahr eine Trendwende erzielt, hatte Rothenstein am Vormittag zu Journalisten gesagt. „In unserer Königsdisziplin – der Pünktlichkeit unter drei Minuten in der Hauptverkehrszeit – haben wir uns um über fünf Prozentpunkte auf nunmehr 80,8 Prozent verbessert“, so Rothenstein.

Zu den Erfolgen zählt er die Installation von Kameras und Monitoren auf den S-Bahnsteigen der Stationen Hauptbahnhof und Stadtmitte. Damit könnten die Zugführer das Aus- und Einsteigen der Fahrgäste besser überblicken, die Türen rascher schließen und so wertvolle Sekunden gewinnen. Am Flughafen stünden zudem zusätzliche Fahrer bereit, die ankommende Bahnen für die Rückfahrt sofort übernehmen könnten. Zudem sei auf der Linie S 6 in Weil der Stadt das Abstellkonzept der dort startenden und endenden Züge optimiert worden.

Mehr Monitore und Kameras?

Nach den guten Erfahrungen auf der unterirdischen Stammstrecke prüft die Bahn, ob auch an weiteren Stationen Monitore und Kameras installiert werden sollen, um die Haltezeiten zu verkürzen. Außerdem sollen mit den vom Verband Region Stuttgart (VRS) gekauften zusätzlichen zehn S-Bahn-Zügen vom Typ ET 430 mehr Langzüge mit höhere Fahrgastkapazität gebildet werden. Zusätzlich könnten dank dieser Fahrzeuge auch so genannte überschlagene Wenden an Endhaltepunkten geplant werden. „Dort steht dann schon ein Zug in Gegenrichtung bereit, der sofort starten kann“, so Rothenstein. In Sachen Image hat die S-Bahn von den durch ein neutrales Institut befragten Fahrgästen beim Thema Sicherheit die Note 1,9 erhalten. Die Pünktlichkeit und die Qualität der Informationen bei Störfällen bewerteten die Beförderten aber nur mit befriedigend. Die Sauberkeit in den Bahnen wurde hingegen mit der Note 2,4 um ein Zehntel besser als im Vorjahr bewertet. Insgesamt wolle man noch besser werden, erklärte der S-Bahn-Chef.

Auf Nachfrage sagte Rothenstein, dass die Bahn zur Zeit den Einsatz des modernen Zugsteuerungssystems European Train Control System (ETCS) auf der Stammstrecke prüfe. Durch diesen elektronischen Lotsen könnten nach einer Studie der Uni Stuttgart bis zu 32 statt 24 Züge die Tunnelstrecke innerhalb einer Stunde passieren und ein erheblicher Teil der Verspätungen vermieden werden. Auch der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (Grüne) setzt auf ETCS, um Stuttgarts S-Bahn leistungsfähiger zu machen. „Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden im Sommer erwartet“, so Gastel.

Verkehrsausschuss fordert nachhaltige Verbesserungen

Das bahnkritische Internetportal S-Bahn-Chaos hat eine Pünktlichkeitsquote von 79,8 Prozent errechnet. Der mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarte Zielwert liegt bei 91,5 Prozent. Der Verkehrsausschuss der Region forderte weitere nachhaltige Verbesserungen. Er mochte nicht die Formulierung der Verbandsverwaltung unterschreiben, dass bereits eine Trendwende eingeleitet sei oder gar schon erreicht wäre. Er lehnte auch den Vorschlag ab, knapp 2,5 Millionen Euro zu gewähren, damit zusätzliche Signale eine dichtere Zugfolge zwischen der Stuttgarter Station Schwabstraße und dem Bahnhof Stuttgart-Vaihingen ermöglichen. Das sei richtig, hieß es, aber Aufgabe der DB Netz. Bei dem Geld handelt es sich um eine Entschädigungsleistung der DB Regio für Qualitätsdefizite gegenüber den vereinbarten Leistungen. Die Regionalräte möchten das Geld anders verwenden, etwa den Aufwand für die zehn neuen Züge damit finanzieren.

Forderungen an die Bahn, endlich und nachhaltig mehr Pünktlichkeit und Sauberkeit einzulösen, kamen praktisch von allen Seiten. Fritz Kuhn, der als Regionalrat beim Verkehrsgipfel war, wünschte sich mehr Nachdruck auch von Regionaldirektorin Nicola Schelling. Ihr hielt er eine „Beweihräucherung“ der Bahn vor. Die S-Bahn sei ein sensationell wichtiges und wirksames Rückgrat des Verkehrs in der Region. Aber wegen manchmal tagtäglich auftretenden Mängeln bei Signalen und Weichen produziere die Bahn ständig Probleme. „Beseitigen Sie sofort die Schwächen in der Infrastruktur“, verlangte Kuhn von der Bahn.