Erfolg trotz Verspätungen: immer mehr Fahrgäste nutzen die S-Bahn. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die S-Bahn hat auch 2016 wie in den Jahren zuvor ihre Pünktlichkeitsziele verfehlt. Dafür gibt es Kritik an der Bahn im regionalen Verkehrsausschuss. Doch das reicht nicht aus, meint unser Redakteur Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Das ist beeindruckend: Die Zahl der Fahrgäste in der S-Bahn ist im vergangenen Jahrzehnt um fast 50 Prozent gestiegen, das Angebot um mehr als 20 Prozent. Und das ist ernüchternd: Die Pünktlichkeit ist trotz der schlechten Werte 2015 auch 2016 allenfalls auf dem Vorjahresniveau, in der Hauptverkehrszeit ist sie sogar nochmals gesunken. Es ist keine Frage, dass die Bahn erneut die mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarten Ziele um Längen verfehlt hat. Daran muss sie sich messen lassen – und deshalb hat sie die Kritik, die auch am Mittwoch auf sie niederprasselte, verdient. Immerhin hat sich der bisher eher zahme Verband Region Stuttgart aufgerafft, mit der Warnung wegen der zu hohen Zugausfälle seinem Vertragspartner Bahn die Gelbe Karte zu zeigen. Auch wenn es bis zur Roten Karte noch ein weiter Weg ist und eine Vertragskündigung kaum realistisch ist, ertönt hier doch ein nicht zu überhörender Warnschuss.

 

Zwei Seiten einer Medaille

Dennoch muss auch festgehalten werden, dass die beeindruckenden Zuwächse und die unzureichende Pünktlichkeit zwei Seiten einer Medaille sind. Das S-Bahn-System bewegt sich an der Kapazitätsgrenze und ist deshalb äußerst störanfällig. Das eigentliche Nadelöhr, die überlastete Tunnelstammstrecke in Stuttgart, kann nur durch die moderne Signaltechnik ETCS geweitet werden. Dieser Ausbau muss in diesem Jahr endlich beschlossen werden, wenn dem ÖPNV in der Region überhaupt eine Perspektive eröffnet werden soll.

Wegen S 21 Infrastruktur vernachlässigt

Hinzu kommt, dass die Bahn jahrelang mit Blick auf Stuttgart 21 Schienennetz und Technik in der Region vernachlässigt hat. Diese Infrastrukturdefizite werden jetzt zumindest teilweise behoben. Doch damit rutscht die S-Bahn in einen Teufelskreis: Viele Baustellen erhöhen die Unpünktlichkeit bis hin zu Zugausfällen. Diese Suppe hat sich die Bahn durch jahrelange Untätigkeit aber selbst eingebrockt. Die Fahrgäste müssen sie auslöffeln.