Am Firmensitz in Stuttgart-Feuerbach hat Dommer die Europaflagge gehisst. Foto: Dommer

Viele Menschen im Land solidarisieren sich mit der Bevölkerung der Ukraine. Das merkt man auch beim größten Fahnenhersteller Süddeutschlands in Stuttgart.

Stuttgart - Taugt eine Fahnenfabrik als Seismograf für gesellschaftliche Strömungen und Entwicklungen? Ein bisschen schon. Als im vergangenen Sommer bei der Fußball-EM die deutsche Nationalmannschaft in München auf das Team von Ungarn traf, registrierte man bei der Fahnenfabrik Dommer in Feuerbach einen erhöhten Bedarf an Regenbogenfahnen.

Privatleute, aber auch Firmen- und Rathauschefs wollten ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt setzen – und gegen die ihrer Meinung nach homophobe Politik der ungarischen Regierung demonstrieren. Auch an der Oper, am Neuen Schloss oder an Kneipen wie dem Palast der Republik wehte das bunter Banner. Nur Stuttgarts OB Frank Nopper mochte bei dem farbenfrohen Bekenntnis nicht mitziehen – obwohl er, wie er betonte, ohne Wenn und Aber die Diskriminierung von sexuellen Minderheiten ablehne.

Und wer will Farbe bekennen?

So wundert es nicht, wenn in diesen Tagen bei dergrößten Fahnenfabrik Süddeutschlands die Nachfrage nach Ukraine-Fahnen gestiegen ist – genau gesagt, seit vergangener Woche. „Als Folge der Eskalation im Ukraine-Konflikt gab es am Donnerstag und Freitag vergangener Woche mehrere Institutionen und Firmen, die Ukraine-Fahnen zur sofortigen Lieferung bestellt haben, um durch das Hissen dieser blau-gelben Fahne ihre Solidarität mit der Ukraine zu bekunden“, sagt Dommer-Chef Manfred Kroneberg. Und wer will da Farbe bekennen? Das dürfe er nicht verraten, meint der Firmenchef. Über seine Kunden könne er keine Auskunft geben.

Kein Verkaufsplus bei Russland-Fahnen

Aber so viel: In Lieferschwierigkeiten haben die Bestellungen die Firma aus Feuerbach mit ihren 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht gebracht. Fahnenmaterial aus blauem und gelbem Stoff, der für die ukrainische Fahne nötig ist, sei ausreichend vorhanden. Außerdem gehörten Nationenfahnen aller Herren Länder zum Standardsortiment des Familienunternehmens, das 1852 als Mützenhersteller gegründet wurde und später den königlich-württembergischen Hof mit Fahnen belieferte. Man hat also auch russische Flaggen im Angebot? Auch die, aber da sei kein Plus zu verzeichnen.

Zwei Tage Lieferzeit bei Wunschmaß

Mit einer Lieferzeit von ein bis zwei Tagen müsse allerdings rechnen, wer eine Fahne nach Wunschmaß haben wolle, erklärt der Chef. Bei den Ukraine-Fahnen sei jedes Maß möglich: von der Handfahne am Holzstab mit einer Größe 45 mal 30 Zentimetern bis hin zu Großfahnen mit bis zu sechs Meter auf zwei Meter.

Angesichts der dramatischen Lage in der Ukraine hat man sich bei Dommer entschieden, selbst Flagge zu zeigen. An dem Firmengebäude in der Maybachstraße weht momentan eine meterhohe Europafahne, „als Zeichen der Verbundenheit mit den Ukrainern, die um ihr Leben und ihre Freiheit fürchten müssen“, sagt Firmenbesitzer Manfred Kroneberg.